Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Hotels kritisieren Beherbergungsverbot
Wieder ist die Hotelbranche von den Einschränkungen des „Lockdown light“betroffen. Gäste dürfen nur im Geschäftskontext aufgenommen werden. Die Hotels in Neuss versuchen den Umständen zu trotzen und üben Kritik.
NEUSS Der Hotel- und Gastättenverband Dehoga schlägt Alarm. Drei Viertel der Unternehmen in Gastronomie und Hotellerie sind aufgrund der Corona-krise inzwischen in ihrer Existenz gefährdet. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage hervor, an der sich landesweit 1240 Unternehmen beteiligt haben, darunter auch das Hotel Crowne Plaza in Neuss. „Wir hoffen, dass Bund und Land kommende Woche Lockerungen beschließen“, sagt Hoteldirektor Jürgen Linder.
An den aktuell geltenden Corona-schutzbestimmungen meldet Linder aus Sicht seiner Branche durchaus Kritik an. Die Formulierung „Reisen untersagt“etwa beziehe sich nur auf Reisen touristischer Natur. Geschäftsreisen bleiben erlaubt – und das Crowne Plaza deshalb auf. „Es ist besser, den Umsatz von 30 Zimmern mitzunehmen, als das Geld auf der Straße zu lassen“, sagt Linder. Damit liege sein Haus 70 Prozent unter den durchschnittlichen Umsatzzahlen. Auch deshalb sei es wichtig, dass den Hotels eine Perspektive für das Geschäft am Ende des Jahres aufgezeigt wird. „Aktuell buchen die Kunden nicht“, stellt Linder mit Blick auf Weihnachten und Silvester fest. Die Unsicherheit sei zu groß – und die Angst vor möglichen Stornogebühren.
Am Hygieneschutzkonzept liegt es nicht, dass die Hotels geschlossen sind – wenn selbst Spitzensportler auf die Vorkehrungen der Hotels vertrauen. Seit Ausbruch der Pandemie waren die Junioren-fußballnationalmannschaft der Frauen, der spanische Rekordmeister Real Madrid und in der vorigen Woche die Handball-nationalmannschaft im Crowne Plaza zu Gast. Wenn die mit Spielern und Betreuern zum Essen kam, konnten sich die knapp 40 Personen auf 300 Quadratmetern verteilen. Eine Versorgung unter Corona-standards wäre auch im Regelbetrieb möglich, doch in dem weitgehend leeren Haus „nimmt man das Geld und gibt den Platz kostenlos dazu“.
Außer Geschäftsreisenden darf das Hotel derzeit nur Neusser aufnehmen, die nach einem Feuer oder einem Wasserschaden aus den eigenen vier Wänden müssen – oder wenn sie für eine Corona-quarantäne zugewiesen werden. Das war zuletzt zweimal der Fall. Trotzdem hält Linder sein Team zusammen: „Es gab keine Kündigungen.“
Auch andere Hotels äußern Unverständnis über die Einschränkungen. „Die Lage ist angespannt“, sagt beispielsweise Birgit Borreck aus der Unternehmenskommunikation
der Honestis AG, der das Dorint Kongresshotel in Neuss angehört. Die Auslastung sei „nicht erfreulich“, außerdem habe es viele Stornierungen gegeben. „Unser Aufsichtsratschef, Dirk Iserlohe, kämpft seit Monaten gerichtlich gegen die Maßnahmen, für alle unsere Häuser“, sagt Borreck. In einem Brief an die Bundesregierung bittet Iserlohe darum, „bei allen redlichen Anstrengungen, erstrangig die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, nicht ganze Branchen zu opfern“.
„Wir haben in unserem Hotel in Neuss noch immer Geschäftskunden“, sagt wiederum Max C. Luscher, Zentral- und Nordeuropachef der „B&B Hotels“. Die Pandemie sei jedoch spürbar. Seiner Ansicht nach treffe der Lockdown die falsche Branche. Die Hotels hätten die Hygienemaßnahmen von Anfang an umgesetzt. „Wir haben immense Investitionen in Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen gesteckt“, sagt auch Anette Strutz, Verkaufsdirektorin des Neusser Holiday Inns. Es sei nicht bekannt, dass sich ein Gast in ihrem Hotel angesteckt habe. „Die neuen Restriktionen stellen eine unangemessene Benachteiligung des Gastgewerbes und der Hotellerie dar“, sagt sie. Andere Hotels wie das Mercure oder das Viktoria Hotel öffnen im November nicht einmal für Geschäftskunden. Es lohne sich nicht, den Hotelbetrieb weiter zu führen, heißt es aus der Zentrale der Mercure Hotels.