Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Boom bei den Baugenehmigungen
Die Fertigstellungszahlen in NRW bleiben allerdings deutlich dahinter zurück.
DÜSSELDORF Die Diskrepanz zwischen den Genehmigungszahlen im Nrw-wohnungsbau und dem, was tatsächlich fertiggestellt wird, wächst. Das Statistische Landesamt, das unter Information und Technik Nordrhein-westfalen (IT NRW) firmiert, hat am Freitag mitgeteilt, dass die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres um mehr als elf Prozent auf 45.084 gestiegen ist. Während im Wirtschafts- und Straßenbau sowie im öffentlichen Hochbau die Zahlen deutlich zurückgehen, boomt der Wohnungsmarkt. Aber: Es wird zwar viel genehmigt, doch die Fertigstellungszahlen bleiben deutlich dahinter zurück.
Beate Wiemann, die Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes NRW, hat dafür eine Erklärung: „Wir hatten fast 15 Jahre eine große Zurückhaltung bei Investitionen in die Infrastruktur und im Wohnungsbau, das hat zu einem großen Investitionsstau geführt, den wir als Branche kontinuierlich abarbeiten – das geht nicht von heute auf morgen.“Die Unternehmen hätten auch in diesem Jahr trotz der Corona-krise ihre Kapazitäten weiter aufgestockt. Allein in Nordrhein-westfalen sei die Zahl der Mitarbeiter um viereinhalb Prozent auf mehr als 129.600 gewachsen.
Doch auch damit kann man der steigenden Nachfrage, die durch die niedrigen Zinsen zusätzlich angeschoben wird, offensichtlich nicht Herr werden. Dass manches dann nicht oder erst viel später fertig wird, dürfte andererseits damit zusammenhängen, dass sich viele von günstigen Finanzierungskonditionen zum Bauen verleiten lassen und zu spät merken, dass sie die Kosten nicht tragen können – zumal sich manches Bauvorhaben im Laufe der Zeit auch deutlich verteuern kann. Da liegt dann so mancher Bau auf einmal brach.
Zudem verlautet aus der Branche, dass manche Bauherren zwar Grundstücke hätten, ohne die sie ja keine Baugenehmigung bekämen, aber nach dem Genehmigungsverfahren doch nicht bauten, sondern die Grundstücke lieber mit Gewinn verkauften. Auch das erscheint als Begründung plausibel in Zeiten, in denen häufig darüber geklagt wird, dass die Kommunen zu wenig Grundstücke fürs Bauen ausweisen und die Nachfrage hoch ist.
Die Bauwirtschaft in NRW hat jedenfalls in den ersten acht Monaten dieses Jahres ein Auftragsplus von 19 Prozent verzeichnet. Im vergangenen Jahr seien in NRW etwa 46.000 Wohnungen fertiggestellt worden, das entspreche ziemlich genau dem von der Landesregierung ermittelten jährlichen Bedarf, so Geschäftsführerin Wiemann.