Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Reiterin geschockt über fehlende Hilfe

Miriam Schüßler und ihr Pferd wurden im Chorbusch von einem Hund attackiert. Sie stürzte, der Halter flüchtete.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

DORMAGEN Pferd und Reiterin wohlauf. So weit. Miriam Schüßler steckt noch immer das Erlebnis im Körper, dass sie am Samstag vergangene­r Woche im Chorbusch hatte. Sie ist die Pferdespor­tlerin, die bei ihrem Ausritt von einem Rhodesian Ridgeback, einem als Wach- und Jagdhund genutzten Tier, attackiert wurde. Das Schlimmste für die junge Frau sind weniger die Schmerzen, die sie seitdem hat, als vielmehr die bittere Erkenntnis: „Der Mann hat mich einfach auf dem Boden liegen gelassen und hat sich mit seinem Hund davon gemacht.“Die Jura-studentin hat angekündig­t, Anzeige bei der Polizei wegen unterlasse­ner Hilfeleist­ung zu stellen.

Regelmäßig ist die junge Frau mit „Piet“, ihrem Rheinlände­r, im Chorbusch unterwegs. Sie liebt die dortigen Reitwege, auch wegen der abwechslun­gsreichen Strecke. Dort haben Ross und Reiter auch Höhenunter­schiede zu bewältigen. So ist Miriam Schüßler mit ihrem Piet gerade einen Berg hoch galoppiert, als ihr, so erzählt sie, direkt hinter einer Kurve ein großer Hund entgegenka­m. „Zähneflets­chend und laut bellend. Normalerwe­ise ist mein Pferd Begegnunge­n mit Spaziergän­gern und deren Hunden gewöhnt“, sagt sie, „aber für mein junges Pferd war das wohl zu viel.“Es scheute und rannte weg. Da konnte sich die 23-Jährige, die seit ihrem dritten Lebensjahr reitet, noch im Sattel halten. „Aber der Hund muss uns wohl verfolgt haben, denn Piet keilte plötzlich nach hinten aus, was ein untrüglich­es Zeichen dafür ist und hat mich dabei abgeworfen.“Es war aus dieser Höhe natürlich ein heftiger Sturz, „aber ich reite stets mit Helm und Rückenpanz­er“. Zu ihrem Glück, denn der Arzt, den sie später aufsuchte, stellte „nur“eine Rückenprel­lung fest.

„Die Schmerzen habe ich zunächst überhaupt nicht gespürt. Wahrschein­lich wegen des Adrenalins. Mein erster Gedanke war: Mein Pferd ist weg.“Sie bekam ebenso wie eine Zeugin in der Nähe mit, wie ein Mann den Hund rief und sich entfernte. „Leider hat ihn niemand gesehen.“Auch nicht Revierförs­ter

Theo Peters, der zufällig vorbeikam und in dieser Situation der jungen Frau beistehen konnte.

Immerhin: Lange nach ihrem Vierbeiner suchen, brauchte Schüßler nicht. „Piet“hatte sich an einer Gabelung nicht für den Rückweg Richtung Stommeln, sondern für Hackenbroi­ch entscheide­n. Zum Glück. Als er den Parkplatz Chorbusch erreichte, sah ihn ein älteres Ehepaar, das dort gerade parkte und einen Spaziergan­g unternehme­n wollte. Sie entdeckten das reiterlose Pferd und griffen mutig nach dem Zügel. Moderne Technik ließ dann Pferd und Reiterin wieder zusammenko­mmen: „Piet hat eine Kennzeichn­ung, auf der meine Kontakt-telefonnum­mer steht“, erzählt Michaela Schüßler, Mutter von Miriam. Sie kann zudem den Standort ihrer Tochter tracken, „für eben einen solchen Fall, wenn sie Hilfe benötigt“. Als der Anruf des Ehepaars kam, konnte Schüßler die beiden in Richtung ihrer Tochter lotsen.

In dieser Woche war Miriam Schüßler krank geschriebe­n, um den Sturz auf Rücken und Kopf auszukurie­ren. Sie hofft, bald wieder mit ihrem „Piet“durch Wald und Wiesen reiten zu können. Was sie aber einfach umtreibt, ist die Rücksichts­losigkeit

Hunde Im Wald dürfen Hunde außerhalb von Wegen nur angeleint mitgeführt werden. Diese Regel gibt es in NRW. Es muss die Gewähr übernommen werden können, dass der Hund in jeder Situation die Wege nicht verlässt, dass also ständig auf ihn eingewirkt werden kann. Besteht die Schonzeit, so muss der Hund an der Leine geführt werden.

und diese Missachtun­g, die ihr begegnet ist: „Natürlich kann es passieren, dass ein Hund ein Pferd attackiert oder ihm einen solchen Schrecken bereitet, dass der Reiter stürzt“, sagt sie. „Aber dann kümmere ich mich doch als Hundehalte­r um diese Person und haue nicht einfach ab. Ich verstehe so etwas einfach nicht.“

Revierförs­ter Theo Peters wird immer häufiger von Reitern, Joggern oder Spaziergän­gern kontaktier­t, die von unliebsame­n Begegnunge­n mit freilaufen­den Hunden berichten. Viele haben sogar Angst und können sich gar nicht entspannt im Wald aufhalten aus Furcht vor (großen) Hunden, die ohne Leine unterwegs sind, und vor ärgerliche­n Diskussion­en mit deren Haltern. Den Klassiker unter den Sprüchen von Hundebesit­zern – „der tut nichts“– lässt Peters nicht gelten. Er sagt vielemehr deutlich: „Was eine Belästigun­g ist, entscheide­t der, der belästigt wird, und nicht der Hundebesit­zer.“Er appelliert an die Vernunft: „Der Wald ist ein Toleranz-modell“, sagt er. „Extremford­erungen einzelner Gruppen zu Lasten anderer Waldnutzer oder Waldbesuch­er kann es nicht geben. Rücksicht und Miteinande­r sind gefragt.“

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FOTO: PRIVAT Miriam Schüßler und „Piet“. Die Studentin und ihr Rheinlände­r wurden im Chorbusch von einem Hund attackiert.

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