Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Ohne Biene keine Marmelade“
Bienenzuchtverein Grevenbroich und Umgebung macht sich auch für Wildbienen und Insektenschutz allgemein stark.
GREVENBROICH Mit 150 Mitgliedern ist der Bienenzuchtverein Grevenbroich und Umgebung der größte seiner Art in der Region. Die „Bendbienen“, wie sich der Verein auf seiner Homepage nennt, kümmern sich aber längst nicht nur um die Honigbiene und deren Produkt, sondern sie machen auch auf die Bedeutung der Wildbienen und des Insektenschutzes allgemein aufmerksam. Zudem arbeiten sie mit dem Schneckenhaus der Stadt zusammen.
„Ohne die Bestäubung durch Bienen hätten wir beispielsweise viel weniger Äpfel, Kirschen, Beeren und andere Obstorten“, erläutert Vereinsvorsitzender Thomas Krauß. Kurzum: „Ohne Biene keine Marmelade“. Der Spruch „Erst stirbt die Biene, dann der Mensch“sei zwar nicht richtig, aber „ohne die Biene würde die Natur bei uns ganz anderes aussehen, mit deutlich mehr windbestäubenden Pflanzenarten“, erklärt der Neuenhausener, der selbst zehn Bienenvölker pflegt.
Eine wichtige Rolle habe aber nicht nur die Honigbiene, die ein Universal-Bestäuber sei. „Sie bestäubt, was ihr in die Quere kommt“. Daneben existierten in Deutschland mehr als 550 Wildbienenarten, von denen laut Bund für Umwelt und Naturschutz über die Hälfte bedroht ist. „Viele Wildbienen sind Spezialisten, die auf eine Pflanzenart fliegen, die Efeu-Seidenbiene etwa.“Werde einer der beiden „Partner“– Insekt oder Pflanze – selten, gehe das auch zu Lasten des anderen.
Der Honigbiene in Deutschland „geht es heute gut“. Aber die Zukunft der wilden Artverwandten lässt den Imker keineswegs kalt. „Wir brauchen die Vielfalt in der Natur“, betont Krauß, der mit seinem Verein das Bewusstsein für den Insektenschutz fördern will. „Die Honigbiene ist dabei der Sympathieträger“, um mit ihr auch die Bedeutung der anderen Insekten näher zu bringen. Wer sich für das Leben eines Bienenvolks interessiert, der schätzt eben auch eher die wilden Verwandten.
Aus diesem Grund sind die Aktivitäten der Bendbienen keineswegs nur nach „innen“auf die Mitglieder gerichtet. Obwohl es da viel zu tun gibt. Rund 30 bis 35 Neulinge werden bei den Anfängerkursen bei einem Einführungstag und sieben Praxisterminen im Jahr mit der Imkerei vertraut gemacht. Der nächste Kurs soll, wenn die Einschränkungen anhalten, zum Teil virtuell laufen. Nicht alle Teilnehmer bleiben, „doch jetzt haben wir wieder zehn neue Mitglieder“, berichtet Krauß.
Von solchen Zuwächsen können viele andere Vereine nur träumen. Dabei schien 2007 das Ende der Gemeinschaft zum Greifen nahe, gerade mal sieben Mitglieder waren im 1889 gegründeten Verein übrig geblieben. Krauß, seit 2008 Vorsitzender, Bernhard Behr und einige andere wagten den Neustart, belebten den Verein neu, die Mitgliederzahlen sind seitdem rasant gestiegen.
Anfänger- und Fortgeschrittenenkurse, Vorträge und Imkertreff gehören – außerhalb der Corona-Zeit – zum Programm. Ein Erfolg ist die Zusammenarbeit mit dem, Schneckenhaus. Auf dem früheren Landesgartenschau-Areal errichtete die Imker-Gemeinschaft mit Hilfe vieler Sponsoren das Imkerhaus etwa für Kurse. Tagsüber wird die Holzhütte vom „Grünen Klassenzimmer“des
Schneckenhauses genutzt, „dem bis dahin ja ein Klassenzimmer fehlte“, sagt Krauß.
Daneben stehen die Lehr-Bienenstöcke, an denen Interessierten das Leben der Honigproduzenten vermittelt wird. Dasselbe gilt für das Sommerfest am Schneckenhaus, bei dem die Imker viele Fragen von Klein und Groß beantworten. Zusammen mit dem Schneckenhaus-Förderverein richten sie die Pflanzentauschbörse aus. Damit sollen unter anderem Hobbygärtner motiviert werden, heimische Pflanzen zu nutzen, von denen Insekten profitieren. Im Bienengarten am Schneckenhaus sind etwa Nisthilfen für Solitärbienen, einzeln lebende Bienen, zu sehen, und ab Frühjahr sogenannte gläserne Bienenkästen zu sehen. Durch eine Makrolonscheibe lässt sich das Leben des staatenbildenden Insektenvolkes ohne Stichgefahr erleben.. Und anhand eines Balkonkastens können Besucher sehen, mit wie wenig Aufwand man den kleinen Flugtieren eine Nahrungsquelle bieten kann – etwa mit Rosmarin, Thymian und Lavendel.
Der Verein ist aber auch außerhalb des Schneckenhaus-Geländes für aktiv, hat der Stadtbücherei zwei Bienen-Kisten mit Info-Material zum Ausleihen an Kitas und Schulen zur Verfügung gestellt. Zudem hat der Verein laut Krauß eine Imker-AG am Pascal-Gymnasium initiiert. Zwei weitere AGs an der Käthe-Kollwitzund der Wilhelm-Humboldt-Gesamtschule
werden von Bundesfreiwilligendienstlern (Buftis) des Schneckenhauses betreut – etwa von Julian Thomas (20), der sich dort nach dem Abi engagiert. „Auch viele Schulklassen kommen vorbei, „manche widmen dem Leben der Bienen einen ganzen Tag“, sagt Ralf Dietrich, Leiter des Schneckenhauses, ebenfalls Mitglied im Verein. Seit etwa sechs Jahren imkert auch er. „Eigentlich wollte ich nur einen Kursus belegen, dann hat mich das Bienenvirus gepackt“, erzählt der 35-Jährige.
Natürlich stehen Bendbienen und Schneckenhaus nicht allein beim Bemühen um Insektenschutz. Die Stadt schafft auf ihren Flächen knapp 30 Blühwiesen mit insgesamt 25.000 Quadratmetern. In diesem Jahr wurde zudem erstmals der Wettbewerb „Vorgarten des Jahres“verliehen – mit auch auch Zeichen gegen Schottergärten gesetzt werden sollen.
Auch viele Bürger sind aktiv, einige Beispiele: Gerd Cremer, Chef des dritten Jägerzuges in Gustorf, vereinte Gleichgesinnte, um unterhalb der L 116 einen 2500 Quadratmeter großen Blühstreifen anzulegen, 200 Menschen beteiligten sich beim Einsäen. Mitglieder der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald errichteten im Sommer ein 2,50 Meter hohes XXL-Insektenhotel. Und die Dorfgemeinschaft Hülchrath stellte an der Grünanlage „Obspäddsche“zwei Bienenstöcke auf, eine Blühwiese soll bald folgen.