Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Alles klar, Herr Kommissar?
Wilfried Heinen ist ein echter Kommissar. Und das seit 40 Jahren. So beurteilt er die Arbeit seiner „Fernseh-kollegen“.
RHEIN-KREIS Die Dienstbesprechung an einem Montagmorgen im Kriminalkommissariat 13 hat viele Themen, eins aber nur selten: die Nachbesprechung der jüngsten Tatort-folge vom Sonntag. „Wenn der Plot mal wieder echt an den Haaren herbeigezogen war, dann wird das kurz erwähnt und darüber gelächelt“, sagt Wilfried Heinen, Erster Kriminalhauptkommissar und Leiter des Kommissariats 13. Aber nicht nur der Tatort, auch die meisten anderen Kriminalserien und -filme bilden nur in Bruchteilen das ab, was echte Ermittler so erleben. „Aber es geht da ja auch um Unterhaltung und Dynamik“, sagt Heinen. 80 Prozent Schreibarbeit, das nämlich ist die Wirklichkeit, kämen in 45 oder 90 Sendeminuten auch ziemlich langweilig daher. Dabei könne, so Heinen weiter, in seinem Job von Langeweile keine Rede sein. Auch nach 40 Dienstjahren wäre jeder Fall anders, und kämen neue Delikte dazu.
Beispiele: Enkeltrick, Falscher-polizist-trick und nicht zuletzt das große Gebiet der Cyberkriminalität. „All das gabe es noch nicht, als ich angefangen habe“, sagt Heinen. Und obwohl er den Fernsehkollegen skeptisch gegenübersteht, hat er doch ein Faible für einen Tv-kommissar. „Peter Falk als Columbo hat mir immer gut gefallen. Denn der hat auf jede Kleinigkeit geachtet und nachher alle Puzzleteile zu einem Bild zusammengefügt“, lobt Wilfried Heinen den schrulligen Amerikaner. Das sei nämlich in der Realität der Beamten genauso: auf alles achten, alles wahrnehmen und die Fakten Stück für Stück zusammenfügen. Das gelingt jedoch nicht immer. Doch gerade was Tötungsdelikte angeht, liege die Aufklärungsquote im Rhein-kreis bei nahezu 100 Prozent, wie Polizeisprecherin Diane Drawe mitteilt. „Das hängt auch damit zusammen, dass es sich in den meisten Fällen um Beziehungstaten handelt“, ergänzt Heinen.
Absurd nennt er es, wenn in den Tv-produktionen die Hauptdarsteller durch den Tatort tapsen, wenn noch die Spurensicherer am Werk sind. „Die tragen allenfalls Handschuhe, ansonsten Straßenkleidung, das geht gar nicht. Sie verwischen so ja die Spuren“, sagt er. Ebenfalls sei es totaler Quatsch, dass, wenn im Film Sondereinsatztruppen in Vollverkleidung
„Manchmal ist der Plot in den Fernsehkrimis echt an den Haaren herbeigezogen“Wilfried Heinen Leiter des KHK 13
ich nicht den Wahlkreis, sondern den in sich geschlossenen, doppelt-kreisrunden Straßenverlauf mit circa 800 Meter Länge und zehn mehr oder weniger kurzen Stichstraßen. Das Leben in der Pomona spielt sich quasi zwischen den Hausnummern 6 bis 147 ab; und ein jeder, der diesen Stadtteil mit dem Auto befährt, kommt von der Weberstraße. Durch die Bebauung der letzten beiden Grundstücke 132 und 133 in den zurückliegenden Monaten ist die Pomona nun komplett, das heißt es gibt keine Baulücken mehr. Und Parklücken sind ohnehin rar geworden. Die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung in der durchgängigen 30er-zone ist gut und ausreichend. Und durch die beiderseits parkenden Autos ist im Begegnungsverkehr ein Weiterkommen sowieso nur im Stop&go-modus möglich – egal ob links oder rechts rum. Das Gebot der Rücksichtnahme wird im pomonalen Straßenverkehr umgesetzt. Ja, eigentlich läuft es ganz rund in der Pomona, wenn nicht der Spd-stadtverordnete Marc Vanderfuhr angekündigt hätte, sich für umfangreiche Verkehrsberuhigungsmaßnahmen einsetzen zu wollen. Anwohner sollen sich über Geschwindigkeitsüberschreitungen und Lärmbelästigungen beschwert haben. Nun, der Lärm kommt nach wie vor von nahen Autobahn BAB 57/46 und der Bahntrasse an der benachbarten Ludwig-wolker-bezirkssportanlage; je nachdem, wie der Wind steht, mal mehr mal weniger. Von oben, also vom Flugverkehr, entspannt sich‘s seit Corona deutlich. Was also sollen Fahrbahnschwellen bewirken? Wozu Piktogramme auf dem Straßenbelag oder alternierende Parkplätze? Warum optimierte Beschilderung? Vielleicht noch weitere Tempo-30-schilder in jeder Stichstraße, damit die Fahrschüler beim Rückwärtseinparken gebremst werden. Völlig überflüssig! Bitte unterlasst diese Mätzchen! Oder es winkt ein Eintrag ins Schwarzbuch – dem jährlichen Kompendium über Steuergeldverschwendungen.
eine Wohnung stürmen, die Kommissare vorangehen – natürlich im Alltagsoutfit, sie tragen höchstens noch eine kugelsichere Weste. „Im wahren Leben kommen wir erst dazu, wenn die Lage von den Spezialkräften gesichert ist“, erklärt der Hauptkommissar. Und irgendwelche Spezialbrillen, wie sie gern die Cia-ermittler tragen, um damit zu erkennen, was zu sichern ist, seien auch vollkommener Blödsinn.
Womit die Tv-ermittler auch nicht viel zu tun haben, ist das Verfassen von Berichten. Denn das kann durchaus vier bis fünf Stunden in Anspruch nehmen. Ebenso dauern Zeugenvernehmungen viel länger. „Daher denken auch viele, dass sie bei uns in zehn Minuten fertig sind und schauen ständig auf die Uhr“, erzählt Drawe. Und dass Kollegen allein in eine Wohnung gehen, in der der Täter vermutet wird, ist ebenfalls unrealistisch. Das gehe nur im Team. Außerdem werden im wahren Kriminalisten-leben Fälle auch manchmal erst nach Jahren gelöst, so wie im Fall des „Brummi-mörders“, der mehrere Frauen ermordet hatte, unter anderem eine Kölner Prostituierte, deren Leiche er auf dem Gelände eines Dormagener Baumarktes abgelegt hatte. Und es gibt natürlich die Fälle, die alle emotional sehr mitnehmen, so wie der eines Dormagener Familienvaters, der zuerst seine Frau, dann seinen kleinen Sohn erschlagen, und zuvor die Tochter sexuell missbraucht hatte. „Das ist uns allen ganz schön an die Nieren gegangen“, sagt Wilfried Heinen. Das Ermittlerteam habe damals danach auch an einer Supervison teilgenommen.