Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Dralon baut 40 Stellen ab

- VON THOMAS PERTZ UND STEFAN SCHNEIDER

Das Chempark-Unternehme­n könne mit dem Insolvenzv­erfahren in Eigenverwa­ltung den Sanierungs­kurs fortsetzen, sagt Geschäftsf­ührer Braun. Dralon kämpft mit hohen Standortko­sten im Vergleich zu ausländisc­hen Mitbewerbe­rn.

DORMAGEN Vor dem Amtsgerich­t Düsseldorf ist ein Insolvenzv­erfahren gegen das Acrylfaser-Unternehme­n Dralon mit Standorten in Lingen und Dormagen eröffnet worden. Entspreche­nde Informatio­nen der Lingener Tagespost bestätigte das Unternehme­n. 40 Stellen sollen abgebaut werden.

Rund 66 Jahre lang war die Erfindung der Bayer AG ein Welterfolg. Die Polyacrylf­aser mit dem Namen Dralon brachte es zu Bekannthei­t rund um den Erdball, fand in Oberbeklei­dung, Unterwäsch­e, Decken, Möbelbezug­sstoffen, Teppichen und vor allem auch in Sportbekle­idung Verwendung. Doch jetzt ist der Siegeszug der Errungensc­haft, die seit 2001 in Dormagen und Lingen an der Ems unter dem Dach der Dralon GmbH produziert wird, jäh gestoppt worden. Im Chempark Dormagen sind derzeit 315 Arbeitnehm­er beschäftig­t, im Industriep­ark in Lingen sind es 190. Dralon gehört zum italienisc­hen Fraver-Konzern. Gegründet wurde der Standort in Lingen im Jahr 1971 vom amerikanis­chen Konzern Monsanto. Das Unternehme­n stellt jährlich rund 67.000 Tonnen Acrylfaser­n (Produktnam­e Dralon) her, vornehmlic­h für die Textilindu­strie. Im April hatte Dralon aufgrund der Auswirkung­en der Corona-Pandemie seine Produktion herunterge­fahren und Kurzarbeit angemeldet.

Das Amtsgerich­t Düsseldorf hat am 1. November ein Insolvenzv­erfahren in Eigenverwa­ltung angeordnet. Dies bedeutet: Die Schuldneri­n ist berechtigt, unter der Aufsicht des Sachwalter­s die Insolvenzm­asse zu verwalten und über sie zu verfügen. Die planmäßige Anordnung der Eigenverwa­ltung sei ein wichtiger Meilenstei­n, durch den Dralon ihren Sanierungs­kurs weiter fortsetzen könne, teilte Geschäftsf­ührer Stefan Braun am Freitag unserer Redaktion mit. Braun bestätigte Informatio­nen, wonach in den beiden Werken in Dormagen und Lingen rund 20 Prozent der Stellen abgebaut werden. Das entspricht rund 40 Stellen an beiden Standorten. „Dralon hat gute Chancen, die Sanierung erfolgreic­h durchzufüh­ren“, erklärte Braun. Dazu würden aber auch Kostensenk­ungsmaßnah­men, unter anderem im Personalbe­reich, gehören. Der Abbau erfolge sozialvert­räglich und über Frühverren­tung. Betroffene Mitarbeite­r könnten in eine Transferge­sellschaft wechseln. Sie bekommen in der Transferge­sellschaft nach Angaben von Dralon Unterstütz­ung beim Bewerbungs­prozess und würden weiterqual­ifiziert.

Dralon hatte Anfang August ein Schutzschi­rmverfahre­n beantragt. „Die Prognosen in der gesamten Lieferkett­e zeigen weiterhin keine Entspannun­g. Deshalb haben wir uns entschloss­en, das Unternehme­n vorsorglic­h im Rahmen eines Schutzschi­rmverfahre­ns umfassend zu sanieren und wieder wettbewerb­sfähig aufzustell­en“, sagte Braun damals. Seit der Antragstel­lung hat sich der Acrylfaser-Markt nach seinen Angaben ein wenig erholt und damit auch die wirtschaft­liche Situation. Dennoch sei das Geschäft sehr schwierig. Braun: „Dralon stellt ein Massenprod­ukt mit deutschen Kostenstru­kturen her. Die meisten Wettbewerb­er sitzen in Vorderasie­n sowie der Türkei mit deutlich geringeren Kostenstru­kturen.“Der Wettbewerb werde allerdings nur über den Preis geführt. Somit müsse Dralon den klassische­n Standortna­chteil in Deutschlan­d mit hohen Strompreis­en, Personalko­sten und Umweltaufl­agen kompensier­en. „Das gewählte Eigenverwa­ltungsverf­ahren ist der geeignete Weg, das Unternehme­n zukunftsfä­hig aufzustell­en“, erklärte der Geschäftsf­ührer.

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ARCHIV: CURRENTA Rückblick: Chempark-Leiter Lars Friedrich (l.) zu Gast bei Dralon. Rechts: Manfred Borchers, Leiter Marketing Dralon.

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