Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neustart mit dem Handelspartner USA
Das Ergebnis der Us-präsidentschaftswahl beschäftigt die Wirtschaft in der Region. Die USA sind der Top-3-außenhandelspartner.
RHEIN-KREIS Im Weißen Haus hält Us-präsident Donald Trump nach wie vor an seiner Überzeugung fest, er habe die Wahl gewonnen. Aber als Geschäftsmann sollte er eigentlich ein Mann der Zahlen sein – und das Wahlergebnis spricht eine andere Sprache. Überzeugung hin, Überzeugung her: Trump wird sich daran gewöhnen müssen, seinen Umzug zu organisieren. Der gewählte neue Us-präsident Joe Biden bereitet sich auf seinen Amtsantritt am 20. Januar vor. Und das nährt Hoffnungen auf eine Kehrtwende für die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen. Für die Region ist das enorm wichtig. Nicht nur weil 143 Us-unternehmen am Mittleren Niederrhein vertreten sind, darunter der Multitechnologiekonzern 3M und das Pharmaunternehmen Johnson & Johnson in Neuss, sondern auch, weil die Vereinigten Staaten der Top3-handelspartner für die Nrw-industrie sind.
Der Außenhandelsausschuss der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hat sich daher nach Bekanntgabe des Wahlsiegers Joe Biden mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen das Wahlergebnis in den USA auf die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen hat. Peer Kesper, Vorsitzender des Ausschusses, betonte zu Beginn der virtuellen Sitzung, wie wichtig die transatlantischen Beziehungen für die Region sind. „Für 30 Prozent unser exportorientierten Industrieunternehmen ist Nordamerika ein wesentliches Exportziel, und knapp jeder vierte Industriebetrieb mit Auslandsinvestments benennt die USA als bedeutende Zielregion.“Mit Biden verbindet Kesper die Hoffnung, dass der neue Präsident die USA eint, den Multilateralismus sowie die transatlantische Freundschaft stärkt und sich für Freihandel und gegen Protektionismus einsetzt. Allerdings gibt es mahnende Stimmen, die vor zu hohen Erwartungen, insbesondere mit Blick auf den Freihandel, warnen.
An der Sitzung des Ihk-außenhandelsausschusses nahm unter anderem Dietmar Rieg, Präsident der deutsch-amerikanischen Handelskammer in New York, teil. Er betonte, die Atmosphäre werde wieder partnerschaftlich und konstruktiv. So werde die Welthandelsorganisation voraussichtlich wieder gestärkt, ebenso stehe die Rückkehr zum Pariser Klimaabkommen an. Große wirtschaftspolitische Würfe erwartet er nicht. Über allem stehe zudem die Frage des Umgangs mit China. „In der Handelspolitik ist China für die Amerikaner das alles beherrschende Thema“, erklärte Rieg. Die Meinung, dass Peking in Sachen Technologietransfer und Subventionen nicht fair spiele, sei weit verbreitet. Mit Blick auf die künftigen transatlantischen Beziehungen werde es darauf ankommen, wie sich die Europäische Union und Deutschland in der China-frage positionieren.
Das betonte auch Jürgen Matthes, Leiter des Kompetenzfelds Internationale Wirtschaftsordnung und Konjunktur des Instituts der deutschenwirtschaft(iw)inköln.„die Amerikaner erwarten von ihren europäischen Partnern den Schulterschluss in diesem Konflikt“, erklärte er mit Blick auf China. Von der Biden-regierung erwartet Matthes in Zukunft mehr Kooperation statt Konfrontation. „Er wird stärker auf internationale Lösungen setzen und weniger auf nationale Alleingänge.“Nicht ausgeklammert werden dürfe, dass die Demokraten traditionell eher handelskritisch seien. „Der Slogan ,Buy American’ gehörte zu Bidens Wahlkampf“, betont Matthes. „Ein neuer Anlauf für ein umfassendes transatlantisches Freihandelsabkommen ist nicht zu erwarten, stattdessen könnten Strafsteuern für Unternehmen kommen, die ihre Produktion aus den USA ins Ausland verlagern, und Steuererleichterungen für Investitionen in den Vereinigten Staaten.“