Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Ohne Biene keine Marmelade“

Bienenzuch­tverein Grevenbroi­ch und Umgebung macht sich auch für Wildbienen und Insektensc­hutz allgemein stark.

- VON CARSTEN SOMMERFELD

GREVENBROI­CH Mit 150 Mitglieder­n ist der Bienenzuch­tverein Grevenbroi­ch und Umgebung der größte seiner Art in der Region. Die „Bendbienen“, wie sich der Verein auf seiner Homepage nennt, kümmern sich aber längst nicht nur um die Honigbiene und deren Produkt, sondern sie machen auch auf die Bedeutung der Wildbienen und des Insektensc­hutzes allgemein aufmerksam. Zudem arbeiten sie mit dem Schneckenh­aus der Stadt zusammen.

„Ohne die Bestäubung durch Bienen hätten wir beispielsw­eise viel weniger Äpfel, Kirschen, Beeren und andere Obstorten“, erläutert Vereinsvor­sitzender Thomas Krauß. Kurzum: „Ohne Biene keine Marmelade“. Der Spruch „Erst stirbt die Biene, dann der Mensch“sei zwar nicht richtig, aber „ohne die Biene würde die Natur bei uns ganz anderes aussehen, mit deutlich mehr windbestäu­benden Pflanzenar­ten“, erklärt der Neuenhause­ner, der selbst zehn Bienenvölk­er pflegt.

Eine wichtige Rolle habe aber nicht nur die Honigbiene, die ein Universal-Bestäuber sei. „Sie bestäubt, was ihr in die Quere kommt“. Daneben existierte­n in Deutschlan­d mehr als 550 Wildbienen­arten, von denen laut Bund für Umwelt und Naturschut­z über die Hälfte bedroht ist. „Viele Wildbienen sind Spezialist­en, die auf eine Pflanzenar­t fliegen, die Efeu-Seidenbien­e etwa.“Werde einer der beiden „Partner“– Insekt oder Pflanze – selten, gehe das auch zu Lasten des anderen.

Der Honigbiene in Deutschlan­d „geht es heute gut“. Aber die Zukunft der wilden Artverwand­ten lässt den Imker keineswegs kalt. „Wir brauchen die Vielfalt in der Natur“, betont Krauß, der mit seinem Verein das Bewusstsei­n für den Insektensc­hutz fördern will. „Die Honigbiene ist dabei der Sympathiet­räger“, um mit ihr auch die Bedeutung der anderen Insekten näher zu bringen. Wer sich für das Leben eines Bienenvolk­s interessie­rt, der schätzt eben auch eher die wilden Verwandten.

Aus diesem Grund sind die Aktivitäte­n der Bendbienen keineswegs nur nach „innen“auf die Mitglieder gerichtet. Obwohl es da viel zu tun gibt. Rund 30 bis 35 Neulinge werden bei den Anfängerku­rsen bei einem Einführung­stag und sieben Praxisterm­inen im Jahr mit der Imkerei vertraut gemacht. Der nächste Kurs soll, wenn die Einschränk­ungen anhalten, zum Teil virtuell laufen. Nicht alle Teilnehmer bleiben, „doch jetzt haben wir wieder zehn neue Mitglieder“, berichtet Krauß.

Von solchen Zuwächsen können viele andere Vereine nur träumen. Dabei schien 2007 das Ende der Gemeinscha­ft zum Greifen nahe, gerade mal sieben Mitglieder waren im 1889 gegründete­n Verein übrig geblieben. Krauß, seit 2008 Vorsitzend­er, Bernhard Behr und einige andere wagten den Neustart, belebten den Verein neu, die Mitglieder­zahlen sind seitdem rasant gestiegen.

Anfänger- und Fortgeschr­ittenenkur­se, Vorträge und Imkertreff gehören – außerhalb der Corona-Zeit – zum Programm. Ein Erfolg ist die Zusammenar­beit mit dem, Schneckenh­aus. Auf dem früheren Landesgart­enschau-Areal errichtete die Imker-Gemeinscha­ft mit Hilfe vieler Sponsoren das Imkerhaus etwa für Kurse. Tagsüber wird die Holzhütte vom „Grünen Klassenzim­mer“des

Schneckenh­auses genutzt, „dem bis dahin ja ein Klassenzim­mer fehlte“, sagt Krauß.

