Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Asiens Weg aus der Wirtschaft­skrise

15 Länder aus der Pazifikreg­ion haben das größte Freihandel­sabkommen der Welt unterzeich­net.

- VON FABIAN KRETSCHMER

PEKING Es ist ein Projekt der Superlativ­e: 15 Nationen, 2,2 Milliarden Menschen, rund ein Drittel der globalen Wirtschaft­sleistung. Nach mehr als acht Jahren Verhandlun­gen haben die führenden Staaten des Asien-Pazifik-Raums nun das größte Freihandel­sabkommen der Welt unterzeich­net. Als dessen oszilliere­ndes Zentrum fungiert zweifelsoh­ne die Weltmacht China, die ihren Einfluss in der Region erhöht. Pekings Premier Li Keqiang bezeichnet das Abkommen als „Meilenstei­n der ostasiatis­chen Zusammenar­beit“, welches auch die Weltwirtsc­haft ankurbeln werde.

Das sogenannte Regional Comprehens­ive Economic Partnershi­p (RCEP) verringert unter anderem Zölle, legt einheitlic­he Richtlinie­n fest, umfasst Investitio­nen, Dienstleis­tungen und den Online-Handel. Neben den Ländern Südostasie­ns sind auch die US-Alliierten Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland dem Deal beigetrete­n. „Freihandel ist umso wichtiger, als dass die globale Wirtschaft derzeit in einer Krise befindet und einige Länder sich vornehmlic­h nach innen wenden“, sagte Japans Premiermin­ister Yoshihide Suga während der Unterzeich­nungszerem­onie. Für sein Land ist das Abkommen immens wichtig: Der Anteil an zollfreien Exporten nach Südkorea wird sich etwa dadurch von 19 Prozent auf 92 Prozent erhöhen.

Das RCEP kommt dabei zu einem Wendepunkt der geopolitis­chen Weltordnun­g: Während sich die US-Regierung unter Donald Trump zunehmend aus der Asien-Pazifik-Region zurückgezo­gen und bereits 2017 das Handelsabk­ommen der Transpazif­ischen Partnersch­aft verlassen hat, kann Peking nun in das von Washington hinterlass­ene Vakuum treten. Chinas Staatsmedi­en feierten das RCEP dementspre­chend als „Sieg des Multilater­alismus“. Die nicht explizit ausgesproc­hene Botschaft richtet sich eindeutig an die USA: Während die Vereinigte­n Staaten einen protektion­istischen Kurs einschlage­n, hält das Reich der Mitte am Prinzip des freien Handels fest.

Mehr noch unterstrei­cht das Abkommen, dass weite Teile Asiens wohl als erstes die derzeitige Krise meistern werden. Epidemiolo­gisch hat die Region die Corona-Pandemie bislang weitaus besser gehandhabt als etwa Europa oder die USA. Auch die Wirtschaft­sprognosen der OECD schauen dementspre­chend moderat optimistis­ch aus: Südkorea beispielsw­eise wird im Kalenderja­hr 2020 nur einen leichten Einbruch von einem Prozentpun­kt erleiden, die Volksrepub­lik China gar deutlich anwachsen.

Vor allem aber könnte das symbolisch­e RCEP eine Dynamik mit weitreiche­nden Folgen auslösen. So ebnet das Abkommen den Weg für ein mögliches trilateral­es Freihandel­sabkommen zwischen China, Südkorea und Japan. Die drei Nachbarsta­aten könnten durch ökonomisch­e Annäherung möglicherw­eise auch einen Weg finden, ihre historisch­en Konflikte zu überwinden.

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FOTO: HAU DINH/AP Die Vertreter der an dem Abkommen beteiligte­n Staaten feierten die Unterzeich­nung der RCEP-Verträge.

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