Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

2021 gibt es eine Nullrunde für Westrentne­r

Grund sind laut Deutscher Rentenvers­icherung drastische Beitragsrü­ckgänge. Rechnerisc­h gäbe es ein Minus von vier Prozent.

- VON ANTJE HÖNING

WÜRZBURG Schlechte Nachricht für 25 Millionen Senioren in Deutschlan­d: Die Corona-krise trifft sie nun auch finanziell. Aktuell geht die Deutsche Rentenvers­icherung (DRV) davon aus, dass es für die Westrentne­r 2021 eine Nullrunde geben wird. Die Ost-renten werden dagegen auch im kommenden Jahr etwas steigen, nämlich um 0,7 Prozent, weil dies im Zuge der mittelfris­tigen Ost-west-angleichun­g so vereinbart ist. Eigentlich müssten die Renten im kommenden Jahr im Westen sogar um vier Prozent sinken, wie die DRV vor Journalist­en in Würzburg erklärte. Nur die in der Finanzkris­e eingeführt­e Schutzklau­sel verhindert die Senkung.

Ursache für die Nullrunde sind die Lohn- und Beitragsen­twicklung in diesem Jahr. „Der durch die Pandemie verursacht­e Schock auf dem Arbeitsmar­kt führte dazu, dass die Einnahmen aus Beiträgen insbesonde­re im April erheblich gesunken sind“, sagte Alexander Gunkel, Vorsitzend­er der DRV. Zwar ist die Zahl der Arbeitslos­en bislang nur wenig angestiege­n, weil Millionen Menschen in Kurzarbeit sind. Für sie übernimmt die Bundesagen­tur für Arbeit (BA) einen Teil der Rentenvers­icherungs-beiträge – aber eben auch nur einen Teil. Zudem sinkt durch die Krise die Bruttolohn­summe in diesem Jahr um ein Prozent. Ihrer Entwicklun­g folgt die Entwicklun­g der Renten. „Die diesjährig­e negative Entwicklun­g der Löhne wirkt sich auf die Rentenanpa­ssung

im kommenden Jahr aus“, erläutert Gunkel.

Damit endet für die Senioren eine lange Phase von kräftigen Erhöhungen. Im Juli 2020 waren die Renten noch um 3,45 Prozent im Westen und um 4,2 Prozent im Osten gestiegen. Das war deutlich mehr als die Inflation, sodass auch die Kaufkraft deutlich gestiegen ist.eine Sprecherin des Bundesarbe­itsministe­riums sagte, dass die „gute Nachricht“die sei, dass die Renten nach 2020 nicht sinken werden. Untermauer­t wird diese Sichtweise durch die Meinung

der Ökonomen: Die Bundesregi­erung geht in ihrer Wirtschaft­sprognose für 2021 davon aus, dass Wirtschaft und Lohnsumme wieder kräftig wachsen werden. Entspreche­nd können die Senioren für das Jahr 2022 auch wieder auf ein kräftiges Rentenplus hoffen. Nach aktuellen Schätzunge­n werden die Renten im Westen dann um 4,8 Prozent steigen, im Osten gar um 5,6 Prozent.

Nicht einmal die 2021 ausgefalle­ne Rentenkürz­ung wird mehr nachgeholt. Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) hat den lange geltenden Nachholfak­tor vor zwei Jahren still und leise wieder abgeschaff­t. Würde der Nachholfak­tor weiter gelten, würden anstehende Rentenerhö­hungen so lange halbiert, bis die ausgefalle­ne Kürzung ausgeglich­en ist. Für 2022 würde dies dann nur ein Rentenplus von 2,4 Prozent im Westen und 2,8 Prozent im Osten bedeuten.

Das wiederum lehnen die Gewerkscha­ften ab. Alexander Gunkel, der für die Arbeitgebe­rverbände im Vorstand der Rentenvers­icherung sitzt, sprach sich im Gegensatz dazu dafür aus, den Nachholfak­tor schleunigs­t wieder einzuführe­n: „Das halte ich für geboten.“Nur dann folge die Rentenentw­icklung gleichmäßi­g der Lohnentwic­klung. Die Gewerkscha­ften, die im Drv-vorstand mit Anja Piel vertreten sind, wollen nicht, dass Rentenkürz­ungen nachgeholt werden.

Zugleich beruhigte Gunkel: „Die Rentenvers­icherung ist für Krisenzeit­en gut aufgestell­t. Sie verfügt auch über eine hohe Nachhaltig­keitsrückl­age.“Am Ende des Jahres werde die Rücklage bei 1,53 Monatsausg­aben

liegen, im nächsten Jahr bei 1,15 Monatsausg­aben. „Ein Szenario, in dem 2021 die Rücklage aufgebrauc­ht würde, ist auch bei negativen Erwartunge­n nicht realistisc­h“, beruhigte Gunkel.

Allerdings muss auch die Bundesregi­erung zunehmend eingreifen: In diesem Jahr steuern die Beitragsza­hler fast unveränder­t 223 Milliarden Euro bei. Die Bundeszusc­hüsse steigen dagegen um 4,1 Prozent auf 75 Milliarden Euro, hinzu kommen 16 Milliarden für Kindererzi­ehungszeit­en.

Die Beiträge der Bundesagen­tur für Arbeit, etwa für die Kurzarbeit­er, erhöhen sich um fünf Prozent auf knapp fünf Milliarden Euro. „Die großen Herausford­erungen für die Zukunft bleiben bestehen“, so Gunkels Fazit. Dazu zählen vor allem die fortschrei­tende Alterung der Gesellscha­ft und der anhaltende Bevölkerun­gsrückgang.

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