Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erste indigene Politikeri­n wird Neuseeland­s Außenminis­terin

- VON BARBARA BARKHAUSEN

Nanaia Mahuta ist stolze Maori und Teil eines ausgesproc­hen diversen Kabinetts. Die erfahrene Politikeri­n schreibt Geschichte in ihrem Land.

SYDNEY Nanaia Mahuta hat gleich mehrere Barrieren gleichzeit­ig überwunden. Die 50-jährige Neuseeländ­erin ist nicht nur die erste Außenminis­terin des Pazifiksta­ates, sie ist auch die erste Ureinwohne­rin, die das Amt übernimmt. Indigene Politiker hatten zwar auch früher schon wichtige Rollen in der neuseeländ­ischen Regierung inne, doch Mahutas Ernennung ging um die Welt – nicht zuletzt, da sie als erste Ministerin ein so genanntes „Moko Kauae“trägt – ein traditione­lles Maori-Gesichtsta­ttoo.

Mahuta, die seit mehr als 20 Jahren in der Politik ist, entschied sich dafür vor vier Jahren und nannte es im Interview mit dem australisc­hen Sender SBS „ein Symbol dafür, wer ich bin, meine Identität und wo ich hingehöre“. Dem nordamerik­anischen Medium Vice sagte sie 2016, dass sie damit dem Todestag ihres Vaters gedenken wolle und dass das Design die traditione­llen

Schnitzmus­ter ihres Stammes Ngati Maniapoto enthielte. Außerdem wolle sie damit ihre kleine Tochter inspiriere­n. „Als junge Maori-Frau soll meine Tochter wissen, dass alles in greifbarer Nähe ist“, sagte sie damals. „Sie muss nur nach vorne greifen und zupacken.“Als Mahuta das Parlament zum ersten Mal mit dem Moko betreten habe, sei dies „emotional“gewesen. „Andere Maori-Frauen waren sehr stolz“, sagte sie. Es sei eine interessan­te Sache. „Die Leute sehen dich anders“, erklärte sie. „Es ist ein kulturelle­r Marker, und es sagt deutlich, wenn ich an einem Tisch sitze, dass ich eine bestimmte Denkweise repräsenti­ere.“

Aufgrund der kulturelle­n Bedeutung des Moko störten sich viele Menschen in Neuseeland auch daran, als mehrere internatio­nale Medien das Gesichtsta­ttoo bei der Kabinettsv­orstellung bereits in der Überschrif­t thematisie­rten und die neue Außenminis­terin als „tätowierte Frau“beschriebe­n.

Der Vorstandsv­orsitzende des Maori-Rates, Matthew Tukaki, sagte im Interview mit dem neuseeländ­ischen Medium Newshub, es sei eine „Schande“, dass Mahuta solchen Schlagzeil­en ausgesetzt gewesen sei, die rein drauf abzielten, Aufmerksam­keit

zu erregen. In Wirklichke­it gehe es aber darum, dass hier eine Maori-Frau sei, die „eine neue Perspektiv­e in die Welt der internatio­nalen Angelegenh­eiten“bringe.

Nanaia Mahuta selbst sagte in einer Pressekonf­erenz, dass sie ihre

Ernennung als ein Privileg sehe. Sie folge auf eine Reihe von „Premieren für Frauen“in Neuseeland. Schließlic­h habe das Land auch als erstes Land der Welt Frauen das Wahlrecht gegeben und stets einen progressiv­en Ansatz verfolgt.

Mahuta, die an der Universitä­t in Auckland studiert und einen Abschluss in Sozialanth­ropologie hat, hat eine lange politische Karriere hinter sich. Unter anderem hat sie sich in der Kommunalve­rwaltung und für Maori-Entwicklun­g engagiert. Beispielsw­eise arbeitete sie an der Einführung von Maori-Sprachkurs­en in allen neuseeländ­ischen Grundschul­en bis 2025. Mahuta ist laut des neuseeländ­ischen Senders RNZ mit der verstorben­en Maori-Königin Te Atairangik­aahu und dem derzeitige­n Maori-Monarchen King Tuheitia Paki verwandt.

Neuseeland­s sozialdemo­kratische Premiermin­isterin Jacinda Ardern, die im vergangene­n Oktober mit ihrer Labour Partei einen historisch­en Wahlsieg feierte, beschrieb ihre Parteikoll­egin

als jemanden, der „sehr schnell fantastisc­he Beziehunge­n“aufbaue – etwas, das ja „eine der Schlüssela­ufgaben“einer Außenminis­terin sei.

Mahuta wurde, wie der Rest des neuen Kabinetts, am Freitag vereidigt. Ardern sagte, ihr 20-köpfiges Team sei eine „unglaublic­h vielfältig­e“Gruppe, die das Neuseeland widerspieg­ele, das sie gewählt habe. Im Kabinett sitzen acht Frauen, mehrere Ureinwohne­r sowie Vertreter der LGBTQ-Gemeinde. Beispielsw­eise bekennt sich der stellvertr­etende Premier Grant Robertson offen zu seiner Homosexual­ität. Das Kabinett entspricht damit auch der Zusammense­tzung des gesamten Parlaments, in dem fast 50 Prozent der Abgeordnet­en Frauen sind, rund zehn Prozent aus der LGBTQ-Gemeinde stammen und 16 einen Maori-Hintergrun­d haben. Außerdem ziehen erstmals Abgeordnet­e mit afrikanisc­hem und lateinamer­ikanischem Hintergrun­d in das Parlament ein.

 ?? BIANCA DE MARCHI/AFP ?? Die neuseeländ­ische Premiermin­isterin Jacinda Ardern (r.) und Außenminis­terin Nanaia Mahuta mit einer Maori-Gesichttät­owierung. Foto:
BIANCA DE MARCHI/AFP Die neuseeländ­ische Premiermin­isterin Jacinda Ardern (r.) und Außenminis­terin Nanaia Mahuta mit einer Maori-Gesichttät­owierung. Foto:

Newspapers in German

Newspapers from Germany