Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Latein ist nicht so tot, wie alle sagen!
Lingua latina mortua est – Latein ist tot. So heißt es jedenfalls im Allgemeinen. Stimmt es also, dass wir die Sprache guten Gewissens zu den Akten legen könnten? Veto! Ich möchte vier Gründe nennen, warum ich vom Gegenteil überzeugt bin.
Primo loco – an erster Stelle – steht das Weltverständnis. Ich besuche seit der sechsten Klasse den Lateinunterricht. Seitdem kann ich conscientae bonae – guten Gewissens – behaupten, die deutsche Sprache besser zu verstehen. Und auch wer neue Sprachen lernen will, hat mit Lateinkenntnissen deutliche Vorteile.
Secunda – als Zweites – wäre da das Wissen, das Latein vermittelt. Im Unterricht lernte ich neben Latein beispielsweise die Lebensweise der Römer, ihr Staatssystem und ihre Mythologie kennen. Zudem verstehe ich teilweise die Bedeutung von mir unbekannten Wörtern, da ich sie aus dem Lateinischen herleiten kann. Warum die lieferbaren Toiletten jedoch Dixi heißen, was übersetzt „Ich habe gesprochen“bedeutet, darüber kann man nur mutmaßen.
Tertiam – zum Dritten – möchte ich die Weisheit Roms anbringen. Wusstet ihr, dass Seneca einst sagte: Non vitae, sed scholae discimus! Was so viel heißt wie: Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir. Dem armen Philosophen wurden mit der Zeit einfach die Worte im Mund verdreht.
Postremo – zuletzt: Warum habe ich wohl ständig lateinische Phrasen eingebaut? Um anzugeben! Und keine Sprache bietet sich dafür so schön an wie Latein. Darum legt sie nicht zu voreilig ad acta. Dixi. Markus Hoppe