Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
IHK plant für Neubau am Wendersplatz
Rund 9,5 Millionen Euro will die Industrie- und Handelskammer in einen Neubau für Weiterbildung und Geschäftsstelle investieren. Wunschstandort ist der Wendersplatz, der schon oft überplant wurde, aber noch immer brach liegt.
noch stärker als bisher unter einem Mangel an gut qualifizierten Mitarbeitern leiden – dafür wird schon der demografische Wandel sorgen“, betont auch IHK-Präsident Elmar te Neues. „Gleichzeitig müssen die Betriebe die digitale Transformation bewältigen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Dafür benötigten die Unternehme gut ausgebildete Fachkräfte.
Dass die IHK dafür den Wendersplatz in den Fokus nimmt, ist kein Zufall: „Das Areal mit seiner zentralen Lage ist ideal, denn neben Ausund Weiterbildung sind Industrie, Hafen sowie Innenstadt und Handel wichtige Themen für uns“, sagt Steinmetz. Zur Abschätzung der Kosten und der Machbarkeit eines Neubaus in Neuss hat die Kammer die Wichmann Architekten Ingenieure GmbH beauftragt, eine Entwurfsplanung vorzulegen. Vorstellbar sei für den Standort insgesamt ein Bildungsund Innovationscampus mit Hochschulen und anderen Bildungsträgern sowie Raum für Startups und Coworking.
Das passt – fast wörtlich – zu den Plänen, die die Ratsmehrheit von SPD und Grüne, unterstützt von UWG/FW und Aktiv Neuss, in ihrem Kooperationsvertrag skizziert: „Das Clemens-Sels-Museum soll in einem architektonisch hochwertigen ,Haus der Kultur’ eine neue Heimat auf dem Wendersplatz finden. Außerdem soll die Errichtung eines möglichen ,Hochschul- und Innovations-Campus’
und weiterer Bildungseinrichtungen, wie zum Beispiel die Stadtbibliothek, geprüft werden.“Auch für die CDU sind Hochschul-Campus und Innovation auf dem Wendersplatz ein Thema. Bürgermeister Breuer und die SPD betonen zudem seit längerem, den Wendersplatz im Rahmen einer Landesgartenschau in Neuss und eines „Rheinkorridors“als Achse vom Markt über die Rennbahn bis zum Rheinpark-Center neu gestalten zu wollen.
Dass die IHK in Neuss ein neues Domizil braucht, steht für die Kammer außer Frage: Die IHK setze bei der Weiterbildung zwar zunehmend auf digitale Formate, dennoch sei der Bedarf an Räumen für Präsenzunterricht reduziert. Die Grundbeiträge und die Umlagehebesätze seien dreimal gesenkt und fünfmal rückwirkend erstattet worden. Durch diese Schritte habe die IHK ihre Mitglieder pro Jahr im Umfang von rund 2,3 Millionen Euro entlastet.
Freistellung Gründer und nicht im Handelsregister eingetragene Gewerbetreibende, deren jährlicher Gewerbeertrag beziehungsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt, sind auch 2021 vom Beitrag freigestellt. Von den rund 78.000 Mitgliedsunternehmen der IHK Mittlerer Niederrhein zahlen 34,2 Prozent keine Beiträge.
groß. 2019 zählte die IHK 4092 Teilnehmer bei ihren Weiterbildungsangeboten. Dazu kommen Teilnehmer aus den Bereichen Ausund Fortbildung. 12.384 Prüfungen und Zwischenprüfungen hat die IHK 2019 abgenommen.
„Der Wirtschaftsstandort Neuss ist aufgrund der idealen Lage und des großen Potenzials seiner Unternehmen für die gesamte Region von großer Bedeutung“, sagt IHK-Vizepräsident Christoph Buchbender. Gerade in dieser Region sei die berufliche Bildung ein wichtiges Zukunftsthema. „An einem neuen Standort können wir die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachkräften in modernen und funktionalen Räumlichkeiten im Herzen der Stadt noch besser unterstützen“, so Steinmetz. Dafür sind die Möglichkeiten am derzeitigen Standort an der Friedrichstraße ausgeschöpft. Der vorläufige Entwurf des Neubaus sieht unter anderem flexibel nutzbare Weiterbildungsund Prüfungsräume, Büros, einen Veranstaltungsraum und Parkplätze vor.
Breuer und Steinmetz wollen das Projekt in der laufenden Wahlperiode an den Start bringen. „Der Neubau an dieser Stelle ist natürlich maßgeblich davon abhängig, wie zügig die Entwicklung des Gesamtareals am Wendersplatz vorangeht“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Planungsdezernent Christoph Hölters sieht die Chance, den Ideenwettbewerb und die erste Planungsphase für den Wendersplatz bis Ende 2022 abzuschließen, dann gehe es in die Umsetzung: „Dann wäre ein Spatenstich 2025 denkbar.“
Die Planung, so Hölters, sei anspruchsvoll – „das ist kein Möbelhaus“– und habe viele Facetten, unter anderem innovative Verkehrskonzepte sowie die Übergänge vom Wendersplatz zum Markt und zum Rennbahnpark. „Dazu braucht es Mut und Offenheit für neue Ideen“, betont Breuer. Für Steinmetz kein Problem: „Das bringen wir mit, wir sind flexibel.“Die Kammer brauche aber eine verlässliche Perspektive. Planungen über die laufende Wahlperiode hinaus seien angesichts der Probleme am IHK-Altstandort schwierig. Die IHK müsse sich dann nach anderen Standorten umsehen.
Steinmetz hofft jedoch auf den Wendersplatz: „Politik, Verwaltung und Schützen haben signalisiert, dass sie unser Vorhaben begrüßen und unterstützen, da es große Chancen schafft und die bisherigen Nutzungen berücksichtigt.“Die Kosten für den Neubau werden von den Architekten der IHK mit etwa 9,5 Millionen Euro beziffert. Das IHK-Präsidium und die Geschäftsführung befassen sich bereits seit zwei Jahren mit dem Für und Wider eines Neubaus in Neuss.
Das neue Prüfungs- und Weiterbildungszentrum in Neuss kann zu einem Teil durch den Verkauf des derzeitigen IHK-Gebäudes an der Friedrichstraße finanziert werden. Weitere Mittel werden durch eine Neuordnung des IHK-Eigenkapitals freigesetzt. Diese Anpassungen gehen auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Haushaltsführung der Industrie- und Handelskammern zurück. „Alternative Verwendungen dieser freiwerdenden Mittel wurden vom Präsidium und der Geschäftsführung sorgfältig geprüft“, sagt IHK-Vizepräsident Professor Joerg Dederichs. Susanne Thywissen, ebenfalls IHK-Vizepräsidentin, freut sich über den Ergebnis: „Wir haben uns dafür entschieden, in die Zukunft zu investieren – in die Ausbildung junger Menschen und in die Weiterbildung, um den digitalen Wandel zu meistern.“