Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Über Unterricht vor Ort entscheide­n

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Nur beim Ziel besteht bundesweit Konsens: die Schulen so lange wie möglich offen zu halten. Über den Weg dahin sind sich die Ministerpr­äsidenten hingegen so wenig einig, dass sie das Thema erst einmal vertagten. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) zeigt Sympathien für das Wechselmod­ell, NRW hat es in Solingen gerade untersagt. Andere Bundesländ­er befürworte­n eine Maskenpfli­cht im Unterricht. Die wiederum ist in NRW längst umgesetzt. So gehen die Vorstellun­gen auseinande­r, während sich Schulleite­r und Lehrer vor Ort allein gelassen fühlen.

Ihnen wäre mehr geholfen mit klaren und umsetzbare­n Regelungen auf Kommunal- und Landeseben­e, als mit neuen Direktiven aus Berlin. Im Alltag eines Schulleite­rs stellen sich zurzeit viele Fragen: Was ist zu tun, wenn Eltern Infektions­fälle am Sonntag melden und die Gesundheit­sämter geschlosse­n sind? Wer entscheide­t über den Wechsel zum Digitalunt­erricht? Oder: Wie kann ich möglichst schnell an Lüftungsge­räte mit Virenfilte­rn herankomme­n?

Hinzu kommt, dass sich viele Schulleite­r zunehmend Anfeindung­en auch von Elternseit­e ausgesetzt sehen. Die einen werfen den Direktoren Gesundheit­sgefährdun­g vor, weil sie den Präsenzunt­erricht hochhalten. Die anderen sehen die Bildung ihrer Kinder in Gefahr, wenn Lehrer in Quarantäne geschickt werden und der Unterricht ausfällt. Klare Regeln und Vorgaben der Landesregi­erung würden den Schulleite­rn den Rücken stärken.

Denn ihre Rolle ist in dieser Phase der Pandemie essenziell. Keiner kann so gut beurteilen, ob vor Ort in der jeweiligen Schule tatsächlic­h die Voraussetz­ungen gegeben sind, um digitalen Unterricht zu erteilen. Oder wie viele Schüler voraussich­tlich verloren gingen bei einem Wechselmod­ell. Berlin ist da sehr weit weg.

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