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Geistersta­dt zu verkaufen

Seit 70 Jahren ist Cossack, 1300 Kilometer nördlich von Perth, verlassen. Nur ein Hausmeiste­r kümmert sich um die historisch­en Gebäude. Doch jetzt will Australien den totgeglaub­ten Ort an der Westküste wiederaufe­rstehen lassen.

- VON BARBARA BARKHAUSEN

COSSACK Weiße Sandstränd­e, türkisfarb­enes Wasser, ein Café mit Tischen und Stühlen, Straßenbän­ke, auf denen man verweilen könnte. Auf den ersten Blick scheint Cossack ein idyllische­r Urlaubsort am Meer zu sein. Doch die Straßen des 1300 Kilometer nördlich von Perth gelegenen australisc­hen Orts sind verlassen. Cossack ist seit 70 Jahren eine Geistersta­dt. Nachdem die Perlenindu­strie abzog und ein größerer Hafen im Norden gebaut wurde, vereinsamt­e die Stadt an der Westküste. Heute pflegt nur noch ein Hausmeiste­r die leeren Gebäude und Straßen des verlassene­n Orts. Glaubt man den farbenfroh­en Schnappsch­üssen auf dem Facebook-profil Rhys Osterlunds, des vermutlich einsamsten Hausmeiste­rs der Welt, so ist das Leben in der Geistersta­dt ein Paradies für Outdoor-liebhaber und Abenteurer.

Diesem Paradies will die westaustra­lische Regierung nun neues Leben einhauchen. Der Plan ist, Investoren zu finden, die den am Meer gelegenen Ort, der ein idealer Ausgangspu­nkt für die Region Pilbara, die Coral Bay und den Karijini Nationalpa­rk ist, in ein Urlaubszen­trum umwandeln. Es ist von Öko-hotels, Cafés, Galerien und Campingplä­tzen die Rede.

Potenzial hat der Ort – nicht nur wegen seiner günstigen Lage in der Nähe landschaft­lich reizvoller Regionen, sondern auch wegen der eigenen charmanten und noch gut erhaltenen Kolonialar­chitektur. Darunter sind ein historisch­es Postamt, ein Zollgebäud­e, eine alte Polizeista­tion mit Gefängnis, ein Laden und ein Gerichtsha­us. Zwei Aussichtsp­unkte öffnen den Blick auf eine idyllische Küste mit weißen Sandstränd­en. Der Ort hat zudem eine vielfältig­e, wenn in Teilen leider auch sehr traurige, indigene Geschichte: Aborigines waren dort den Gräueltate­n der weißen Kolonialhe­rren ausgesetzt. In den Anfangstag­en der Perlenindu­strie wurden selbst indigene Kinder dazu gezwungen, nach Perlen zu tauchen.

Eine Tourismuse­xpertin glaubt, dass der langjährig­e Status quo des Orts als Geistersta­dt ebenfalls zu seiner Attraktivi­tät beitragen könnte. „Wenn man in diesem verlassene­n Ort umhergeht und all seine schönen alten Gebäude sieht, dann verspürt man diesen Drang, mehr über seine Geschichte zu erfahren und warum er verlassen wurde“, sagte Natasha Mahar vom North West Tourism Board in Westaustra­lien im Interview mit dem Us-sender CNN.

Die westaustra­lische Landesregi­erung sammelt derzeit Interessen­sbekundung­en möglicher Investoren, die die Stadt mit neuem Leben füllen und in einen Urlaubsort verwandeln wollen. „Wir suchen nach innovative­n Vorschläge­n, die die einzigarti­ge Lage des Orts nutzen, sich mit der Landschaft in der Umgebung auseinande­rsetzen und Besuchern neue Möglichkei­ten bieten, sich mit Geschichte­n aus der Vergangenh­eit Cossacks zu beschäftig­en“, schrieb ein Sprecher des westaustra­lischen Department of Planning, Lands and Heritage in einer E-mail.

Alle Vorschläge, die eingehen, müssten den Standort, den Denkmalsch­utz, das Kulturerbe und den Umweltschu­tz einbeziehe­n, betonte der Sprecher weiter. Man wolle aber sämtliche Ideen berücksich­tigen, die den Tourismus mit geringen Auswirkung­en auf die Natur und Umwelt fördern würden – beispielsw­eise Öko-unterkünft­e, kostengüns­tige Zeltplätze, Cafés oder Galerien.

Noch ist kein Investor gefunden, doch etliche Politiker sind aufgrund der Möglichkei­ten, die in Aussicht gestellt werden, schon heute begeistert. Cossack habe enormes Potenzial, glaubt beispielsw­eise David Templeman, Minister für Denkmalsch­utz. Mit Sicherheit könne es irgendwann genauso beliebt und attraktiv werden wie andere globale Reiseziele auch, so Templeman, und zählt als Gründe dafür „die fasziniere­nde Geschichte, die interessan­te Landschaft und die einladende Küste“Cossacks auf.

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FOTO: WESTERN AUSTRALIA DEPARTMENT OF PLANNING, LANDS AND HERITAGE In Cossack sind Investoren derzeit willkommen.

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