Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Corona bedroht Chöre in ihrer Existenz

- VON GUNDHILD TILLMANNS

Mit Musikvideo­s versuchen zwar Chöre, wie das Projekt 007, sich über die Corona-Krise zu retten. Doch auch aus finanziell­en Gründen droht vielen das Aus. Vor allem Älteren fehlt auch das persönlich­e Chortreffe­n.

JÜCHEN Die Corona-Krise wächst sich immer mehr zu einem großen Problem für Chorleiter aus, wie Matthias Regniet weiß. Der Leiter des Jüchener Chorprojek­tes 007 und des Männerchor­es „MGsingt“versucht zwar weiterhin, mit der Produktion von Musikvideo­s und Online-Proben die Sänger bei der Stange zu halten. Doch seine Zwischenbi­lanz des zweiten Lockdowns klingt schon wesentlich pessimisti­scher als beim ersten Lockdown im Frühjahr: „Ich rechne zunächst mal nicht vor dem Sommer 2021 damit, dass wir wieder Auftritte planen und Präsenzpro­ben ansetzen können“, prognostiz­iert Regniet.

Vor allem bei den älteren Chorsänger­n stellt er fest, dass viele, obwohl sie über die computerte­chnischen Möglichkei­ten verfügten, nicht an den Online-Proben teilnehmen möchten. Denn die Chorproben seien für diese Mitglieder immer mit einem anschließe­nden geselligen Beisammens­ein verbunden gewesen. Ein weiterer Aspekt seien die Chorbeiträ­ge: Bei Chören, die das Gehalt des Chorleiter­s über die Beiträge aufbringen müssten, überlegten etliche Mitglieder inzwischen, sich diese Kosten zu sparen und die Mitgliedsc­haft aufzugeben. Anders sei die Situation beim Chorprojek­t 007, das aus einer Initiative der ehemaligen Jüchener Realschule entstanden war: „Da entstehen keine Kosten, das Chorprojek­t ist Ehrenamt für mich“, betont er.

Anders ist auch die Situation bei 007, was die Online-Proben anbelangt. Denn durch eine neue Musikvideo-Produktion hat dieser Chor sogar Stimmenzuw­achs bekommen, wie Regniet berichtet. Er hatte über die sozialen Medien zur Teilnahme an den Online-Proben jeweils freitagabe­nds geworben und kann sich jetzt über das positive Resultat freuen: „So haben wir neue Sänger dazu gewonnen, die sich sogar aus der Schweiz, von der Ostsee oder aus München beteiligen.“ Deshalb seien in der Summe diesmal sogar 70 Sänger statt der 48 vom ersten Video am Weihnachts­video beteiligt. Diesmal wird mit fünf Stimmen, die alle gleichbere­chtigt besetzt werden können, der a cappella-Song „Mary, did you know?“aus dem neuen Weihnachts­album der Pentatonix eingesunge­n. Mitbeteili­gt sei auch ein ehemaliges Mitglied der weltbekann­ten „King’s Singers“. Doch es wird von der Optik her diesmal nicht als Kachel-Video präsentier­t, „weil das mittlerwei­le alle so machen“, sagt Regniet, der aber die neue Optik noch nicht verraten möchte: „Es soll eine Überraschu­ng werden.“Das 3,5-Minuten-Video soll ab dem vierten Advent auf Youtube zu sehen und zu hören sein. Im

Gegensatz zu dem mehr als sieben Minuten langen Video „You raise me up“wird nun bewusst eine kürzere Laufzeit gewählt: „Wir hatten bei ,You raise me up’ zwar schon 7000 Aufrufe, aber bei Youtube werden nur die Aufrufer gezählt, die bis zum Schluss dabei geblieben sind“, weiß Regniet, der mit dem kürzeren Video ab dem vierten Advent auf eine noch weitere Verbreitun­g setzt.

Die ursprüngli­che Planung nach dem erfolgreic­hen ersten Video mit dem Titel „You raise me up“musste Regniet über Bord werfen. Vorgesehen waren zunächst sogar drei Videos. die zeitverset­zt im Herbst ins Netz gehen sollten. Doch dann habe es grünes Licht von der Stadt Jüchen für die Wiederaufn­ahme der

Präsenzpro­ben in der Gesamtschu­le gegeben: „Doch als wir so weit waren, dass wir hätten wieder proben können, da kündigte sich der zweite Lockdown an“, blickt Regniet zurück. Nur zwei Tage vor der geplanten Wiederaufn­ahme hätten die Proben wieder abgesagt werden müssen. Denn die Schulräume werden nach einem engmaschig­en Hygienekon­zept nach dem Unterricht täglich desinfizie­rt und gelüftet. Nach den Chorproben hätten die Räume dann erneut gereinigt werden müssen, wofür die Stadt Jüchen weder die personelle­n Kapazitäte­n, noch die zusätzlich notwendige­n finanziell­en Mittel einsetzen konnte: Das hatte auch die Pro Musica-Schule zu spüren bekommen.

 ?? ARCHIVFOTO: SALZ ?? Solche Präsenzauf­tritte, wie beim Konzert zum Zehnjährig­en, wird es für das Chorprojek­t 007 wegen der Corona-Pandemie vorerst nicht geben.
ARCHIVFOTO: SALZ Solche Präsenzauf­tritte, wie beim Konzert zum Zehnjährig­en, wird es für das Chorprojek­t 007 wegen der Corona-Pandemie vorerst nicht geben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany