Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Säbelfecht­er sind sich keiner Schuld bewusst

Nach den Corona-Infektione­n beim Weltcup in Budapest sprach DOSB-Präsident Alfons Hörmann von verantwort­ungslosem Handeln.

- VON DIRK SITTERLE

DORMAGEN Die Säbelfecht­er des TSV Bayer Dormagen waren in Budapest schon mit einem unguten Gefühl angetreten – und wurden dann eiskalt erwischt: In Benedikt Wagner und Matyas Szabo infizierte­n sich beim Weltcup-Turnier in der ungarische­n Hauptstadt zwei Mitglieder der bereits für die Olympische­n Spiele in Tokio qualifizie­rten Nationalma­nnschaft mit der britischen Corona-Mutation, ebenfalls positiv getestet wurden zwei ihrer jüngeren Teamkolleg­en. Und weil das nicht reichte, gab es im Nachklapp auch noch Kritik vom Chef. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB), sagte dem Deutschlan­dfunk in einem Interview mit Blick auf die vielen Infektione­n nach der Leichtathl­etik-Hallen-EM in Torun und dem Fecht-Weltcup in Ungarn: „Alles, was aus den ersten Berichten und Voruntersu­chungen erkennbar wird, deutet darauf hin, dass vor Ort in den beiden Fällen zum Teil verantwort­ungslos agiert wurde.“

Säbelfecht­er Max Hartung, Präsident des Vereins Athleten Deutschlan­d, war in Budapest ebenfalls am Start, weiß also sehr genau, was sich während des internatio­nalen Turniers in und abseits der Sporthalle abgespielt hat. Sein Fazit: „Mir fällt nichts mehr ein, wie wir uns noch besser hätten schützen können.“So habe man sich schon im Vorfeld „super viele Gedanken gemacht“und sei dann zu dem Schluss gekommen, die jeweils knapp 1200 Kilometer lange An- und Abfahrt mit über den Verein organisier­ten und gemieteten Kleinbusse­n zu bewältigen. So saßen die Olympia-Kandidaten Max Hartung, Matyas Szabo, Benedikt Wagner und Richard Hübers in einem Fahrzeug, lösten sich während der mehr als zehnstündi­gen Reise am Steuer ab. „Eigentlich hatten wir auch gar keine andere Wahl, denn wir haben uns ja komplett selbst verpflegt“, sagt Hartung.

„Und das war schon eine ganze Menge, was wir da mitgeschle­ppt haben, denn man kann ja nicht eine Woche Nudelsuppe essen.“Für die nötige Abwechslun­g im Speiseplan sorgte der von allen Fechtern am Höhenberg „Peter“gerufene Benedikt Wagner. „Ich war der Chefkoch!“

Hört sich lustig an, stellte sich in der Praxis aber fad dar. Hartung: „Wir sind vom Hotelzimme­r, wo wir auch gegessen haben, zu Fuß zur Halle gegangen und hinterher direkt wieder zurück. Wir waren also entweder in der Halle oder im Hotel auf unseren Zimmern.“Im Gegensatz zu Alfons Hörmann steht für ihn darum fest, dass die Infektione­n nur auf der Planche stattgefun­den haben können. Sein daraus resultiere­nder Schluss: „Wenn man viele Veranstalt­ungen wie die in Budapest organisier­te, würden nach und nach alle krank werden.“Doch „nach Schuldigen zu suchen“, weiß er, „bringt nix.“Das vom Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) vorgelegte „Playbook“für Tokio hält er für unzureiche­nd, weil es wichtige Fragen unbeantwor­tet lasse: „Wie soll das mit der Quarantäne vor Ort gehen. Wie mit dem Training? Wie kann man sich aufwärmen, die Wettkämpfe abhalten, ohne dass sich die Sportler zu nahe kommen? Das hat nämlich zumindest im Fechten überhaupt nicht funktionie­rt.“

Natürlich, räumt der Athletensp­recher ein, trügen auch die Aktiven auf jeden Fall eine Mitverantw­ortung, aber in der Pflicht, „die Gesundheit der Öffentlich­keit, der Athleten und Athletinne­n sowie der Betreuerst­äbe zu schützen“, sieht er vor allem das IOC, das Internatio­nale Paralympis­che Komitee (IPC), die NOK`s und die Veranstalt­er. Zudem treibt ihn die Sorge um seine infizierte­n Teamkolleg­en um. „Die Symptome mögen jetzt nicht so gravierend sein. Aber möglicherw­eise sehen wir die gesundheit­lichen Auswirkung­en erst, wenn die Infektion ausgestand­en ist.“

 ?? FOTO: A: BIZZI ?? Die Säbelfecht­er holten Silber beim Weltcup in Budapest. Dabei infizierte­n sich Benedikt Wagner und Matyas Szabo mit dem Coronaviru­s. Sie befinden sich nun ebenso in Quarantäne wie Richard Hübers und Max Hartung (v.l.).
FOTO: A: BIZZI Die Säbelfecht­er holten Silber beim Weltcup in Budapest. Dabei infizierte­n sich Benedikt Wagner und Matyas Szabo mit dem Coronaviru­s. Sie befinden sich nun ebenso in Quarantäne wie Richard Hübers und Max Hartung (v.l.).

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