Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kulturinteressierte Radfahrer im Fokus
Tourismusförderin Steffi Lorbeer spricht über die virtuelle ITB und die Corona-Folgen für die Branche.
Frau Lorbeer, Sie haben gerade an der virtuellen Form der Internationalen Tourismus-Börse ITB („ITB Berlin Now“) teilgenommen. Wie hat man sich das vorzustellen? STEFFI LORBEER Eine Plattform, auf der man sich ein Business-Profil erstellt, angereichert mit Kontaktdaten, Fotos von Sehenswürdigkeiten und Angeboten. Über verschiedene Funktionen wie Chats oder Videoanrufen tritt man mit Menschen auf der ganzen Welt in Verbindung. Pressekonferenzen, Diskussionsrunden, Interviews und Vorträgen folgt man am Bildschirm. Die Sprache ist überwiegend Englisch, aber natürlich auch Deutsch oder weitere Sprachen. Alles im allem ist eine digitale Messe wie eine virtuelle Kontaktbörse.
Was haben Sie den Besuchern des virtuellen Formats mit auf den Weg gegeben, womit kann der RheinKreis touristisch punkten? LORBEER Wir haben auf die touristischen Vorzüge – Besuchermagnete wie Geheimtipps – hingewiesen: Alpenpark Neuss, Schloss Dyck, Kloster Knechtsteden, Kinderbauernhof und Kulturzentrum Sinsteden seien hier exemplarisch genannt. Außerdem haben wir die Werbetrommel gerührt für #RadLustNiederrhein, eine rund 200 Kilometer lange Fahrrad-Erlebnisreise mit Kulturhappen, die unter anderem auch durch den Rhein-Kreis Neuss führt.
Was sind die Nachteile des digitalen Formats?
LORBEER Emotionen sind über digitale Formate schwer zu transportieren. Das physische Händeschütteln als nonverbales Zeichen zur Begrüßung oder zum Abschluss eines Gesprächs fehlt. Diese persönliche Note der Wertschätzung ist durch einen Winke-Smiley nicht zu ersetzen.
Tourismus lebt vom Erleben und dem direkten Austausch vor Ort.
Wie vermarktet man eine Tourismus-Region in Zeiten, in denen noch nicht einmal die Hotels für touristische Übernachtungen öffnen dürfen?
LORBEER Radfahren erfreut sich durch die Pandemie großer Beliebtheit und eröffnet uns Chancen, um unsere Region verstärkt und nachhaltig ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. Zur #RadLustNiederrhein hinzu kommt die Kampagne Beuys&Bike von Tourismus NRW. Dabei handelt es sich um eine Radroute auf den Spuren des niederrheinischen Künstlers Joseph Beuys anlässlich seines 100. Geburtstags in diesem Jahr. Bei all diesen Angeboten handelt es sich eher um inspirative Vorschläge, um die Region unter einem bestimmten Thema zu erradeln. Außerdem setzen wir verstärkt auf die Digitalisierung und bilden Routentracks und Informationen über Outdoor-Apps, Websites und Social Media ab.
Sorgen Sie sich um die touristische Infrastruktur im Kreis? Gastronomie, Event- und Freizeitbranche sind von den Lockdown-Maßnahmen besonders stark betroffen. LORBEER Die Sorgen teilen wir. Der wirtschaftliche Schaden für die Tourismusbranche ist insgesamt immens und darf nicht unterschätzt werden. Der Corona-Lockdown gibt den Unternehmen zwar die Gelegenheit, unternehmerische Strukturen zu überdenken oder lokale Initiativen zu nutzen. All das fruchtet aber erst richtig mit den ersehnten nächsten Öffnungsschritten.
Das Impfen schreitet voran, irgendwann wird es mehr Normalität geben – auch beim Reisen. Erwarten Sie, dass sich das Reiseverhalten ändert – und wenn ja, wie? LORBEER Das Reiseverhalten hat sich seit März letzten Jahres bereits verändert. Das ergibt sich zwangsläufig durch die weltweit sehr unterschiedlichen Corona-Reisewarnungen
und Restriktionen. Aktuell sind private Reisen untersagt, von Tagesausflügen und Verwandtenbesuchen wird abgeraten. Ich bin überzeugt, dass inländische vor ausländischen Zielen in diesem Jahr ganz oben auf der Urlaubsliste stehen.
Tourismus lebt von Zielgruppen. Was ist die Kernzielgruppe der Tourismusregion Rhein-Kreis Neuss? LORBEER Der Rhein-Kreis Neuss besticht mit seiner kulturellen Vielfalt: Schlösser und Klöster, Kunststätten und Grünanlagen, historische Baukultur und Industriezeugnisse. Und wenn der Tourist auch noch mit dem Fahrrad unterwegs ist, weil er im Rhein-Kreis Neuss beste Bedingungen fürs Radeln vorfindet, haben wir hier eine gute Kombination: den kulturinteressierten Radfahrer.