Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Eine Orgelreise durch Jüchener Pfarrkirchen
Von der historischen Orgel von 1767 in Neuenhoven bis zur jüngsten aus dem Jahr 2006 in Otzenrath gibt es 15 Orgeln alleine in den katholischen Kirchen in Jüchen. Kirchenmusiker Wilhelm Junker stellt sie in Messen mit anspruchsvoller Orgelliteratur vor und plant zum „Jahr der Orgel“eine musikalische „Reise“.
JÜCHEN Über kleine und größere Juwelen verfügen die Kirchen in Jüchen. Und nur wenige wissen, dass alleine 15 Orgeln nur in den katholischen Pfarrkirchen stehen: Auf diese Besonderheit machen jetzt Kirchenmusiker Wilhelm Junker und Pfarrer Ulrich Clancett in Hl. Messen mit anspruchsvollen Orgelwerken aufmerksam. Da der Landesmusikrat 2021 zum „Jahr der Orgel“deklariert hat, plant Junker zudem eine „Orgelreise“, um die Instrumente einzeln vorzustellen. Einziges Hindernis für den Start sind aber noch die Corona-Auflagen. Zudem soll noch in diesem Jahr eine Antologie herauskommen, in der Kreiskantor Heinz-Josef Clemens die reichhaltige und reizvolle Orgellandschaft in der Region auch mit einigen Beispielen in Wort und Bild aus Jüchen präsentieren wird.
Die Jüchener Orgeln sind von Größe und Historie her sehr vielfältig. Die jüngste Orgel ist das Instrument, das 2006 für Neu-Otzenrath nach der Umsiedlung angeschafft wurde. Die älteste Orgel steht in der Wallfahrtskirche St. Georg in Neuenhoven und stammt sogar von einem damals in Jüchen ansässigen Orgelbauer: Daniel Schauten, dessen Nachfahren bis heute in Jüchen leben, hatte das Werk mit zehn Registern im Jahr 1767 als Geschenk der damaligen Grafen Salm-Reifferscheidt-Dyck für die Schlosskapelle gebaut.
Er war 1729 als Orgelbauer aus Flandern nach Jüchen gekommen. Von ihm gibt es noch wenige spielbare Werke, wie Wilhelm Junker weiß. Eine Orgel aus der Dynastie Schauten stehe in der Klosterkirche
in Eupen. Allerdings bauten die Schautens nur bis 1855 Orgeln in Jüchen, dann Klaviere in Wuppertal. Später betrieben die Nachfahren Holzhandel und Landwirtschaft in Jüchen.
Eine weitere historische Orgel steht in St. Martinus Gierath. Sie wurde 1877 von Franz–Josef Schorn erbaut und hat 17 Register. Das 1981 von der Firma Weimbs restaurierte Instrument ist laut Kirchenmusiker Junker „in ihrer handwerklichen soliden Bauweise und in ihrer alten Klangfarbe ein Dokument für den Orgelbau im 19. Jahrhundert“.
Die größte Orgel in den katholischen Kirchen in Jüchen gibt es in St. Jakobus. Sie verfügt über 39 Register. Dazu gibt es noch eine kleine Orgel im Altarbereich, die außerhalb der Corona-Zeit vor allem für die Dienstagsmessen genutzt wird. Auch die große St. Jakobus-Orgel hat eine Historie, denn sie ist eine Art von „Puzzle“, das in dieser Form seit dem Jahr 2008 in Jüchen steht. Die Orgel kam aus der aufgelösten Herz-Jesu-Kirche in Mönchengladbach-Pesch. Dort hatte sie seit 1997 gestanden und war mit dem Material aus zwei älteren Seifert-Orgeln aus Odenkirchen und Krefeld zusammengesetzt worden.
Wilhelm Junker schätzt auch die Vielfalt der Möglichkeiten, Literatur vom Barock über die Romantik bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen an den Jüchener Orgeln spielen zu können. Die französische, romantische Orgelmusik, die auch einiges an Virtuosität erfordert, soll nun unter anderem auch deshalb weiterhin in den Messen in
St. Jakobus zu hören sein, weil sich Pfarrer Ulrich Clancett etwas Besonderes gewünscht hat. Clancett, der schon in seiner Jugend von den Klängen der Kirchenorgeln begeistert war, hat sich die Orgelversion von Charles Marie Widor des Schlusschores der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach gewünscht. Um dafür die Noten zu bekommen, musste Junker auf Screenshots aus einem Video mit Noteneinblendungen zurückgreifen. Das eindrucksvolle Werk wird zum Abschluss der Hl. Messe am Palmsonntag erklingen. Junker und Clancett haben bei musikalischen Messen beobachtet, dass die Besucher von dieser Art der Verkündigung begeistert sind.
Video bei rp-online.de/nrw/staedte/juechen/ mit Wilhelm Junker an der Orgel der St. Jakobus-Kirche.