Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Dralon baut 40 Stellen ab
Das Chempark-Unternehmen könne mit dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung den Sanierungskurs fortsetzen, sagt Geschäftsführer Braun. Dralon kämpft mit hohen Standortkosten im Vergleich zu ausländischen Mitbewerbern.
DORMAGEN Vor dem Amtsgericht Düsseldorf ist ein Insolvenzverfahren gegen das Acrylfaser-Unternehmen Dralon mit Standorten in Lingen und Dormagen eröffnet worden. Entsprechende Informationen der Lingener Tagespost bestätigte das Unternehmen. 40 Stellen sollen abgebaut werden.
Rund 66 Jahre lang war die Erfindung der Bayer AG ein Welterfolg. Die Polyacrylfaser mit dem Namen Dralon brachte es zu Bekanntheit rund um den Erdball, fand in Oberbekleidung, Unterwäsche, Decken, Möbelbezugsstoffen, Teppichen und vor allem auch in Sportbekleidung Verwendung. Doch jetzt ist der Siegeszug der Errungenschaft, die seit 2001 in Dormagen und Lingen an der Ems unter dem Dach der Dralon GmbH produziert wird, jäh gestoppt worden. Im Chempark Dormagen sind derzeit 315 Arbeitnehmer beschäftigt, im Industriepark in Lingen sind es 190. Dralon gehört zum italienischen Fraver-Konzern. Gegründet wurde der Standort in Lingen im Jahr 1971 vom amerikanischen Konzern Monsanto. Das Unternehmen stellt jährlich rund 67.000 Tonnen Acrylfasern (Produktname Dralon) her, vornehmlich für die Textilindustrie. Im April hatte Dralon aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie seine Produktion heruntergefahren und Kurzarbeit angemeldet.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat am 1. November ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angeordnet. Dies bedeutet: Die Schuldnerin ist berechtigt, unter der Aufsicht des Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen. Die planmäßige Anordnung der Eigenverwaltung sei ein wichtiger Meilenstein, durch den Dralon ihren Sanierungskurs weiter fortsetzen könne, teilte Geschäftsführer Stefan Braun am Freitag unserer Redaktion mit. Braun bestätigte Informationen, wonach in den beiden Werken in Dormagen und Lingen rund 20 Prozent der Stellen abgebaut werden. Das entspricht rund 40 Stellen an beiden Standorten. „Dralon hat gute Chancen, die Sanierung erfolgreich durchzuführen“, erklärte Braun. Dazu würden aber auch Kostensenkungsmaßnahmen, unter anderem im Personalbereich, gehören. Der Abbau erfolge sozialverträglich und über Frühverrentung. Betroffene Mitarbeiter könnten in eine Transfergesellschaft wechseln. Sie bekommen in der Transfergesellschaft nach Angaben von Dralon Unterstützung beim Bewerbungsprozess und würden weiterqualifiziert.
Dralon hatte Anfang August ein Schutzschirmverfahren beantragt. „Die Prognosen in der gesamten Lieferkette zeigen weiterhin keine Entspannung. Deshalb haben wir uns entschlossen, das Unternehmen vorsorglich im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens umfassend zu sanieren und wieder wettbewerbsfähig aufzustellen“, sagte Braun damals. Seit der Antragstellung hat sich der Acrylfaser-Markt nach seinen Angaben ein wenig erholt und damit auch die wirtschaftliche Situation. Dennoch sei das Geschäft sehr schwierig. Braun: „Dralon stellt ein Massenprodukt mit deutschen Kostenstrukturen her. Die meisten Wettbewerber sitzen in Vorderasien sowie der Türkei mit deutlich geringeren Kostenstrukturen.“Der Wettbewerb werde allerdings nur über den Preis geführt. Somit müsse Dralon den klassischen Standortnachteil in Deutschland mit hohen Strompreisen, Personalkosten und Umweltauflagen kompensieren. „Das gewählte Eigenverwaltungsverfahren ist der geeignete Weg, das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen“, erklärte der Geschäftsführer.