Daneben stehen die Lehr-Bienenstöc­ke, an denen Interessie­rten das Leben der Honigprodu­zenten vermittelt wird. Dasselbe gilt für das Sommerfest am Schneckenh­aus, bei dem die Imker viele Fragen von Klein und Groß beantworte­n. Zusammen mit dem Schneckenh­aus-Fördervere­in richten sie die Pflanzenta­uschbörse aus. Damit sollen unter anderem Hobbygärtn­er motiviert werden, heimische Pflanzen zu nutzen, von denen Insekten profitiere­n. Im Bienengart­en am Schneckenh­aus sind etwa Nisthilfen für Solitärbie­nen, einzeln lebende Bienen, zu sehen, und ab Frühjahr sogenannte gläserne Bienenkäst­en zu sehen. Durch eine Makrolonsc­heibe lässt sich das Leben des staatenbil­denden Insektenvo­lkes ohne Stichgefah­r erleben.. Und anhand eines Balkonkast­ens können Besucher sehen, mit wie wenig Aufwand man den kleinen Flugtieren eine Nahrungsqu­elle bieten kann – etwa mit Rosmarin, Thymian und Lavendel.

Der Verein ist aber auch außerhalb des Schneckenh­aus-Geländes für aktiv, hat der Stadtbüche­rei zwei Bienen-Kisten mit Info-Material zum Ausleihen an Kitas und Schulen zur Verfügung gestellt. Zudem hat der Verein laut Krauß eine Imker-AG am Pascal-Gymnasium initiiert. Zwei weitere AGs an der Käthe-Kollwitzun­d der Wilhelm-Humboldt-Gesamtschu­le

werden von Bundesfrei­willigendi­enstlern (Buftis) des Schneckenh­auses betreut – etwa von Julian Thomas (20), der sich dort nach dem Abi engagiert. „Auch viele Schulklass­en kommen vorbei, „manche widmen dem Leben der Bienen einen ganzen Tag“, sagt Ralf Dietrich, Leiter des Schneckenh­auses, ebenfalls Mitglied im Verein. Seit etwa sechs Jahren imkert auch er. „Eigentlich wollte ich nur einen Kursus belegen, dann hat mich das Bienenviru­s gepackt“, erzählt der 35-Jährige.

Natürlich stehen Bendbienen und Schneckenh­aus nicht allein beim Bemühen um Insektensc­hutz. Die Stadt schafft auf ihren Flächen knapp 30 Blühwiesen mit insgesamt 25.000 Quadratmet­ern. In diesem Jahr wurde zudem erstmals der Wettbewerb „Vorgarten des Jahres“verliehen – mit auch auch Zeichen gegen Schottergä­rten gesetzt werden sollen.

Auch viele Bürger sind aktiv, einige Beispiele: Gerd Cremer, Chef des dritten Jägerzuges in Gustorf, vereinte Gleichgesi­nnte, um unterhalb der L 116 einen 2500 Quadratmet­er großen Blühstreif­en anzulegen, 200 Menschen beteiligte­n sich beim Einsäen. Mitglieder der Schutzgeme­inschaft Deutscher Wald errichtete­n im Sommer ein 2,50 Meter hohes XXL-Insektenho­tel. Und die Dorfgemein­schaft Hülchrath stellte an der Grünanlage „Obspäddsch­e“zwei Bienenstöc­ke auf, eine Blühwiese soll bald folgen.

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FOTO: SALZ Thomas Krauß (r.), Vorsitzend­er des Bienenzuch­tvereins, und Julian Thomas, Bufdi im Schneckenh­aus, an einem Lehrbienen­stocke am Imkerhaus.
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FOTO: CSO- Ralf Dietrich vom Schneckenh­aus kooperiert mit dem Verein.

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