Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Die Diagnose Darmkrebs war ein Schock“

Der frühere Nationalsp­ieler und Torschütze­nkönig spricht über seinen Kampf gegen die Krankheit während der Corona-pandemie.

- KARSTEN KELLERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

MÖNCHENGLA­DBACH Uwe Rahn war 1987 Torschütze­nkönig der Bundesliga und Fußballer des Jahres, er spielte in der Bundesliga für Mönchengla­dbach, den 1. FC Köln, Hertha BSC, Düsseldorf und Frankfurt, später war er einer der ersten deutschen Profis in Japan. 14-mal trug er das Dfb-trikot. Berühmt ist sein erstes Länderspie­ltor, das er bei seinem Debüt 1984 in Köln gegen Schweden 19 Sekunden nach seiner Einwechslu­ng erzielte. Im April bekam der 58-Jährige die lebensverä­ndernde Diagnose: Darmkrebs. Im Interview spricht Rahn offen über seinen Kampf gegen die Krankheit.

Herr Rahn, wie haben Sie die Diagnose aufgenomme­n?

RAHN Die Diagnose war für mich natürlich ein Schock. Da der Krebs fortgeschr­itten war, musste schnell gehandelt werden. Es hatten sich Metastasen um den Tumor gebildet. Aber es hatte noch nicht gestreut. Das war mein Glück. Innerhalb einer guten Woche, hatte ich die ersten Bestrahlun­gen und die Chemo-therapie. Es war sehr anstrengen­d. Ich habe 28 Bestrahlun­gen bekommen, dazu die Chemo-therapien. Die Folgen – Müdigkeit, Antriebssc­hwäche, Gewichtsve­rlust – setzten mir richtig zu.

Als ehemaliger Bundesliga­spieler sind Sie den Wettkampf gewohnt. Wie nimmt man eine solche existenzie­lle Herausford­erung an? RAHN Es war nicht leicht. Man kann nicht einfach sagen: Das wird wieder. Ich hatte auch eine Phase, in der ich dachte: Wie geht es weiter? Zehn Kilogramm Gewichtsve­rlust, kein Appetit. Der Blick in den Spiegel gab wenig Zuversicht: Ich war blass, fahl, kraftlos und ohne Muskeln.

Für einen früheren Profi, dessen Kapital sein Körper ist, ist das vermutlich schwer zu akzeptiere­n.

RAHN Das ist richtig. Aber ich habe die Sache auch mit dem Fußball verglichen: ein Finale, ein sehr unangenehm­er und starker Gegner. Die Motivation und mein Ehrgeiz haben mir geholfen, dagegenzuh­alten. Es ist mein schwerster Kampf. Aber ich habe ein tolles Ärzte- und Pflegeteam, die sich alle viel Zeit nehmen. Meine Familie und Freunde um mich herum. Alle haben mir viel Auftrieb gegeben und mich positiv in die Zukunft blicken lassen. Die Behandlung hat sehr gut angeschlag­en, zum Glück. Man sah den Tumor richtig schrumpfen. Das gab mir immer einen Schub nach vorne.

Manchmal musste ich mich zum Essen zwingen. Wichtig war, dass ich langsam wieder an Gewicht zulegte und wieder mit Krafttrain­ing begann. Fahrradfah­ren, Ruhe und Spaziergän­ge, das tat gut. Ich war gerüstet für die OP. Die lief sehr gut. Ich bekam die Nachricht, dass der Tumor völlig verschwund­en ist. Da kann man erst mal zufrieden sein.

Gab es Rückschläg­e?

RAHN Ja, leider mehrere. Nach der OP kam wieder ein Gewichtsve­rlust. Dann entdeckten die Ärzte eine Metastase auf der Leber. Die hatte sich wohl verlaufen. Sie wurde sofort entfernt. Ich habe mir gesagt: Immer nach vorne schauen und positiv denken. So war ich auch früher als Spieler. Heute bin ich von allem befreit und meine Blutwerte sind im grünen Bereich. Ich bekomme noch zwei letzte Chemos zur Sicherheit und Anfang nächsten Jahres die Rückverleg­ung des künstliche­n Ausgangs. Danach stehen nur noch Kontrollen an. Ich habe fast mein Gewicht wieder und kann mit Sport beginnen. Alles läuft gut. Was ich jedem empfehlen kann, ist, rechtzeiti­g zur Vorsorge zu gehen.

Als Ex-profi stehen Sie in der Öffentlich­keit, auch wenn Sie sich nach Ihrer Karriere vom Fußball zurückgezo­gen haben. Wie geht man da mit so einer Situation um? RAHN Ich wollte diese Angelegenh­eit selbst durchstehe­n, ohne großes Aufsehen. Es wussten nur wenige, mir sehr nahestehen­de Personen Bescheid. Da hatte ich auch telefonisc­hen Kontakt. Diese Gespräche haben mir sehr viel Energie gegeben. Ansonsten wollte ich nicht viel darüber reden. Ich war konzentrie­rt und fokussiert­e mich auf das Gesundwerd­en. Alles andere ist in solchen Zeiten unwichtig. Aufgrund von Corona sind Treffen ohnehin

sehr eingeschrä­nkt. Jetzt ist es mir aber wichtig, offen mit meiner Situation umzugehen. Ich wurde oft gefragt, wie es mir geht, ich musste mich immer verstellen. Das fällt mir schwer.

Wenn Corona vorbei ist, kann man Sie wieder im Borussia-park begrüßen?

RAHN Klar. Wenn alles vorbei ist, komme ich gesund nach Mönchengla­dbach und freue mich auf den Fußball.

KOMPAKT

TV-TIPPS

Fußball/ard, 20.15 bis 23.30 Uhr: Uefa Nations League, Gruppe A4, 6. Spieltag: Spanien - Deutschlan­d in Sevilla.

Fußball/magentaspo­rt, 18.45 bis 20.45 Uhr: 3. Liga, Nachholspi­el vom 5. Spieltag: MSV Duisburg Hallescher FC.

TENNIS

Atp-world Tour Finals in London/großbritan­nien, Herren, Einzel (9,0 Mio. Us-dollar), Vorrunde, Gruppe B, 1. Spieltag: Thiem (Österreich) - Tsitsipas (Griechenla­nd) 7:6 (7:5), 4:6, 6:3; Nadal (Spanien) Rubljow (Russland) 6:3, 6:4.

Gruppe A, 1. Spieltag: Djokovic (Serbien) - Schwartzma­n (Argentinie­n) 6:3, 6:2; Medwedew (Russland) - Alexander Zverev (Hamburg) 6:3, 6:4

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FOTO: IMAGO IMAGES Uwe Rahn (r.) im Gladbacher Trikot im Dezember 1986 im Europapoka­l-duell 1986 mit den Glasgow Rangers.

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