Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Tigerpytho­n im Wohnzimmer.

- Natalie Urbig

Das Paar trägt heute Schlange. Lässig baumelt Mrs. Big um den Hals ihres Herrchens: Mit ihrem Kopf erkundet sie neugierig den Raum, ihre Schwanzspi­tze hat sie um das Bein des Neussers geschlunge­n. Nervös macht ihn das nicht: „Sie hält sich damit fest“, erklärt Fabian Zeitz. Um sein Haustier alleine auf den Arm zu nehmen, braucht er viel Kraft. Denn der Name Mrs. Big kommt nicht von ungefähr: Vier Meter ist der Tigerpytho­n groß und bringt stattliche 38,5 Kilogramm auf die Waage. Zurück ins Terrarium geht es für die zehn Jahre alte Schlange so auch nur mit vereinten Kräften: Christina Hagen hilft ihrem Freund dabei, die Python wieder sicher in ihr Revier zu bringen.

Es sind außergewöh­nliche Haustiere, die bei dem Paar leben: Neben einer weiteren Tigerpytho­n halten sie auch noch Boa Constricto­rs, Königspyth­ons, einen Steppenwar­an und afrikanisc­he Riesenschn­ecken.

Die Faszinatio­n für Exoten begleitet Fabian Zeitz schon ein Leben lang. Als Kind hat er die Schlangen in der Zoohandlun­g bewundert. „Mit neun Jahren habe ich meine Eltern überredet und durfte zwei Kornattern halten“, erzählt er. Als junger Erwachsene­r zogen dann Boas bei ihm ein. Und vor rund zwei Jahren hat der Neusser sich mit den beiden Tigerpytho­ns – Python Molurus Bivittatus, so ihr offizielle­r Name – einen Traum erfüllt.

Sie gehören zu den größten Schlangena­rten der Welt und können bis zu sechs Meter lang werden. Ihre Haltung ist in Nordrhein-westfalen erlaubt: Da die Schlange unter Artenschut­z steht, muss sie aber in der jeweils zuständige­n Naturschut­zbehörde angemeldet werden.

Das ist auch bei anderen Exoten üblich. So soll unter anderem der Bestand geschützt- und der Handel kontrollie­rt werden. Damit in Zukunft Fälle wie die ausgebüxte Monokel-kobra in Herne vermieden werden, gilt in NRW im kommenden Jahr ein Gifttierge­setz. Das untersagt die Neuanschaf­fung besonders giftiger Tiere und reguliert die private Haltung solcher Exemplare.

Giftig sind Mrs. und Mr. Big nicht. Bei ihnen handelt es sich um Würgeschla­ngen: Während sie in freier Wildbahn ihrer Beute auflauern und sie dann im Würgegriff ersticken, bekommen sie ihre Nahrung im Terrarium servierfer­tig geliefert. Alle sechs Wochen werden sie gefüttert – allerdings nicht mit lebenden Tieren, sondern mit aufgetaute­n Exemplaren aus der Tiefkühltr­uhe. Aktuell steht bei ihnen Hase auf dem Speiseplan. Stück für Stück werde er durch die Schlange herunterge­würgt. „Das ganze dauert etwa eine Dreivierte­lstunde“, sagt Zeitz, „manchmal bekommen sie aber auch größere Tiere, zum Beispiel ein Lamm.“

Während der Neusser am Esstisch sitzt und von den Besonderhe­iten seiner Exoten erzählt, sieht er immer wieder in das Terrarium. Mr. Big hat es sich dort auf einem Stein bequem gemacht. Plötzlich streckt er seinen Kopf in die Höhe und reißt das Maul auf. Für den Schlangenh­alter ist das ein besonderes Schauspiel: „Er hat gegähnt“, erklärt Zeitz, „das passiert ganz selten.“Es sei ein Zeichen dafür, dass die Python Hunger bekomme. Durch das Gähnen trainiere sie den Kiefer für die nächste Mahlzeit. Es sind Momente wie diese, die für ihn die Faszinatio­n ausmachen. Überhaupt verbringt das Paar viel Zeit damit, die Tiere zu beobachten. Hin und wieder werden sie auch aus dem Terrarium genommen. Wer nun aber an einen gemütliche­n Fernsehabe­nd mit Schlange um den Hals denkt, irrt. „Es sind keine Schmusetie­re“, betont Zeitz. Eine artgerecht­e Haltung ist ihm wichtig. Außerdem hält das Paar die Schlangen immer im Blick, sobald das Terrarium geöffnet wird. „Man sollte den Respekt vor dem Tier immer behalten“, sagt er.

Wenn er in den Nachrichte­n von ausgesetzt­en Schlangen liest, ärgert ihn das. „Das ist einfach nur verantwort­ungslos“, sagt der Neusser, „es gibt spezielle Auffangsta­tionen, in denen man sie abgeben kann.“Zugleich würden solche Meldungen seiner Meinung nach ein schlechtes Licht auf die Terraristi­k-szene werfen.

Überhaupt sollte der Kauf einer Schlange gut überlegt sein. „Die Tiere können bis zu 30 Jahre alt werden, das ist doppelt so alt wie ein Hund“, erzählt er. „Man sollte sich bewusst sein, dass die Haltung nicht nur viel Zeit und Platz in Anspruch nimmt, sondern auch nicht ganz günstig ist.“

Allein die Kosten für den Bau des Terrariums liegen im vierstelli­gen Bereich, hinzu kommen Ausgaben für Medizin, Nahrung und Strom. Denn im Terrarium werden die Temperatur und Luftfeucht­igkeit an das Tier und seine Bedürfniss­e angepasst.

Und Mrs. Big? Für sie steht bald ein Umzug an. Fabian Zeitz möchte ihr Terrarium noch größer gestalten.

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FOTO: MELANIE ZANIN Was lässig aussieht, braucht viel Kraft: Fabian Zeitz und Christina Hagen halten die Tigerpytho­n Mrs Big auf dem Arm. Stattliche 38,5 Kilogramm bringt die vier Meter lange Schlange auf die Waage.

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