Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bierhoff setzt Löw unter Druck
Die öffentliche Debatte um die Beliebtheit des Nationalteams beschäftigt den DFB auch im Vorfeld des Länderspiels in Spanien am Dienstag.
LEIPZIG/SEVILLA (dpa) Dfb-direktor Oliver Bierhoff hat sich vor dem Endspiel um den Gruppensieg in der Nations League erneut sorgenvolle Gedanken über die Nationalmannschaft gemacht und dabei auch über die Zukunft von Joachim Löw gesprochen. „Am Ende des Tages müssen wir alle uns an Ergebnissen messen lassen. Das weiß Jogi auch“, sagte Bierhoff vor dem Abflug nach Spanien der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Der 52-Jährige schloss ein mögliches Ende des Langzeit-engagements Löws als Bundestrainer im kommenden Sommer nicht explizit aus. „Wir müssen nun auch die Stimmung ins Positive drehen. Den Weg, den der Bundestrainer eingeschlagen hat, gehe ich bis einschließlich der EM mit“, sagte Bierhoff. Löw hat noch einen Vertrag als Dfb-chefcoach bis zur WM 2022. Bereits zu Beginn der vergangen Woche hatte Bierhoff in einem Monolog über eine „dunkle Wolke“über der Nationalmannschaft gesprochen und eine zu kritische öffentliche Wahrnehmung beklagt.
Nach den Siegen gegen Tschechien (1:0) und die Ukraine (3:1) reist die Nationalmannschaft durchaus mit neuem Selbstbewusstsein als Tabellenführer in der Nations League zum letzten Länderspiel des Jahres von Leipzig nach Sevilla. Im dortigen Olympiastadion steht am Dienstag (20.45 UHR/ARD) das Rückspiel gegen Spanien an.
Nach dem Sprung auf Platz eins reicht der Löw-auswahl ein Remis, um sich als Gruppensieger die Teilnahme am Finalturnier im Oktober
2021 zu sichern. „Wir spielen in Spanien nicht auf einen Punkt, wir wollen das Spiel gewinnen und nicht irgendwas verteidigen“, kündigte der Bundestrainer eine mutige Spielweise an. Ähnlich äußerte sich auch Manuel Neuer, der mit seinem 96. Länderspiel zum alleinigen Dfb-rekordtorwart vor Sepp Maier und Oliver Kahn (86 Spiele) aufsteigen wird. Der Dfb-kapitän erwartet „ein Duell auf Augenhöhe.“Und kündigte wie sein Trainer an: „Wir sagen nicht, wir verwalten da irgendwie ein Ergebnis.“
Fehlen wird in der DFB-ELF Antonio Rüdiger. Der Innenverteidiger vom FC Chelsea sah gegen die Ukraine am Samstag seine zweite Gelbe Karte im Wettbewerb und ist gesperrt. Toni Kroos hat seine Gelbsperre hingegen abgesessen und kehrt in die Startformation zurück. Dort soll der Star von Real Madrid in seinem 101. Länderspiel mit Ilkay Gündogan im Mittelfeld für Stabilität sorgen und die schnelle deutsche Offensive um Leroy Sané, Serge Gnabry und Timo Werner in Szene setzen.
Die Partie im Corona-risikogebiet Andalusien ist Abschluss der Serie von insgesamt acht Länderspielen innerhalb von gut drei Monaten. Bislang ist die DFB-ELF bei drei Siegen und vier Unentschieden 2020 noch unbesiegt.
Die Qualifikation für das Finalturnier im Oktober 2021 wäre für Löws junge Auswahl sehr reizvoll. Weltmeister Frankreich steht als erster Teilnehmer schon fest. Belgien und Italien liegen wie Deutschland vor dem letzten Spieltag in ihren Gruppen vorne.
Das „Endspiel“in Spanien dürfte ein Willensakt werden – und auch eine Frage der Kraft beim dritten
Länderspiel in sieben Tagen. Jetzt könnte sich als klug erweisen, dass Löw zahlreiche Stammkräfte wie die fünf Münchner Profis beim Testspiel gegen Tschechien schonte. Besonders ausgeruht dürfte dabei Toni Kroos sein.
Gegen Spanien könnte Löw eine Premiere in seinen mittlerweile mehr als 14 Jahren als Bundestrainer feiern. Noch nie konnte der 60-Jährige ein Pflichtspiel gegen den Weltmeister von 2010 gewinnen. Der einzige Erfolg gelang vor genau sechs Jahren in einem Testspiel an einem regnerischen Abend in Vigo. Später Torschütze beim 1:0 war Kroos. Deutschland wartet sogar schon seit der Heim-em 1988 (2:0) auf einen Pflichterfolg gegen die Iberer. Doppeltorschütze in München war damals Rudi Völler. Ein Sieg würde nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch Bierhoff besänftigen.