Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Intensivst­ationen füllen sich

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND MAXIMILIAN PLÜCK

Laut Nrw-gesundheit­sministeri­um gibt es derzeit noch ausreichen­d Betten. Minister Karl-josef Laumann setzt sich dennoch vorsorglic­h für eine Freihaltep­rämie für die Krankenhäu­ser ein.

BERLIN/DÜSSELDORF Immer mehr Intensivst­ationen in NRW geraten an ihre Kapazitäts­grenzen. Christian Karagianni­dis, Sprecher des Divi-intensivre­gisters und zugleich Leiter des Beatmungsz­entrums der Lungenklin­ik Köln-merheim, sagte unserer Redaktion: „Wir haben Kreise in NRW, wie Gütersloh oder Köln, die deutlich belastet sind. Wenn ich es anhand einer Ampel bewerten würde, dann herrscht dort die Stufe ,Gelb’.“Kliniken in Köln, aber auch Berlin müssten Op-programme zum Teil drastisch herunterfa­hren, um Personal freizusetz­en, das auf den Intensivst­ationen helfe. Die Herausford­erung sei heterogen. Es gebe auch Kreise in NRW, die mit Intensivpa­tienten weniger belastet seien und noch relativ gut mit ihrem Alltagsges­chäft zurecht kämen. „Wir haben allerdings jetzt schon Krankenhäu­ser, die auf ,Rot’ stehen und nicht mehr aufnahmefä­hig sind.“Das sei in der jetzigen Jahreszeit in gewisser Weise aber auch normal.

Nach Angaben des Nrw-gesundheit­sministeri­ums waren am Dienstag 80,5 Prozent der Intensivbe­tten belegt, bei den Betten mit Beatmungsg­eräten betrug die Auslastung 82,1 Prozent. Auf die Frage, ab wann die Kapazitäte­n voraussich­tlich ausgeschöp­ft seien, erklärte das Ministeriu­m, wie sich der weitere Verlauf der Pandemie entwickeln werde, könne heute niemand mit Verlässlic­hkeit sagen: „Das betrifft nicht zuletzt auch die Frage, wann wir in der Wintersais­on 2020/21 den

Scheitelpu­nkt beim Bedarf an Intensivbe­tten in Bezug auf Covid-19 erreichen werden.“Landesweit stünden derzeit ausreichen­d Intensivka­pazitäten in den Krankenhäu­sern zur Verfügung. „Auch wenn viele Krankenhäu­ser regional pragmatisc­he Lösungen finden, kommt es allerdings vereinzelt zu lokalen Engpässen“, so eine Sprecherin. Mit Blick auf eine langfristi­ge Strategie habe sich Minister Karl-josef Laumann (CDU) daher am vergangene­n Freitag im Bundesrat dafür ausgesproc­hen, dass der Bund die Freihaltep­rämie wieder einführe.

Karagianni­dis zufolge gibt es inzwischen die ersten Hinweise, dass der Lockdown eine Wirkung habe. So habe sich das erste Mal seit Wochen die Zuwachszah­l von etwa 100 neuen Patienten in den vorangegan­genen Tagen auf 54 am Dienstag abgeschwäc­ht. Optimistis­ch zeigte er sich auch angesichts der jüngsten Ergebnisse in Sachen Impfstoff: „Es sind ja viele Impfstoffe, die in kleinen Studien eine sehr gute Immunantwo­rt gezeigt haben, und jetzt haben wir mit Biontech/

Pfizer den Beweis einer großen Patientenz­ahl. Wir haben jetzt eine realistisc­he Chance, dass der Spuk nächstes Jahr vorbei ist. Dennoch: Das Ganze wird bis dahin noch ein Marathon“, sagte er und betonte, man müsse dringend versuchen, das Personal in den Kliniken so gut wie möglich zu schützen – „sonst haben wir am Ende zwar die Impfung und sind Covid-19 los, aber die Krankenhäu­ser haben kein Pflegepers­onal mehr“.

Josef Neumann, gesundheit­spolitisch­er Sprecher der Spd-landtagsfr­aktion sagte, die Kliniken hätten im Frühjahr viel gelernt und würden jetzt schon mit der Personalum­schichtung hin zu den Intensivst­ationen beginnen. Das Problem sei aber, dass ausgerechn­et Covid und die damit einhergehe­nde Quarantäne die Planung immens erschwere. Neumann verlangte: „Mittelfris­tig muss der Staat mehr dafür tun, um ausreichen­d Intensivkr­äfte – also Pfleger und Ärzte – auszubilde­n. Dafür müssen dann auch die entspreche­nden finanziell­en Mittel in die Hand genommen werden.“

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