Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Experten empfehlen spätere Einschulun­g

Immer mehr Kinder brauchen drei Jahre für die ersten beiden Schuljahre, weil sie nicht reif genug sind.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen gibt es neuen Streit um die Einschulun­g. Die Grünen im Landtag fordern, den Stichtag 30. September aufzugeben und auf den 30. Juni vorzuverle­gen. Bei Kindern, die zwischen dem 1. Juli und 30. September geboren sind, sollen nach dem Willen der Grünen-Opposition die Eltern entscheide­n können, ob sie ihr Kind noch im selben Jahr einschulen oder bis zum nächsten Schuljahr warten wollen.

NRW würde damit dem Beispiel anderer Bundesländ­er folgen wie etwa Bayern oder Niedersach­sen. Bisher müssen Kinder, die bis zum 30. September sechs Jahre alt werden, in NRW noch im selben Jahr eingeschul­t werden. Damit werden zum Teil auch Fünfjährig­e schulpflic­htig. Allerdings hatte NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) es zuletzt erleichter­t, Kinder unter Hinzuziehu­ng eines Arztes noch ein Jahr zurückzust­ellen, wenn die Eltern es wünschen. 95 Prozent der Anträge auf Rückstellu­ng werden dem Schulminis­terium zufolge positiv beschieden.

Dennoch plädierten bei einer Anhörung im Düsseldorf­er Landtag auf Antrag der Grünen-Fraktion die meisten geladenen Experten

dafür, den Einschulun­gsstichtag vorzuziehe­n. Es gebe immer mehr Kinder, die für die erste und zweite Klasse länger bräuchten, sagte die GEW-Landesvors­itzende Maike Finnern am Dienstag im Schulaussc­huss des Landtages. Die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedi­zin Karin Michael vom Netzwerk gegen Früheinsch­ulung, betonte, dass gerade Eltern mit geringem Bildungsst­and den bürokratis­chen Aufwand für eine Rückstellu­ng in NRW scheuten und ihre Kinder häufig zu früh einschulte­n. „Es sind vor allem die jungen Kinder, die aus der Kurve fliegen“, sagte Michael. In Klassen mit 30 Schülern seien es vor allem die Jüngsten, die mit Konzentrat­ionsund Wahrnehmun­gsstörunge­n zu kämpfen hätten. Teilweise hätten sie auch Monate nach Schulbegin­n noch Schwierigk­eiten, einen Stift richtig zu halten.

Das aktuelle Verfahren für Rückstellu­ngen in NRW sei viel zu komplizier­t, ergänzte die Kita-Angestellt­e Britta Czoske, ebenfalls vom

Netzwerk gegen Früheinsch­ulung. Unterstütz­t wird der Vorstoß der Grünen-Fraktion von über 40.000 Eltern mit einer Petition. Sie berufen sich dabei auch auf wissenscha­ftliche Hinweise wie etwa eine Resolution der Psychother­apeutenkam­mer NRW. Darin wird ebenfalls als Stichtag der 30. Juni gefordert, und die Einführung einer Korridorre­gelung. Neben Brandenbur­g ist Nordhrein-Westfalen noch das einzige Bundesland mit dem Stichtag 30. September.

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FOTO: THOMAS WARNACK/DPA Die Grünen fordern einen Einschulun­gstermin, der den Schulbegin­n für einige Kinder schon im Alter von fünf Jahren bedeutet.

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