Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Mit klappernden Zähnen im Unterricht
Wenn die Schule zum Überlebenskampf wird: Die Herausforderungen des Corona-winters in deutschen Klassenzimmern sind nicht zu unterschätzen.
Zu den Aha-maßnahmen (Abstand, Hygiene und Alltagsmaske) ist seit dem Herbst noch ein L hinzugekommen. L steht für Lüften. Auch im Klassenzimmer, auch bei winterlichen Temperaturen unter 10 Grad. Jetzt scheint es hart auf hart zu kommen und nur diejenigen unter euch, die im Besitz einer dick gefütterten Daunen-jacke sind, werden es wohl überleben. Bei den geöffneten Fenstern im Unterricht wird so manch unglücklicher Schüler zum Eisklotz werden, denn die eisige Winterkälte naht. Vielleicht können extraflauschige Atemschutzmasken und die altbekannten gefütterten Stiefel Abhilfe schaffen?
Ein Horrorszenario: Der Unterrichtsraum wird in den Wintermonaten zu einem mehrklassigen System. Die unterste Schicht sitzt mit dem kleinsten Abstand zum offenen Fenster und trägt die dünnsten Jacken. Die Glücklicheren sitzen möglichst weit weg vom Fenster, mollig warmgehalten von den selbst gestrickten Handgelenkwärmern von Oma. Was man sich zu Weihnachten wünscht? Die Expeditions- und Polarjacke aus dem Outdoorgeschäft, ist doch klar! Und als ob mehrere Stunden Unterricht mit offenem Fenster noch nicht genug wären, sagen die Lehrer zum Pausenklingeln: „Raus mit euch an die frische Luft!“An Sadismus kaum zu übertreffen.
Und an die Vorzeigeschüler, die mit dem Fahrrad zur Schule kommen, um den Aerosolen im öffentlichen Nahverkehr zu entgehen, denkt natürlich auch wieder keiner. Verschwitzt und hechelnd inhalieren sie voller guter Vorsätze ihre Baumwollmaske und beten, dass sie davon keine Pickel bekommen. Was war noch mal gegen die Maskenpflicht im Unterricht einzuwenden?
Neben all diesen Frier- und Pickelproblemen soll man sich als Schüler nun auch noch auf chemische Formeln und Gedichtanalysen konzentrieren. Weil das ja schließlich superwichtig für das spätere Leben ist. Für das Leben nach Corona … Wollen wir es hoffen.