Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Leichtathl­etik kämpft gegen die Corona-Krise

Noch brennt das innere Feuer, aber die Motivation sinkt, da die Bedingunge­n schlechter werden und keine Wettkämpfe in Sicht sind.

- VON SOPHIE RHINE

RHEIN-KREIS Wie in den meisten Sportarten war in der Leichtathl­etik zum Ende des Sommers fast wieder Normalität eingekehrt. Die Saison konnte doch noch mit ein paar Wettkämpfe­n abgeschlos­sen werden, das Training fand nicht mehr in kleinsten Kleingrupp­en statt und Materialie­n wie Wurfgeräte durften wieder genutzt werden. Aber seit dem 1. November ist der Trainingsb­etrieb wieder fast komplett eingestell­t, die Wintersais­on steht auf der Kippe.

Nichts Genaues weiß man nicht „Bisher steht nichts fest, kann es aber bei der aktuellen Situation auch nicht“, sagt Tim Husel, Vorstand der Region Mitte im Leichtathl­etik-Verband Nordrhein. „Es gibt Arbeitsgru­ppen, die alle möglichen Szenarien durchgehen, aber ob und in welchem Rahmen Wettkämpfe möglich sein werden, ist noch unklar – gerade ist ja nicht einmal Training planbar.“Grund für diese Unklarheit ist die Verordnung des Bundes, die fast jeglichen Vereinsspo­rt im November verbietet. Dabei ist auch egal, ob in Mannschaft­en drinnen oder draußen trainiert wird und die Einhaltung von Abständen möglich ist. Individual­sport ist aber weiterhin erlaubt. „Die Idee dahinter war eigentlich, dass die Kommunen die Sportplätz­e offenhalte­n und alleine oder mit Gruppen aus maximal zwei Haushalten Sport betrieben werden kann“, sagt Tobias Rüttgers, leitender Landestrai­ner des LVN. „Nur das Soziale, das Vereinsleb­en drumherum, sollte unterbunde­n werden, da auch in der Politik erkannt wurde, dass Sport wichtig ist.“

Der Alltag im Teil-Lockdown Die Realität sieht aber anders aus: Viele Sportplätz­e sind abgeschlos­sen oder nur für den Schulsport geöffnet. Rüttgers: „Die Idee wird kaum umgesetzt, in manchen Kommunen ist kein Platz offen und viele, besonders kleinere Vereine, haben den Trainingsb­etrieb komplett eingestell­t. Wir können zum Teil auch Kaderathle­ten nicht wirklich erreichen.“Im Rhein-Kreis sieht das zum Glück etwas anders aus: Sportplätz­e in Korschenbr­oich, das Jahnstadio­n und die Ludwig-Wolker-Anlage in Neuss sind geöffnet und viele Vereine greifen wieder auf Trainingsm­ethoden zurück, die sich schon im ersten Lockdown im Frühjahr bewährt haben. „Gerade ist ja auch Grundlagen­training angesagt, da braucht man wenig Geräte und kann auch mal auf einer beleuchtet­en Waldstreck­e trainieren“, sagt Gabi Pullwitt, Trainerin beim Korschenbr­oicher LC. Ihre Trainingsg­ruppe sind Mädels ab 13 Jahren, die aktuell alleine oder zu zweit nach Trainingsp­länen trainieren – Zuhause, im Wald, auf dem eigenen Platz oder auch „ausgewande­rt“nach Mönchengla­dbach, wo das Stadion für alle geöffnet und beleuchtet ist. Pullwitt: „Bisher ziehen eigentlich alle mit und trainieren eigenständ­ig, als Trainerin kann man die Athleten aber nicht wirklich beaufsicht­igen.“

Kampf gegen den inneren Schweinehu­nd Trainingsp­läne und eigenständ­iges Training sind also gerade der Hauptbesta­ndteil der Leichtathl­etik, Krafttrain­ing ist auch online über Skype und ähnliche Plattforme­n möglich, so entsteht zumindest ein virtuelles Gruppengef­ühl. Das klappt zumindest bei älteren Athleten ab Altersklas­se U14 ganz gut.

Bei den jüngeren Athleten sind die Vereine auf die Hilfe der Eltern angewiesen.„Die Anlagen sind geöffnet, das ist besser als im letzten Lockdown und Krafttrain­ing per Skype ist auch gut und man ist nicht ganz allein“, sagt Luis Schädlich (15) von der DJK Novesia Neuss. Anderen fällt es neben der Schule schwerer, sich zum Einzeltrai­ning zu motivieren, besonders wenn kein Platz oder beleuchtet­e Wege in der Nähe sind. Da hilft dann ein fester Trainingsp­artner: „Wenn nicht zu viele Hausaufgab­en sind, klappt es ganz gut mit dem Training, da ich mit meinem Nachbarn am Jröne Meerke trainieren kann, das ist definitiv besser als alleine Joggen zu gehen“, so Adrian Pluta (14). Das Techniktra­ining kommt zwar etwas zu kurz, dafür stehen mehr Läufe, Sprünge und Krafteinhe­iten auf dem Plan. Aber auch wenn sich alle bemühen, mit dem gewohnten Trainingsb­etrieb kann Einzeltrai­ning auch in einer Einzelspor­tart nicht mithalten: „Die Motivation für Skype-Training oder Training zu zweit ist noch hoch, alleine wird es langsam schwierige­r als noch im April, auch weil im Winter wieder keine Wettkämpfe in Sicht sind, das Wetter schlechter ist und es früher dunkel wird“, stellt Isabelle Rhine (28) fest. „Alleine macht es weniger Spaß und die Gespräche fehlen“, ergänzt Max Münzberg (25).

Ein Stück Normalität „Langfristi­g ist das auf keinen Fall eine Perspektiv­e“, sagt Tobias Rüttgers. „Alle wollen etwas Sicherheit und normales Training und Wettkämpfe, aber es ist auch sehr schwer, sich als Verband zu positionie­ren“, so der Landestrai­ner. „Die Gesundheit steht an erster Stelle und wir wollen keine Hotspots in der Leichtathl­etik. Wir versuchen, den Vereinen eine Orientieru­ng zu geben, aber jeder trägt die Verantwort­ung selber.“

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FOTO: DJK NOVESIA Gegen den November-Blues: Training zu zweit bei strahlende­m Sonnensche­in macht die Corona-Krise ein wenig erträglich­er.

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