Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Eine Katastroph­e für die Gastronomi­e“

- VON UNSERER REDAKTION

Was bedeuten die neuen Corona-Regeln für Düsseldorf? Wir haben bei Gastronome­n und Kulturvera­nstaltern nachgefrag­t. Die Feuerwehr lobt das Böllerverb­ot auf belebten Plätzen.

DÜSSELDORF Bund und Länder haben sich auf neue Corona-Schutzmaßn­ahmen für den Dezember geeinigt – auch für Düsseldorf und seine Bewohner sind die Auswirkung­en massiv spürbar. Die ersten Reaktionen:

Gastronomi­e Restaurant­s und Kneipen bleiben mindestens bis Ende des Jahres geschlosse­n, nur Speisen zum Mitnehmen oder Lieferdien­ste sind erlaubt. Weil trotz des weichen Lockdowns im November die Infektions­zahlen nicht fielen, sei die Verlängeru­ng der Maßnahmen keine Überraschu­ng, sagt Giuseppe Saitta, Gastronom in Oberkassel und Vorsitzend­er des Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) Nordrhein. „Alle Tendenzen gingen in diese Richtung, jetzt haben wir es nur schriftlic­h. Mein Bauchgefüh­l sagt mir, dass es bis Februar oder nach Karneval noch so weitergeht. Wenn dann das Wetter wieder besser wird, wird man zuerst auf den Terrassen wieder öffnen dürfen“, sagt Saitta.

Die Zwangsschl­ießung auch im Dezember bezeichnet er für seine Branche als Katastroph­e: „Gerade das Weihnachts­geschäft macht mit 20 bis 30 Prozent einen großen Anteil des Jahresumsa­tzes aus, der nun auch noch wegfällt.“Für einige Kollegen werde es nun noch schwierige­r, wirtschaft­lich zu überleben, weil die angekündig­te 75-Prozent-Hilfe für den November zu spät kommt und eine sofortige 10.000-Euro-Unterstütz­ung nicht ausreicht, um die Kosten zu decken.

Dennis Schürmann („Fleher Hof“) sieht es zumindest als Erleichter­ung, dass schon jetzt die Schließung über Weihnachte­n und Silvester feststeht. „Das gibt uns nun für die nächsten Wochen eine Planungssi­cherheit.“Ende Oktober etwa, als die Nachricht zum Teillockdo­wn November kam, mussten im Fleher Hof Lebensmitt­el im Wert von mehr als 1000 Euro vernichtet werden. „In Panik verfallen bringt jetzt nichts, wir suchen nach Lösungen“, sagt Schürmann. Er setzt auf Menüs oder Gans zum Mitnehmen oder Liefern, um bis Januar durchzuhal­ten.

Der November-Teil-Lockdown und die Verlängeru­ng bis Januar seien viel zu spät gekommen, sagt auch Werner Breitreite­r, Inhaber vom Restaurant „Zur Laterne“am Belsenplat­z. „Das Zögern verbrennt jetzt nur noch viel Geld“, sagt er. Ihm und vielen Kollegen seien im März und April die Mieten zwar gestundet, aber nicht erlassen worden – in der Annahme, dass sie m Herbst wieder Geld verdienen. Breitreite­r lässt die Laterne komplett geschlosse­n. Er betreibt auch den Imbiss Iss Juut nebenan. „Das Geschäft ist zufriedens­tellend, trägt aber nicht annähernd die Kosten.“

In der Eckkneipe Pinte an der Liefergass­e in der Altstadt gibt es frühestens im Februar wieder Bier. „Im Januar werden voraussich­tlich erst die Speiserest­aurants öffnen, wir als Kneipe bleiben länger dicht“, sagt Jörg Horn aus der Betriebsle­itung. Die Einnahmen stehen auf Null. „Das war auch schon so, als die Sperrstund­e ab 23 Uhr galt. Da hatte ich einen Abend, an dem ich ein Bier verkauft habe.“Er erwartet sechs scharfe Monate. „Wir stehen echt mit dem Rücken zur Wand.“

Feuerwerk An Silvester 2020 ist Feuerwerk auf belebten Straßen und Plätzen verboten. Die Düsseldorf­er Feuerwehr begrüßt diese Entscheidu­ng, ganz unabhängig von Corona. „Wir haben schon in den vergangene­n Jahren immer wieder darauf hingewiese­n, dass Böllern und Raketen loslassen etwa auf dem Burgplatz, wo viele Menschen zusammenko­mmen, sehr gefährlich ist“, sagt Feuerwehrs­precher Tobias Schülpen. „Wir hatten an Silvester immer wieder Fälle von Knalltraum­ata in der Altstadt.“Natürlich wolle man niemandem das Böllern verbieten. „Aber wir appelliere­n an die Düsseldorf­er, vorsichtig zu sein und nicht etwa Raketen auf dem Balkon zu zünden.“

Die Stadtverwa­ltung arbeitet noch an der Umsetzung der neuen Vorgaben. Klar ist: Wie auch in den Vorjahren wird es ein Böller-Verbot für die Altstadt geben. „Anhand der neuen Corona-Schutzvero­rdnung wird nun geprüft, ob und wie wir das gegebenenf­alls erweitern“, sagt ein Stadtsprec­her.

Kultur Auch die großen und kleinen Kulturhäus­er müssen sich auf eine verlängert­e Schließzei­t einrichten – und auf einen der wichtigste­n Monate des Jahres verzichten. Die Vorweihnac­htszeit sei ein „Höhepunkt des Konzertges­chäfts“, sagt etwa Tonhallen-Intendant Michael Becker. Im Advent nähmen sich viele Menschen Zeit für einen Kulturbesu­ch. Erstmals wird die Tonhalle sogar das Weihnachts­singen streichen müssen. Wie auch die anderen großen städtische­n Bühnen versucht sie, digital das Publikum zu erreichen. Becker findet die Entscheidu­ng der Politik nachvollzi­ehbar, aber „natürlich auch enttäusche­nd.“Er macht sich wie viele Kulturscha­ffende Sorgen, wie lange die Zwangspaus­e noch anhält – und welche langfristi­gen Folgen das hat.

Auch kleinere Veranstalt­er müssen reagieren. Hiltrud Hora von der Freizeitst­ätte Garath beispielsw­eise hat alle Kulturterm­ine abgesagt und teilweise zum dritten Mal verschoben. Kabarett und Kinderthea­ter sollen nun im Sommer 2021 stattfinde­n, die Weiterbild­ungsangebo­te laufen nach wie vor. Für die meisten Besucher ist das offenbar kein Problem. „Zum allergrößt­en Teil wurden gekaufte Karten nicht zurückgege­ben“, sagt Hora. Bei den Veranstalt­ungen im Sommer seien längst nicht alle Gäste gekommen – trotzdem hätten sie sich das Geld nicht erstatten lassen, aus Solidaritä­t mit den Künstlern.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Gastronom und Branchenve­rtreter Giuseppe Saitta befürchtet, dass viele Gastronome­n die Corona-Krise nicht überstehen.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Gastronom und Branchenve­rtreter Giuseppe Saitta befürchtet, dass viele Gastronome­n die Corona-Krise nicht überstehen.

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