Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Tigerpython im Wohnzimmer.
Das Paar trägt heute Schlange. Lässig baumelt Mrs. Big um den Hals ihres Herrchens: Mit ihrem Kopf erkundet sie neugierig den Raum, ihre Schwanzspitze hat sie um das Bein des Neussers geschlungen. Nervös macht ihn das nicht: „Sie hält sich damit fest“, erklärt Fabian Zeitz. Um sein Haustier alleine auf den Arm zu nehmen, braucht er viel Kraft. Denn der Name Mrs. Big kommt nicht von ungefähr: Vier Meter ist der Tigerpython groß und bringt stattliche 38,5 Kilogramm auf die Waage. Zurück ins Terrarium geht es für die zehn Jahre alte Schlange so auch nur mit vereinten Kräften: Christina Hagen hilft ihrem Freund dabei, die Python wieder sicher in ihr Revier zu bringen.
Es sind außergewöhnliche Haustiere, die bei dem Paar leben: Neben einer weiteren Tigerpython halten sie auch noch Boa Constrictors, Königspythons, einen Steppenwaran und afrikanische Riesenschnecken.
Die Faszination für Exoten begleitet Fabian Zeitz schon ein Leben lang. Als Kind hat er die Schlangen in der Zoohandlung bewundert. „Mit neun Jahren habe ich meine Eltern überredet und durfte zwei Kornattern halten“, erzählt er. Als junger Erwachsener zogen dann Boas bei ihm ein. Und vor rund zwei Jahren hat der Neusser sich mit den beiden Tigerpythons – Python Molurus Bivittatus, so ihr offizieller Name – einen Traum erfüllt.
Sie gehören zu den größten Schlangenarten der Welt und können bis zu sechs Meter lang werden. Ihre Haltung ist in Nordrhein-westfalen erlaubt: Da die Schlange unter Artenschutz steht, muss sie aber in der jeweils zuständigen Naturschutzbehörde angemeldet werden.
Das ist auch bei anderen Exoten üblich. So soll unter anderem der Bestand geschützt- und der Handel kontrolliert werden. Damit in Zukunft Fälle wie die ausgebüxte Monokel-kobra in Herne vermieden werden, gilt in NRW im kommenden Jahr ein Gifttiergesetz. Das untersagt die Neuanschaffung besonders giftiger Tiere und reguliert die private Haltung solcher Exemplare.
Giftig sind Mrs. und Mr. Big nicht. Bei ihnen handelt es sich um Würgeschlangen: Während sie in freier Wildbahn ihrer Beute auflauern und sie dann im Würgegriff ersticken, bekommen sie ihre Nahrung im Terrarium servierfertig geliefert. Alle sechs Wochen werden sie gefüttert – allerdings nicht mit lebenden Tieren, sondern mit aufgetauten Exemplaren aus der Tiefkühltruhe. Aktuell steht bei ihnen Hase auf dem Speiseplan. Stück für Stück werde er durch die Schlange heruntergewürgt. „Das ganze dauert etwa eine Dreiviertelstunde“, sagt Zeitz, „manchmal bekommen sie aber auch größere Tiere, zum Beispiel ein Lamm.“
Während der Neusser am Esstisch sitzt und von den Besonderheiten seiner Exoten erzählt, sieht er immer wieder in das Terrarium. Mr. Big hat es sich dort auf einem Stein bequem gemacht. Plötzlich streckt er seinen Kopf in die Höhe und reißt das Maul auf. Für den Schlangenhalter ist das ein besonderes Schauspiel: „Er hat gegähnt“, erklärt Zeitz, „das passiert ganz selten.“Es sei ein Zeichen dafür, dass die Python Hunger bekomme. Durch das Gähnen trainiere sie den Kiefer für die nächste Mahlzeit. Es sind Momente wie diese, die für ihn die Faszination ausmachen. Überhaupt verbringt das Paar viel Zeit damit, die Tiere zu beobachten. Hin und wieder werden sie auch aus dem Terrarium genommen. Wer nun aber an einen gemütlichen Fernsehabend mit Schlange um den Hals denkt, irrt. „Es sind keine Schmusetiere“, betont Zeitz. Eine artgerechte Haltung ist ihm wichtig. Außerdem hält das Paar die Schlangen immer im Blick, sobald das Terrarium geöffnet wird. „Man sollte den Respekt vor dem Tier immer behalten“, sagt er.
Wenn er in den Nachrichten von ausgesetzten Schlangen liest, ärgert ihn das. „Das ist einfach nur verantwortungslos“, sagt der Neusser, „es gibt spezielle Auffangstationen, in denen man sie abgeben kann.“Zugleich würden solche Meldungen seiner Meinung nach ein schlechtes Licht auf die Terraristik-szene werfen.
Überhaupt sollte der Kauf einer Schlange gut überlegt sein. „Die Tiere können bis zu 30 Jahre alt werden, das ist doppelt so alt wie ein Hund“, erzählt er. „Man sollte sich bewusst sein, dass die Haltung nicht nur viel Zeit und Platz in Anspruch nimmt, sondern auch nicht ganz günstig ist.“
Allein die Kosten für den Bau des Terrariums liegen im vierstelligen Bereich, hinzu kommen Ausgaben für Medizin, Nahrung und Strom. Denn im Terrarium werden die Temperatur und Luftfeuchtigkeit an das Tier und seine Bedürfnisse angepasst.
Und Mrs. Big? Für sie steht bald ein Umzug an. Fabian Zeitz möchte ihr Terrarium noch größer gestalten.