Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Ich wünsche mir Normalität“

Der Erste Beigeordne­te spricht im Interview über die aktuelle Corona-Lage in der Stadt Kaarst.

- STEPHAN SEEGER STELLTE DIE FRAGEN.

KAARST Seit dem Frühjahr ist das Corona-Virus das beherrsche­nde Thema – auch in der Stadt Kaarst. Und seit Beginn der Pandemie kümmert sich der Erste Beigeordne­te Sebastian Semmler als Leiter des Stabes für außergewöh­nliche Ereignisse (SAE) – eine Art städtische­r Krisenstab – um die Bekämpfung und Eindämmung des Virus in der Stadt. Semmler kann die Stunden, die er mit dem Thema Corona verbracht hat, kaum mehr zählen. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Semmler über die aktuelle Corona-Situation in Kaarst, die Erfahrunge­n des städtische­n Ordnungsam­tes und die Lage in den Schulen und Kitas. Und Semmler verrät, ob er sich impfen lassen würde.

Herr Semmler, Sie sind seit Beginn der Pandemie Leiter des Stabes für außergewöh­nliche Ereignisse (SAE), der in besonderen Situatione­n hochgefahr­en wird. Wie viele Stunden in der Woche beschäftig­t Sie das Virus und die möglichen Folgen für die Bürger?

SEBASTIAN SEMMLER Das Thema Corona beschäftig­t uns seit März in eigentlich allen Aufgabenbe­reichen der Verwaltung und muss daher überall mit bedacht werden. In Stunden kann man das kaum fassen. Im Stab für außergewöh­nliche Ereignisse wurden bis Mitte Juni mindestens einmal am Tag Lagebespre­chungen durchgefüh­rt, derzeit gibt es diese Besprechun­gen zweimal in der Woche.

Wie sehr nervt Sie das Virus? SEMMLER Die Pandemie ist eine Herausford­erung, der wir uns alle gemeinsam stellen müssen und die wir auch gemeinsam als Stadtgesel­lschaft meistern werden. Ich wünsche mir Normalität und Unbeschwer­theit für die Kinder.

Wie groß ist der Krisenstab? SEMMLER Derzeit besteht der Stab aus acht Personen. Er kann aber jederzeit größer werden.

Wie viele Schutzvero­rdnungen haben Sie schon studiert?

SEMMLER Ich habe aufgehört, sie zu zählen…

Mit wie vielen Leuten wurde das Ordnungsam­t aufgestock­t? Aus wie vielen Leuten bestand es vorher? SEMMLER Der Außendiens­t besteht aus fünf festen Mitarbeite­rn. Hinzu kommen weitere sieben Kollegen, die den Außendiens­t verstärken.

Wie viele Verstöße gab es seit Beginn der Pandemie bis jetzt? SEMMLER Sehr wenige. Deutliche Verstöße gab es nur vereinzelt, meist im gewerblich­en Bereich. Beim Thema „Maskenpfli­cht“und „Abstand halten“habe die meisten Menschen sofort auf das Ansprechen des Ordnungsam­tes reagiert.

Wie ist die Lage an den Schulen, Kitas und im Offenen Ganztag? SEMMLER Im Vergleich zu anderen Kommunen ganz gut. Die Zusammenar­beit mit allen Einrichtun­gen funktionie­rt reibungslo­s. Im Moment treten dort Infektione­n nur vereinzelt auf und wir können auf Empfehlung­en des Kreisgesun­dheitsamte­s sehr schnell reagieren.

An der Katholisch­en Grundschul­e (KGS) soll es mehrere Fälle gegeben haben, im Familienze­ntrum an der Büdericher Straße auch. Wieso werden diese Einrichtun­gen nicht geschlosse­n?

SEMMLER Wie gesagt, bisher hatten wir nur wenige Infektions­fälle in den Schulen, im Offenen Ganztag und an den Kindertage­sstätten. Wenn ein Fall auftritt, dann konnte bisher sehr schnell der Kreis der Kontaktper­sonen bestimmt werden, die dann sofort in Quarantäne geschickt wurden. Deshalb wird so sehr darauf geachtet, dass sich die Gruppen nach Möglichkei­t nicht mischen. Die Kontaktnac­hverfolgun­g und -eingrenzun­g ist extrem wichtig.

Halten sich die Schüler an die vorgegeben­en Corona-Regeln? SEMMLER Meistens. Ich habe den Eindruck, dass die jüngeren Schüler sogar etwas besser mit der Situation klarkommen.

Wie kontrollie­ren Sie die Schüler? SEMMLER Wir haben mit den Schulleitu­ngen abgestimmt, dass der Ordnungsdi­enst vor dem Schulgelän­de Präsenz zeigt. Wir setzen bei Verstößen auf direkte Ansprache und Verständni­s.

Sie haben das Rathaus kürzlich wieder auf Schichtbet­rieb umgestellt. Was heißt das für die städtische­n Mitarbeite­r?

SEMMLER Wir handhaben das Schichtsys­tem sehr flexibel. In der Phase des ersten Lockdowns haben wir die Verwaltung wirklich in zwei Schichten aufgeteilt. Seit November steht die Kontaktver­meidung im Vordergrun­d. Die einzelnen Bereiche haben Konzepte entwickelt. Wochen- oder tageweise Homeoffice, Vor- und Nachmittag­sschichten, teilweise auch nur Kontaktred­uzieren zu Mitarbeite­rn. Es muss sichergest­ellt werden, dass wir in allen Bereichen trotz Infektion handlungsf­ähig bleiben.

Wo gilt aktuell die Maskenpfli­cht in der Stadt?

SEMMLER Vereinfach­t gesagt: Rund um das und innerhalb des Maubiscent­ers und entlang der Westseite der Rathausark­aden bis zur Einmündung La-Madelaine-Allee.

Gab es unangemeld­ete Corona-Partys, bei denen das Ordnungsam­t einschreit­en musste? SEMMLER Nein, zum Glück nicht. Wir mussten uns aber mehrmals mit den Folgen verantwort­ungslosen Feierns befassen.

Wie reagieren die Menschen darauf, wenn sie auf ihre fehlenden Masken angesproch­en werden? Aggressiv oder eher verständni­svoll? SEMMLER Mit der zunehmende­n Dauer der persönlich­en Einschränk­ungen der Menschen beobachten wir auch eine deutliche Steigerung von Unverständ­nis und vereinzelt auch aggressive­s Verhalten. Insgesamt verhalten sich die Kaarster Bürger aber vorbildlic­h.

Was macht die Stadt Kaarst im Vergleich zu anderen Kommunen anders – oder besser?

SEMMLER Wir sind nicht besser, oder schlechter als andere Kommunen. Seit Beginn der Pandemie gibt es eine noch viel intensiver­e und sehr vertrauens­volle Zusammenar­beit mit den Kommunen im Kreis und dem Rhein-Kreis Neuss selbst. In Kaarst haben wir das Glück, dass schon vor der Pandemie zwischen Schulen, Betreuungs­einrichtun­gen, Pflegeheim­en, Politik, Verwaltung und allen andere Beteiligte­n ein sehr gutes Arbeitskli­ma geherrscht hat.

Glauben Sie persönlich, dass es mit einem Impfstoff besser wird? SEMMLER Das hoffe ich sehr.

Würden Sie sich impfen lassen? SEMMLER Ja.

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FOTO: JOCHEN ROLFES Sebastian Semmler, Erster Beigeordne­ter der Stadt Kaarst, kann die Stunden schon gar nicht mehr zählen, die er „für“das Corona-Virus gearbeitet hat.

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