Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Erste indigene Politikerin wird Neuseelands Außenministerin
Nanaia Mahuta ist stolze Maori und Teil eines ausgesprochen diversen Kabinetts. Die erfahrene Politikerin schreibt Geschichte in ihrem Land.
SYDNEY Nanaia Mahuta hat gleich mehrere Barrieren gleichzeitig überwunden. Die 50-jährige Neuseeländerin ist nicht nur die erste Außenministerin des Pazifikstaates, sie ist auch die erste Ureinwohnerin, die das Amt übernimmt. Indigene Politiker hatten zwar auch früher schon wichtige Rollen in der neuseeländischen Regierung inne, doch Mahutas Ernennung ging um die Welt – nicht zuletzt, da sie als erste Ministerin ein so genanntes „Moko Kauae“trägt – ein traditionelles Maori-Gesichtstattoo.
Mahuta, die seit mehr als 20 Jahren in der Politik ist, entschied sich dafür vor vier Jahren und nannte es im Interview mit dem australischen Sender SBS „ein Symbol dafür, wer ich bin, meine Identität und wo ich hingehöre“. Dem nordamerikanischen Medium Vice sagte sie 2016, dass sie damit dem Todestag ihres Vaters gedenken wolle und dass das Design die traditionellen
Schnitzmuster ihres Stammes Ngati Maniapoto enthielte. Außerdem wolle sie damit ihre kleine Tochter inspirieren. „Als junge Maori-Frau soll meine Tochter wissen, dass alles in greifbarer Nähe ist“, sagte sie damals. „Sie muss nur nach vorne greifen und zupacken.“Als Mahuta das Parlament zum ersten Mal mit dem Moko betreten habe, sei dies „emotional“gewesen. „Andere Maori-Frauen waren sehr stolz“, sagte sie. Es sei eine interessante Sache. „Die Leute sehen dich anders“, erklärte sie. „Es ist ein kultureller Marker, und es sagt deutlich, wenn ich an einem Tisch sitze, dass ich eine bestimmte Denkweise repräsentiere.“
Aufgrund der kulturellen Bedeutung des Moko störten sich viele Menschen in Neuseeland auch daran, als mehrere internationale Medien das Gesichtstattoo bei der Kabinettsvorstellung bereits in der Überschrift thematisierten und die neue Außenministerin als „tätowierte Frau“beschrieben.
Der Vorstandsvorsitzende des Maori-Rates, Matthew Tukaki, sagte im Interview mit dem neuseeländischen Medium Newshub, es sei eine „Schande“, dass Mahuta solchen Schlagzeilen ausgesetzt gewesen sei, die rein drauf abzielten, Aufmerksamkeit
zu erregen. In Wirklichkeit gehe es aber darum, dass hier eine Maori-Frau sei, die „eine neue Perspektive in die Welt der internationalen Angelegenheiten“bringe.
Nanaia Mahuta selbst sagte in einer Pressekonferenz, dass sie ihre
Ernennung als ein Privileg sehe. Sie folge auf eine Reihe von „Premieren für Frauen“in Neuseeland. Schließlich habe das Land auch als erstes Land der Welt Frauen das Wahlrecht gegeben und stets einen progressiven Ansatz verfolgt.
Mahuta, die an der Universität in Auckland studiert und einen Abschluss in Sozialanthropologie hat, hat eine lange politische Karriere hinter sich. Unter anderem hat sie sich in der Kommunalverwaltung und für Maori-Entwicklung engagiert. Beispielsweise arbeitete sie an der Einführung von Maori-Sprachkursen in allen neuseeländischen Grundschulen bis 2025. Mahuta ist laut des neuseeländischen Senders RNZ mit der verstorbenen Maori-Königin Te Atairangikaahu und dem derzeitigen Maori-Monarchen King Tuheitia Paki verwandt.
Neuseelands sozialdemokratische Premierministerin Jacinda Ardern, die im vergangenen Oktober mit ihrer Labour Partei einen historischen Wahlsieg feierte, beschrieb ihre Parteikollegin
als jemanden, der „sehr schnell fantastische Beziehungen“aufbaue – etwas, das ja „eine der Schlüsselaufgaben“einer Außenministerin sei.
Mahuta wurde, wie der Rest des neuen Kabinetts, am Freitag vereidigt. Ardern sagte, ihr 20-köpfiges Team sei eine „unglaublich vielfältige“Gruppe, die das Neuseeland widerspiegele, das sie gewählt habe. Im Kabinett sitzen acht Frauen, mehrere Ureinwohner sowie Vertreter der LGBTQ-Gemeinde. Beispielsweise bekennt sich der stellvertretende Premier Grant Robertson offen zu seiner Homosexualität. Das Kabinett entspricht damit auch der Zusammensetzung des gesamten Parlaments, in dem fast 50 Prozent der Abgeordneten Frauen sind, rund zehn Prozent aus der LGBTQ-Gemeinde stammen und 16 einen Maori-Hintergrund haben. Außerdem ziehen erstmals Abgeordnete mit afrikanischem und lateinamerikanischem Hintergrund in das Parlament ein.