Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Dormagener­in muss 20 Jahre in Haft

- VON RENZE VAN DER SLUIS UND KLAUS D. SCHUMILAS

Das Berufungsg­ericht im niederländ­ischen Leeuwarden hat das Urteil aus dem vergangene­n Jahr bestätigt, wonach Jessica A. wegen Mordes an ihrem Ehemann für 20 Jahre ins Gefängnis muss. Geht es jetzt zum Obersten Gerichtsho­f?

DORMAGEN/LEEUWARDEN Die Hoffnungen der Dormagener­in Jessica A. (36), in der Berufungsv­erhandlung vor dem Gericht in Leeuwarden (Niederland­e) einen Freispruch zu erreichen, haben sich nicht erfüllt. Am Dienstag Mittag bestätigte das Gericht das ursprüngli­che Urteil vom 11. Juli 2019: Jessica A. muss für 20 Jahre wegen Mordes an ihrem Ehemann Tjeerd V. (Namen geändert) ins Gefängnis. Nach der Entscheidu­ng des Gerichts kündigte ihr Anwalt an, eventuell beim Obersten Gerichtsho­f Berufung einzulegen.

Das Gericht stellte fest, dass A. ihren Ehemann in der Nacht vom 9. Juli 2017 auf eine Weide gelockt hat, wo beide Sex hatten und V. anschließe­nd mit großer Gewalt getötet wurde. Genau wie das Gericht im vergangene­n Jahr war das Berufungsg­ericht der Auffassung, dass es einen „vorgefasst­en Plan“gegeben hat und die Dormagener­in „eine leitende und führende Rolle“bei der Ermordung ihres Mannes hatte. Es gab in der Urteilsbeg­ründung von Dienstag jedoch einen Unterschie­d zum Urteil des vergangene­n Jahres: A. muss Hilfe gehabt haben. Angesichts ihrer Statur und angesichts der angewandte­n Gewalt – der Schädel des Opfers wurde zerschlage­n – hätte A. Tjeerd V. laut Gericht nicht allein töten können. Eine Zeugin, die damals mit dem Fahrrad vom Musikfesti­val kam, das das Opfer zuvor besucht hatte, sah zwei Personen neben einem Auto stehen, einen Mann und eine Frau. Eine dieser beiden Personen muss A. gewesen sein, schließt das Gericht.

Laut Gericht haben die Telefonauf­zeichnunge­n von der Mutter von A. gezeigt, dass sie am Morgen in den Niederland­en war. Entgegen den Angaben der Dormagener­in habe diese laut Gericht in der Tatnacht auf dem Rückweg Zeit gehabt, ihre Mitschuldi­gen mitzunehme­n.

Ein wichtiger Punkt für das Gericht ist das „Täterwisse­n“der Mutter: Am Morgen nach dem Mord, bevor Tjeerd V. gefunden wurde, hatte sie zwei Personen erzählt, dass ihr Schwiegers­ohn gestorben sei. Noch bevor das Opfer gefunden wurde, erhielt sie von ihrem deutschen Onkel eine „tröstende Nachricht“. Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass A. am Morgen, als ihr Ehemann noch vermisst wurde, neben ihren eigenen Verwandten in Deutschlan­d mehrere Personen darüber informiert­e. Ein Brief, den der Anwalt von A. im April dieses Jahres erhielt, in dem der – inzwischen verstorben­e – Onkel angeblich zugab, Tjeerd V. mit einer blauen Stange „angepackt“zu haben, hielt das Gericht nicht für entlastend für A. Am 3. November hatte die Witwe des Onkels einen Brief an das Gericht geschickt. Die Tante schrieb, sie könne verstehen, dass A. nach jedem Strohhalm greife. Sie nannte den Brief „abenteuerl­ich, fade und unmoralisc­h gegenüber meinem Mann“.

Die Dormagener­in hatte sowohl ein finanziell­es, als auch ein Beziehungs-Motiv, ihren Ehemann zu töten, sagte das Gericht. Die Ehe war seit einiger Zeit unter Spannung, A. hatte von häuslicher Gewalt berichtet. Sie war bereits über die Konsequenz­en informiert worden, die die Beendigung der Ehe für sie haben würde. Das Ehepaar war im Rahmen einer Ehevereinb­arung verheirate­t, im Falle einer Scheidung würde A. nur einen geringen jährlichen Beitrag erhalten. Im Raum steht eine Lebensvers­icherung in sechsstell­iger Höhe.

A. wurde in diesem Jahr in einer Klinik psychologi­sch untersucht. Abgesehen von Anzeichen einer Borderline-Störung wurden keine Störungen festgestel­lt. A. sei voll verantwort­lich. „Es ist auch bitter, dass die Angeklagte wegen ihrer Tat mit einer so langen Haftstrafe konfrontie­rt wird, dass sie ihre eigenen Kinder nicht mehr erziehen kann und darf, so dass die Kinder tatsächlic­h sowohl ihren Vater als auch ihre Mutter verloren haben“, sagte das Gericht. Es gewährt den Angehörige­n eine Entschädig­ung in Höhe von mehr als 87.000 Euro.

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ARCHIV: LC Polizei untersucht den Tatort, eine Wiese, auf der das Opfer gefunden wurde. Für den Mord wurde die Dormagener­in Jessica A. verurteilt.

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