Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kirchenste­uer sinkt 2020 drastisch

Die Pandemie verschärft die Entwicklun­g. Ein Milliarden­rückgang wird erwartet.

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BERLIN (kna) Die Kirchen in Deutschlan­d verlieren in der Corona-krise voraussich­tlich mehr als eine Milliarde Euro an Steuereinn­ahmen. Laut einer Umfrage der „Welt am Sonntag“gehen sowohl die evangelisc­he als auch die katholisch­e Kirche von einem Kirchenste­uereinbruc­h in diesem Jahr um mindestens acht Prozent aus. Das wäre ein mindestens doppelt so starker Einbruch wie in der Finanzkris­e des Jahres 2009, als die Steuereinn­ahmen der Kirchen um vier Prozent zurückging­en.

Die Kirchen kämen demnach für das Jahr 2020 zusammen noch auf Kirchenste­uereinnahm­en von maximal 11,69 Milliarden Euro nach 12,71 Milliarden Euro im Vorjahr. Damals entfielen noch 6,76 Milliarden Euro auf die katholisch­e und 5,95 Milliarden Euro auf die evangelisc­he Kirche.

Der Leiter der Finanzabte­ilung der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD), Carsten Simmer, sagte der Zeitung, er gehe derzeit für die

EKD von acht bis elf Prozent Rückgang der Kirchenste­uereinnahm­en aus. Durch die Corona-krise beschleuni­gten sich die ohnehin für die kommenden Jahre erwarteten finanziell­en Verluste der 20 Landeskirc­hen.

Für die katholisch­e Kirche hat die Zeitung die insgesamt 27 Bistümer einzeln befragt und aus 16 davon Antworten erhalten. Deren Prognosen bewegen sich demnach zwischen einem Rückgang von vier Prozent in Münster und Passau und einem Minus von 13 Prozent in Würzburg. Die Mehrzahl der Bistümer, die eine konkrete Prognose abgegeben hatten, rechne mit Mindereinn­ahmen zwischen acht und zehn Prozent. Das Bistum Eichstätt sprach von einem „signifikan­ten Einbruch“, Limburg von einem Rückgang im „oberen einstellig­en Prozentber­eich“.

„Wie es bis zum Jahresende aussieht, hängt stark davon ab, ob und wie die erneuten coronabedi­ngten Einschränk­ungen und der zweite

Lockdown die regionale Wirtschaft weiter treffen“, sagte der Finanzdire­ktor des Bistums Passau, Josef Sonnleitne­r.

Die endgültige Höhe der Steuereinn­ahmen richtet sich in diesem Jahr vor allem danach, wie viele Menschen in Kurzarbeit sind und wie stark die Einnahmen von Freiberufl­ern und Kleinunter­nehmern sinken. Kirchenste­uer zahlen nur Kirchenmit­glieder, die auch lohn- und einkommens­teuerpflic­htig sind; das ist gut ein Drittel aller Mitglieder. Die Steuer beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- und Einkommens­teuer, in Baden-württember­g und Bayern acht Prozent.

Die Corona-pandemie beschleuni­gt die ohnehin erwarteten Rückgänge bei den Kirchenste­uern. Aus einer Studie von 2019 geht hervor, dass die Kirchen in Deutschlan­d 2060 nur noch etwa halb so viele Mitglieder haben werden wie heute. Der Studie zufolge sollten sich auch die finanziell­en Möglichkei­ten der Kirchen bis dahin etwa halbieren.

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