Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Reiterin geschockt über fehlende Hilfe
Miriam Schüßler und ihr Pferd wurden im Chorbusch von einem Hund attackiert. Sie stürzte, der Halter flüchtete.
DORMAGEN Pferd und Reiterin wohlauf. So weit. Miriam Schüßler steckt noch immer das Erlebnis im Körper, dass sie am Samstag vergangener Woche im Chorbusch hatte. Sie ist die Pferdesportlerin, die bei ihrem Ausritt von einem Rhodesian Ridgeback, einem als Wach- und Jagdhund genutzten Tier, attackiert wurde. Das Schlimmste für die junge Frau sind weniger die Schmerzen, die sie seitdem hat, als vielmehr die bittere Erkenntnis: „Der Mann hat mich einfach auf dem Boden liegen gelassen und hat sich mit seinem Hund davon gemacht.“Die Jura-studentin hat angekündigt, Anzeige bei der Polizei wegen unterlassener Hilfeleistung zu stellen.
Regelmäßig ist die junge Frau mit „Piet“, ihrem Rheinländer, im Chorbusch unterwegs. Sie liebt die dortigen Reitwege, auch wegen der abwechslungsreichen Strecke. Dort haben Ross und Reiter auch Höhenunterschiede zu bewältigen. So ist Miriam Schüßler mit ihrem Piet gerade einen Berg hoch galoppiert, als ihr, so erzählt sie, direkt hinter einer Kurve ein großer Hund entgegenkam. „Zähnefletschend und laut bellend. Normalerweise ist mein Pferd Begegnungen mit Spaziergängern und deren Hunden gewöhnt“, sagt sie, „aber für mein junges Pferd war das wohl zu viel.“Es scheute und rannte weg. Da konnte sich die 23-Jährige, die seit ihrem dritten Lebensjahr reitet, noch im Sattel halten. „Aber der Hund muss uns wohl verfolgt haben, denn Piet keilte plötzlich nach hinten aus, was ein untrügliches Zeichen dafür ist und hat mich dabei abgeworfen.“Es war aus dieser Höhe natürlich ein heftiger Sturz, „aber ich reite stets mit Helm und Rückenpanzer“. Zu ihrem Glück, denn der Arzt, den sie später aufsuchte, stellte „nur“eine Rückenprellung fest.
„Die Schmerzen habe ich zunächst überhaupt nicht gespürt. Wahrscheinlich wegen des Adrenalins. Mein erster Gedanke war: Mein Pferd ist weg.“Sie bekam ebenso wie eine Zeugin in der Nähe mit, wie ein Mann den Hund rief und sich entfernte. „Leider hat ihn niemand gesehen.“Auch nicht Revierförster
Theo Peters, der zufällig vorbeikam und in dieser Situation der jungen Frau beistehen konnte.
Immerhin: Lange nach ihrem Vierbeiner suchen, brauchte Schüßler nicht. „Piet“hatte sich an einer Gabelung nicht für den Rückweg Richtung Stommeln, sondern für Hackenbroich entscheiden. Zum Glück. Als er den Parkplatz Chorbusch erreichte, sah ihn ein älteres Ehepaar, das dort gerade parkte und einen Spaziergang unternehmen wollte. Sie entdeckten das reiterlose Pferd und griffen mutig nach dem Zügel. Moderne Technik ließ dann Pferd und Reiterin wieder zusammenkommen: „Piet hat eine Kennzeichnung, auf der meine Kontakt-telefonnummer steht“, erzählt Michaela Schüßler, Mutter von Miriam. Sie kann zudem den Standort ihrer Tochter tracken, „für eben einen solchen Fall, wenn sie Hilfe benötigt“. Als der Anruf des Ehepaars kam, konnte Schüßler die beiden in Richtung ihrer Tochter lotsen.
In dieser Woche war Miriam Schüßler krank geschrieben, um den Sturz auf Rücken und Kopf auszukurieren. Sie hofft, bald wieder mit ihrem „Piet“durch Wald und Wiesen reiten zu können. Was sie aber einfach umtreibt, ist die Rücksichtslosigkeit
Hunde Im Wald dürfen Hunde außerhalb von Wegen nur angeleint mitgeführt werden. Diese Regel gibt es in NRW. Es muss die Gewähr übernommen werden können, dass der Hund in jeder Situation die Wege nicht verlässt, dass also ständig auf ihn eingewirkt werden kann. Besteht die Schonzeit, so muss der Hund an der Leine geführt werden.
und diese Missachtung, die ihr begegnet ist: „Natürlich kann es passieren, dass ein Hund ein Pferd attackiert oder ihm einen solchen Schrecken bereitet, dass der Reiter stürzt“, sagt sie. „Aber dann kümmere ich mich doch als Hundehalter um diese Person und haue nicht einfach ab. Ich verstehe so etwas einfach nicht.“
Revierförster Theo Peters wird immer häufiger von Reitern, Joggern oder Spaziergängern kontaktiert, die von unliebsamen Begegnungen mit freilaufenden Hunden berichten. Viele haben sogar Angst und können sich gar nicht entspannt im Wald aufhalten aus Furcht vor (großen) Hunden, die ohne Leine unterwegs sind, und vor ärgerlichen Diskussionen mit deren Haltern. Den Klassiker unter den Sprüchen von Hundebesitzern – „der tut nichts“– lässt Peters nicht gelten. Er sagt vielemehr deutlich: „Was eine Belästigung ist, entscheidet der, der belästigt wird, und nicht der Hundebesitzer.“Er appelliert an die Vernunft: „Der Wald ist ein Toleranz-modell“, sagt er. „Extremforderungen einzelner Gruppen zu Lasten anderer Waldnutzer oder Waldbesucher kann es nicht geben. Rücksicht und Miteinander sind gefragt.“