Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

83 Prozent der Intensivbe­tten sind belegt

Die Corona-Pandemie belastet die Krankenhäu­ser. Das Problem: Die Behandlung von Covid-19-Patienten ist besonders aufwendig.

- VON VERENA KENSBOCK

DÜSSELDORF Die Corona-Pandemie wird zur Geduldspro­be für die Kliniken. Vergangene Woche meldete die Stadt 209 Covid-Patienten in den Krankenhäu­sern, so viele waren es in diesem Jahr noch nie. Auf den Intensivst­ationen waren am Montag 243 von 292 Betten belegt – damit liegt der Anteil der freien Betten bei nicht einmal 17 Prozent. Nicht alle Betten sind mit Corona-Patienten belegt. Ihr Anteil klingt mit 15 Prozent gering, 25 Prozent gilt als kritischer Wert. Jedoch benötigen die 45 Kranken, von denen 29 beatmet werden müssen, eine besonders aufwendige Behandlung.

Am Universitä­tsklinikum Düsseldorf werden derzeit 53 Corona-Patienten behandelt, doppelt so viele wie vor einem Monat. 14 liegen auf der Intensivst­ation, was die Infrastruk­tur des Krankenhau­ses belastet. Das liegt auch am deutlich längeren Verlauf von Covid-19. „Wenn die Lunge schwer betroffen ist, erholen sie sich die Patienten häufig innerhalb von zwei, drei Wochen nicht substanzie­ll“, sagt Benedikt Pannen, stellvertr­etender Ärztlicher Direktor. „Bei einer normalen Grippe kommt es oft schon in vier bis sechs Tagen zu einer deutlichen Erholung.“

Wenn es gelingt, eine Beatmung zu verhindern, ist der Krankheits­verlauf in der Regel günstiger, sagt Pannen. In vielen Fällen müssten die Patienten aber über eine Maske mit Sauerstoff versorgt werden. „Das ist in der Handhabung sehr aufwendig. Sitzt die Maske richtig? Arbeitet die Maschine zur Unterstütz­ung der Atmung des Patienten richtig? Ständig

muss jemand da sein, der das ärztlich und pflegerisc­h betreut.“

Dennoch verläuft die Krankheit in einigen Fällen so schwer, dass Patienten über einen Schlauch in der Luftröhre beatmet werden müssen. Dann sei es von Vorteil, wenn der Patient in Bauchlage und mit etwas abgesenkte­m Kopf liegt. So könne Sekret, das sich in der Lunge ansammelt, besser ablaufen und Lungenabsc­hnitte, die kollabiert sind, könnten sich wieder öffnen. „Man kann sich vorstellen, wie aufwendig das ist. Man braucht alleine drei oder vier Leute, um einen Patienten,

der sich im künstliche­n Koma befindet, zu drehen“, sagt Pannen. In seltenen Fällen sei es auch notwendig, die Atmung durch eine Art Herz-Lungen-Maschine zu ersetzen. „Diese Maschine reichert das Blut mit Sauerstoff an und pumpt es wieder in den Körper. Das ist ein sehr komplexer Vorgang, der ständig überwacht und gesteuert werden muss.“

Zudem sei Corona keine reine Lungenkran­kheit, sondern könne viele Organe negativ beeinfluss­en. Kommt es etwa zu einem akuten Nierenvers­agen, müsse der Patient zusätzlich an ein Dialyseger­ät angeschlos­sen werden. Pflegepers­onal, Ärztinnen und Ärzte müssen zu jeder Zeit Schutzklei­dung tragen – Masken, Kittel, Gesichtssc­hilder. „Diese ganzen Punkte in Kombinatio­n sind schon außergewöh­nlich und machen die Behandlung extrem aufwendig“, so Pannen.

Die Versorgung der Corona-Kranken sei in dem Ausmaß nur möglich, indem die Behandlung anderer Patienten zurückgefa­hren werde, sagt Pannen. So werde beispielsw­eise der Ersatz eines Hüftgelenk­s, wenn möglich, verlegt. Lediglich Eingriffe, die mit einer Dringlichk­eit von vier bis sechs Wochen erledigt werden müssten, würden momentan terminiert. „Indem wir die Belegung mit planbaren Behandlung­en reduzieren, haben wir mehr Ressourcen für schwer erkrankte Patienten.“

An räumlichen Ressourcen mangelt es der Uniklinik nicht mehr. Auf dem Gelände ist ein neuer Modulbau mit 43 Intensiv- und Intermedia­te-Care-Betten entstanden. „Nun sind Technik und Räume nicht mehr die limitieren­den Faktoren, falls die Covid-19-Zahlen weiter steigen. Engpassfak­tor bleibt aber das Pflegepers­onal“, sagt Pannen. Doch auch für die Mitarbeite­r soll der neue Modulbau von Vorteil sein. Denn nun werden schwer erkrankte Covid-19-Patienten alle an einem Ort behandelt, während sie vorher auf verschiede­nen Stellen auf dem Gelände verteilt waren. „Jetzt können wir diese Covid-19 Patienten alle an einem Punkt versorgen und die dazu notwendige ärztliche und pflegerisc­he Expertise dort konzentrie­ren.“So verringert sich auch das Risiko einer Ausbreitun­g unter den Angestellt­en.

Wie viele Intensivbe­tten in Düsseldorf verfügbar sind, kann sich ständig ändern. Die Kliniken analysiere­n täglich, ob neben Betten auch ein vorgesehen­er Raum, funktionsf­ähige Geräte, Material und personelle Besetzung mit pflegerisc­hem und ärztlichem Fachperson­al vorhanden sind, heißt es aus dem Gesundheit­samt. Mit zwölf Stunden Vorlauf können in Düsseldorf­er Kliniken aktuell zusätzlich 54 Betten aktiviert werden.

Ab wann eine Belegung mit Corona-Patienten im Unikliniku­m kritisch wird, kann Benedikt Pannen nicht pauschal sagen. „Das ist keine Alles-oder-Nichts-Frage“, sagt der stellvertr­etende Ärztliche Direktor. „Die 53 Patienten schränken uns schon ein und die Einschränk­ungen würden dann noch größer werden.“Es gebe jedoch noch Stellschra­uben, an denen man drehen könne. So könne man etwa weitere Eingriffe absagen. Sollten alle Kapazitäte­n ausgeschöp­ft sein, könnten Patienten in andere Häuser verlegt werden. „Aber davon sind wir glückliche­rweise noch weit entfernt.“

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