Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das lange Warten auf die Premiere

- VON HELGA BITTNER

Am RLT wird premierenr­eif geprobt, auch für die „Weihnachts­geschichte“. Aber die erste Vorstellun­g der Inszenieru­ng steht noch aus.

NEUSS Sie sind noch da. Hätten am vergangene­n Samstag Premiere gehabt – wenn es nicht das pandemiebe­dingte Verbot für Kulturvera­nstaltunge­n geben würde. „Wir können alles“, sagt Stefan Schleue, „die Texte mit der richtigen Betonung, das Licht ist fertig, die Kostüme sind da...“Nichts fehlt, um die „Weihnachts­geschichte“mit dem erst geizigen und dann geläuterte­n Ebenezer Scrooge von Charles Dickens auf die Bühne zu bringen. Die Inszenieru­ng von Regisseuri­n Susi Weber ist fertig geprobt, der ersten Aufführung steht nichts mehr im Wege.

Die vergangene­n sechs Wochen waren nur nicht für den Darsteller des Scrooge, Stefan Schleue, sondern auch für seine Kollegen Peter Waros, Lisa Hörtnagl, Miriam Schollmeye­r und Philippe Ledun ein ständiges Gefühls-auf-und-ab. Schon im Oktober hatte sich der Lockdown abgezeichn­et, aber dass in Theatern geprobt werden darf, sei erst Freitag um 16 Uhr, drei Tage vor dem Inkrafttre­ten der Schließung, per Schreiben bekannt gemacht worden, sagt Disponenti­n Verena Hagedorn.

Also wurde weitergear­beitet, an der „Weihnachts­geschichte“, aber auch an „Nathan@White Boxx“, eine Produktion, die ein Wochenende zuvor Premiere gehabt hätte. „Es ist unser Ziel, aufzutrete­n“, sagt Schleue und gibt zu, wie „frustriere­nd“es ist, nicht genau zu wissen, wann die fertige Inszenieru­ng das erste Mal gezeigt werden kann.

Rein titelmäßig sollte dies noch vor Weihnachte­n geschehen, denn wer will eine „Weihnachts­geschichte“im Januar oder womöglich noch später schon sehen? Dabei betrifft die Absage nicht allein die Aufführung­en in der Sitzstadt, sondern auch die Abstecher, die eigentlich mal geplant waren. 16 Vorstellun­gen standen bis Dezember an, inklusive der Abstecher, alles war durchgepla­nt, von der Absprache mit den jeweiligen Verantwort­lichen, der Verfügbark­eit der Schauspiel­er über die der Techniker bis hin zu der Verpflicht­ung des Gastregiss­eurs am Premierena­bend. Und nun? Verena Hagedorn lacht – ein wenig hilflos.

Auf ihren Schultern lastet nämlich vieles: Sollte die „Weihnachts­geschichte“

erst in der kommenden Saison gezeigt werden können, muss sie das Okay des Verlages einholen (in der Regel gelten die Aufführung­srechte für ein Theater eine Spielzeit), muss schauen, ob und wie das Stück in die Spiel-Planung der nächsten Saison passt, muss klären, ob Gäste wie Lisa Hörtnagl zur Verfügung stehen. Mal eben was verschiebe­n oder ausfallen lassen, ist gerade an einem Landesthea­ter mit seiner langfristi­gen Planung und dem Auftrag, Kultur auch ins Land zu bringen, immer mit einem großen Aufgebot an Überlegung­en verbunden.

„Gerade dieses Stück ist gut verkauft“, sagt Hagedorn, die im Sommer den Job am RLT von Kai Wolters übernommen hatte und sich nebenbei wünscht, dass sie „gern mehr Zeit und Muße gehabt hätte, das Theater richtig kennenzule­rnen“. Stattdesse­n ist die 33-Jährige, die zuvor am Jungen Theater Bonn gearbeitet hat, coronabedi­ngt sogleich stark gefordert worden. „Manche Planung überholt sich selbst“, sagt sie. Aber sie setzt für Stefan Schleue auf Dezember.

Für den Schauspiel­er hingegen beginnt nun eine Zeit des Wartens. Die er vorrangig in Kurzarbeit verbringt, denn ob der vielen „Punkte in meinem Kalender“war er für die nächsten Produktion­en gar nicht eingeplant worden, wurde wie schon das Dreier-Team von „Nathan“in Kurzarbeit versetzt. (Immerhin stockt das RLT deren Gehalt auf 90 Prozent auf.) Gleichwohl sagt er: „Dass wir nicht auftreten dürfen, trifft das Theatererl­ebnis bis ins Mark – bei uns auf der Bühne, aber auch bei den Zuschauern.“

Die für die Produktion „Vor Sonnenaufg­ang“angesetzte­n RLT-Schauspiel­er – und die für „Titanic“– übernehmen nun die Probebühne. Denn die Inszenieru­ngen sollen am 9. Januar (das Hauptmann-Stück) und am 23. Januar („Titanic“) Premiere haben. Die sieben Schauspiel­er in „Vor Sonnenaufg­ang“proben ebenso wie die vier für „Titanic“(nach dem Film von James Cameron) mit Abstand nach den derzeitige­n Corona-Regeln. „Abstandste­chnisch aber im Grenzberei­ch“, sagt Hagedorn.

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FOTO: MARCO PIECUCH Stefan Schleue als Ebenezer Scrooge in „Eine Weihnachts­geschichte“von Charles Dickens.
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FOTOS: HBM Schauspiel­er Stefan Schleue ohne Maske.
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Disponenti­n Verena Hagedorn ist am RLT erst seit dem Sommer dabei.

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