Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Polnisches Gericht verurteilt Macher von ZDF-Dreiteiler
KRAKAU Das Urteil des Krakauer Berufungsgerichts ist ein weiteres Kapitel in der deutsch-polnischen Auseinandersetzung um die Deutung und Wertung der Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Die Macher des Dreiteilers „Unsere Mütter, unsere Väter“, das ZDF und die Produktionsfirma UFA Fiction, wurden wegen „Verletzung der nationalen Identität, der Würde und des Stolzes“zu einer Entschuldigung und einer Strafe von 4500 Euro verurteilt. Die polnische Partisanenorganisation Heimatarmee (AK) sei in der fiktionalen Serie als „antisemitische Formation identifiziert worden“, heißt es im Richterspruch. Dies überschreite die Grenzen der vom ZDF geforderten Meinungsfreiheit. Als Kläger trat der 96-jährige Zbigniew Radlowski auf, ein Veteran der Partisanenorganisation und Auschwitz-Überlebender.
In dem Dreiteiler, der vor acht Jahren erstmals im ZDF ausgestrahlt wurde, erklärt der Chef der AK-Partisanen, dass sie „Juden wie Katzen ersäufen“, und durchsucht seine Einheit nach Juden. Die Serie wurde im Sommer 2013 in Polen ausgestrahlt und von 3,4 Millionen Zuschauern gesehen. Bereits 2018 verurteilte ein Bezirksgericht in Krakau die Verantwortlichen.
Der deutschen Produktion, die die Geschichte von drei Männern und zwei Frauen im Zweiten Weltkrieg erzählt, wurde von vielen Polen vorgeworfen, das deutsche Verbrechen an den Juden auf Polen abwälzen zu wollen. Eine These, die viele Konservative und Rechte an der Weichsel mobilisiert – in Warschau werden immer wieder mehrsprachige Plakate aufgehängt, die an die Schuld der deutschen Besatzer erinnern und Reparationen fordern, an die auch die nationalkonservative Regierung unter Mateusz Morawiecki immer wieder erinnert. Die seit Herbst 2015 regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hält vor allem das Andenken an die Heimatarmee hoch.
Umstritten und ungeklärt bleiben das Ausmaß und die Bedeutung des Antisemitismus bei der polnischen Partisanengruppe, die auch nach dem Krieg gegen die Rote Armee und Einheiten des kommunistischen Polen kämpfte. Dass es in der polnischen Heimatarmee Antisemitismus gegeben hatte und zu Übergriffen gegen Juden gekommen war, bestreitet kaum ein Historiker. Dass die Gruppierung per se antisemitisch eingestellt war, wie es der Dreiteiler vermittelt, lässt sich schwer behaupten. Der 2009 verstorbene jüdische Kommandant des Ghetto-Aufstands in Warschau, Marek Edelman, bezeugte beispielsweise Waffenlieferungen der Heimatarmee an die jüdischen Kombattanten vor den Kämpfen im Frühjahr 1943.