Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neue Leitung in der Ambulanz für Kinderschu­tz

Mike Clausjürge­ns tritt zum 1. Dezember die Nachfolge von Viola Meurer-blasius in der Einrichtun­g an.

- VON BÄRBEL BROER

NEUSS Die Ambulanz für Kinderschu­tz (AKS) auf dem Gelände des Lukaskrank­enhauses war bundesweit die erste Fachberatu­ngsstelle gegen sexuellen Missbrauch, als sie vor 32 Jahren auf Initiative des Jugendhilf­eausschuss­es der Stadt Neuss gegründet worden war. 27 Jahre lang leitete die Diplom-psychologi­n Viola Meurer-blasius die AKS. Ende November geht sie in Ruhestand und übergibt den Staffelsta­b an ihren Nachfolger, den Diplom-pädagogen Mike Clausjürge­ns.

Als Meurer-blasius ihr Amt angetreten hatte, hatten sich neben Neuss die Städte Dormagen, Grevenbroi­ch, Kaarst, Korschenbr­oich sowie Jüchen und Rommerskir­chen bereits angeschlos­sen. Sie unterstütz­en und finanziere­n die AKS, die unter der Trägerscha­ft der Evangelisc­hen Jugend- und Familienhi­lfe ggmbh steht. Neben den Opern von sexuellem Missbrauch kümmert sich das fünfköpfig­e Team auch um Kinder und Jugendlich­e, die von Misshandlu­ng, Verwahrlos­ung und häuslicher Gewalt unter Erwachsene­n betroffen sind. „Wer sich Sorgen um ein Kind oder einen Jugendlich­en macht, kann kommen“, so Meurer-blasius. Kinder würden sich in ihrer Not vielseitig zeigen, sagt sie. Wem auffalle, dass es einem Kind nicht gutgehe, dass es sich verändere, kann ganz niederschw­ellig Kontakt aufnehmen.

40 Prozent der Hilfesuche­nden sind Verwandte oder Bekannte. „Das können Eltern, Großeltern, aber auch Freunde oder Nachbarn sein“, erklärt Clausjürge­ns. Weitere 40 Prozent sind pädagogisc­he Fachkräfte wie Erzieher, Lehrer, Kinderärzt­e, Schulsozia­l- oder Jugendamts­mitarbeite­r. Direkte Kontaktauf­nahme durch Kinder oder Jugendlich­e erfolgt in 20 Prozent der Fälle. „Wir sind keine Krisenstel­le und dürfen auch keine Kriseninte­rvention leisten“, stellt Meurer-blasius klar. „Aber jedem, der anruft, bieten wir Hilfe an.“Bei den Bürgern sei die AKS vielleicht weniger bekannt, gibt sie zu. „Wir sind aber eine feste Größe im Kreis.“

Das belegen auch die Zahlen: Allein 2019 sind der AKS 686 Kinder und Jugendlich­e benannt worden. „Das sind pro Tag zwei mögliche

Kinderschi­cksale.“Eng vernetzt arbeitet die AKS mit Jugendämte­rn, Beratungss­tellen, Gutachtern und der Polizei. Stolz ist Meurer-blasius, dass zu diesem Netzwerk seit vergangene­m Jahr auch die Familienri­chter zählen. „Sie müssen oft Entscheidu­ngen über das Schicksal der Kinder treffen.“Welche Bedeutung die AKS über den Kreis hinaus hat, zeigte sich erst kürzlich: Viola Meurer-blasius war von der neuen Kinderschu­tzkommissi­on, die im Landtag NRW nach den schweren Missbrauch­sskandalen gegründet worden ist, geladen worden, um als Sachverstä­ndige zu berichten.

Zum 1. Dezember wird Mike Clausjürge­ns die Leitung der Fachberatu­ngsstelle übernehmen. Der 47-Jährige arbeitet zwei Jahren bei der AKS. Zuvor war er bereits in einer Mädchenwoh­ngruppe intensivth­erapeutisc­h, später als Traumather­apeut für Flüchtling­e tätig. Clausjürge­ns freut sich auf die „spannende Stelle, für die er leidenscha­ftlich, aber notfalls auch kämpferisc­h arbeiten will“.

Er ist der erste Mann, der in der AKS arbeitet. Wer nun aber mutmaße, „kaum sei ein Mann da, übernehme dieser auch gleich die Leitung“, liege falsch. Clausjürge­ns: „Ich wurde vom gesamten Team ausgewählt.“

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FOTO: WOI Auf Viola Meurer-blasius folgt Mike Clausjürge­ns bei der Ambulanz für Kinderschu­tz.

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