Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Dem Rat wird Politik auf Tablets serviert
Schwere Unterlagenstapel waren gestern: Jetzt starten die Gremien in eine digitale Zukunft.
GREVENBROICH Am Donnerstag ist Feuertaufe: Mit seiner konstituierenden Sitzung in der Dreifach-Turnhalle von Gustorf leitet der Stadtrat das Ende der Papierzeit ein. Alle Politiker werden statt eines dicken Unterlagenstapels ein schmales graues Mäppchen vor sich auf den Tisch legen. Politik wird in Grevenbroich ab sofort auf einem Tablet-Computer serviert. Es startet die digitale Ratsarbeit.
Rund 80.000 Euro hat Grevenbroich dafür in Apple iPad- Pro-Geräte mitsamt Hülle und digitalem Stift investiert. Dagegen stehen nach Auskunft der Stadt Einsparungen an Papier- und Versandkosten von 15.900 Euro pro Jahr. Innerhalb dieser Wahlperiode sollen die Anschaffungskosten der Tablets durch Einsparungen an anderer Stelle wieder herausgearbeitet werden.
Das wurde seit Jahresbeginn von den Mitarbeitern des Büros für Ratsund Bürgerangelegenheiten vorbereitet. Zunächst musste das Ratsinformationssystem modernisiert werden. Gleichzeitig beschloss der Ältestenrat, die Apple-Geräte anzuschaffen. 60 Stück – dafür gab es einen Sonderpreis. Die teureren Tablets bieten eine bessere Bedienbarkeit und müssen nicht bereits nach einigen Jahren ersetzt werden, weil es keine Updates mehr gibt.
In den vergangenen Wochen wurden die 50 Ratsmitglieder in drei Gruppen geschult. Auch in diesem Punkt bildet der Rat die Bevölkerung
ab: Da gibt es Digitalexperten und solche, die dem Computer noch nicht bestens befreundet sind. Wer die Ratssitzung am Donnerstag besucht, kann gleich sehen, ob die zweistündige Einführung in die papierlose Ratsarbeit jeden Bürgervertreter erreicht hat. Da es in der Gustorfer Turnhalle kein WLAN gibt, müssen sich die Politiker vorab alle
Unterlagen vom Rathaus-Server auf ihre Geräte herunterladen. Mit dem beiliegenden Stift können sie die Unterlagen und Anträge dann bearbeiten, als lägen sie ausgedruckt auf Papier vor ihnen: Kritische Passagen können unterschlängelt, unverständliche Begriffe mit einem Fragezeichen markiert und die Position der eigenen Fraktion zur Vorsicht notiert werden.
Für all diese Notizen wurde jedem Ratsherren ein persönlicher Speicherplatz auf der Cloud des kommunalen Rechenzentrum ITK angelegt. „Wenn ein Gerät mal verlorengehen sollte oder es einen technischen Defekt gibt, sind diese persönlichen Anmerkungen aus Cloud abrufbar“, erläutert Sascha Voigt vom Rats-Büro.
FDP-Mann Markus Schumacher lobte die Vorarbeit der Verwaltung: „Damit sollte jedem Kollegen der Start gelingen.“Schumacher nimmt für sich in Anspruch, die digitale Ratsarbeit auf den Weg gebracht zu haben. Ab sofort gibt es von jeder Rats- oder Ausschusssitzung nur noch ein Schriftstück auf Papier – das unterschriebene Protokoll der Sitzung. Fürs Stadtarchiv.