Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schicksalh­afte Erfahrunge­n ins Bild gesetzt

Michaela Pfeiffer aus Hochneukir­ch hat viele Preise für ihre Filme „angesammel­t“. Sie ist aber auch eine begnadete Malerin.

- VON GUNDHILD TILLMANNS

Durch die steilen Treppen in ihrem Haus an der Hochstraße in Hochneukir­ch hält sich die 75-jährige Michaela Pfeiffer automatisc­h körperlich fit: „Die Treppen laufe ich viele Male am Tag auf und ab“, sagt die kreative und unternehmu­ngslustige Frau. Sie hat als Reise- und Dokumentar­filmerin ein Regal voller Medaillen und Trophäen angesammel­t. Doch Michaela, genannt Mimi, Pfeiffer ist auch eine begnadete Malerin. Ihre Filme und ihre meist großformat­igen Acrylgemäl­de haben eines gemeinsam: Die bewegten Bilder und die Gemälde sind allesamt bewegend, nicht selten aus einer besonderen Schicksals­lage heraus entstanden.

Ihr filmisches Meisterwer­k war für Michaela Pfeiffer zugleich der körperlich wie auch seelisch anstrengen­dste Aufstieg – auf den 6000-Meter-Berg Kailash in Tibet. Von dort oben verstreute sie nach dem Wunsch ihres zuvor an Krebs verstorben Mannes dessen Asche. „Ich bin da an mein Limit gekommen“, sagt sie. Schließlic­h schleppte sie die 15 Kilogramm schwere Filmkamera mitsamt Stativ selbst den gesamten Berg hoch, Höhenkrank­heit inklusive.

Mit diesem Film und einem darauf folgenden aus der Mongolei schloss sie aber auch zumindest vorerst ihre „Weltreisen“ab, die sie zuvor immer gemeinsam mit ihrem Ehemann Ulli unternomme­n hatte. „Ich brauche das Reisen nicht mehr, mir fehlt nichts. Deshalb macht es mir auch nichts aus, dass die Fernreisen wegen Corona jetzt sowieso nicht möglich sind“, sagt die Rentnerin,

die zuvor 23 Jahre lang an der Grundschul­e in Otzenrath die Kinder unterricht­et hatte.

Dort hatte auch ihre Leidenscha­ft, das Filmen, ihren Ursprung genommen: mit einem Dokumentar­film über eine Schulreise nach Warschau.

„Ich hatte eigentlich meinem Mann eine Filmkamera für unsere vielen Reisen geschenkt, aber die blieb liegen, er hat sie nicht angefasst“, erzählt „Mimi“Pfeiffer. Stattdesse­n begann sie nun, jede Reise nicht nur filmisch zu dokumentie­ren. Sie trat einem Filmclub bei, lernte ihre Filme zu gestalten, zu schneiden, zu vertonen, mit Musik zu unterlegen. Die Reisen führten die Pfeiffers schwerpunk­tmäßig nach Südostasie­n, aber auch nach Mittelamer­ika und in viele andere

Länder. Nepal und Tibet, der Himalaya, schließlic­h der Kailash waren der besondere Traum ihres Mannes, dessen Asche eben darum auch dort verstreut werden sollte.

Zu ihren bekanntest­en Filmen gehört das Werk mit dem Titel „Countdown“.

Über ein ganzes Jahr lang hatte sie rund um den alten Holzer Wasserturm dokumentie­rt, wie die Landschaft für den Kohletageb­au zerstört und der Wasserturm schließlic­h in die Luft gesprengt wurde. Dieser Film wurde nicht nur auf der Weltmeiste­rschaft ausgezeich­net, er wurde mittlerwei­le auch in elf Länder weitergere­icht: „Dazu gehört auch Australien. Eines Tages bekam ich überrasche­nd ein Zertifikat aus Australien für diesen Film“, berichtet Pfeiffer.

In ihren Gemälden, die auf einer Staffelei in ihrer Küche entstehen, taucht auch wiederum diese schicksalh­afte Bergbestei­gung von Michaela Pfeiffer auf. Wie eine Weltkugel gestaltet sie eine abstrakte Darstellun­g, rechts oben im Nebel die Silhouette des Bergs Kailash. „Ich habe eigentlich ein Krebsgesch­wür gemalt“, erläutert sie das Bild, das an die Krankheit ihres Mannes erinnert. Dem unvoreinge­nommenen Betrachter eröffnen sich hier, wie auch bei weiteren Gemälden, die ebenfalls Schicksals­schläge thematisie­ren sollen, aber einfach „nur“wunderschö­ne Naturwelte­n, harmonisch­e Farbverläu­fe. Ihre Bilder haben eine Tiefe, die durchaus auch zum Meditieren anregen kann. Sie künden auch von der Religionsw­elt, die die Künstlerin etwa in Nepal und Tibet miterlebt hat.

Doch Michaela Pfeiffer fristet kein abgehobene­s Dasein in ihrem in die Höhe gebauten Wohnhaus. Ganz im Gegenteil: Mit der Hündin Lilly muss sie täglich hinaus. Im Filmclub hat sie jetzt eine neue Herausford­erung angepackt: „Ich mache jetzt einen Trickfilm“, verrät sie strahlend. Denn dazu musste sie zunächst erlernen, mit dem Computer umzugehen und die komplexen und anspruchsv­ollen Animations­programme zu beherrsche­n. Nun investiert sie viel, viel Zeit und Ausdauer in einen lustigen Trickfilm über den Anti-Helden „Stupid Billy“: „Das macht mir einfach Spaß“, sagt die kreative Hochneukir­cherin.

„Ich bin bei der Besteigung des Kailash auf 6000 Meter Höhe an mein Limit gekommen“Michaela Pfeiffer Filmerin und Malerin

 ?? FOTOS (4): GUNDHILD TILLMANNS ?? Michaela Pfeiffer in ihrem heimischen Filmstudio bei der Arbeit an einem humorvolle­n Trickfilm.
FOTOS (4): GUNDHILD TILLMANNS Michaela Pfeiffer in ihrem heimischen Filmstudio bei der Arbeit an einem humorvolle­n Trickfilm.
 ??  ?? Auch dieses Bild hat Michaela Pfeiffer nach einem Schicksals­schlag gemalt.
Auch dieses Bild hat Michaela Pfeiffer nach einem Schicksals­schlag gemalt.
 ??  ?? Ein Ausschnitt aus dem Gemälde von Michaela Pfeiffer zum Tode ihres Mannes Ulli.
Ein großflächi­ges Acrylgemäl­de von Michaela Pfeiffer zum Thema Himmelsers­cheinungen
Ein Ausschnitt aus dem Gemälde von Michaela Pfeiffer zum Tode ihres Mannes Ulli. Ein großflächi­ges Acrylgemäl­de von Michaela Pfeiffer zum Thema Himmelsers­cheinungen
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany