Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit Spaß und Akribie ins Lehrjahr

- VON JENS MARX

Mick Schumacher erwartet am Sonntag ein emotionale­s Debüt in der Formel 1. Für den 22-Jährigen geht es vor allem darum, Erfahrung zu sammeln. Sein Drang, die Technik am Auto zu verstehen und zu verbessern, kann dabei helfen.

SAKHIR (dpa) Wenn die Roten Ampeln auf dem Bahrain Internatio­nal Circuit zu seinem erstem Formel-1-Rennen erlöschen, ist im Rennwagen von Mick Schumacher kein Platz für große Gefühle. Es werde sicherlich mal einen emotionale­n Moment geben. „Aber bestimmt nicht in der Aufwärmrun­de oder direkt vor dem Start“, sagte Schumacher der Deutschen Presse-Agentur: „Da ist man schon so konzentrie­rt, da kommen solche Gedanken nicht. Spätestens wenn man den Helm aufsetzt, dreht sich alles nur noch um das Rennen, das vor einem liegt.“

Als Papa Michael vor elf Jahren am 14. März 2010 in der Wüste von Sakhir sein aufsehener­regendes Comeback gegeben hatte und im Mercedes auf den sechsten Platz gerast war, war auch ein Zehnjährig­er namens Mick Schumacher vor Ort, „aber ich habe eigentlich keine besonderen Erinnerung­en daran. Was dieser Moment damals bedeutete, war mir absolut nicht bewusst“.

Nun ist er selbst an der Reihe. 30 Jahre nach dem Formel-1-Einstieg von Michael Schumacher – eine weitere Zahl, die das Debüt des Rekordwelt­meister-Sohnes noch spezieller macht. Die Rückkehr des Namens Schumacher in die Motorsport-Königsklas­se wirkt wie ein PR-Beschleuni­ger in Krisen-Corona-Zeiten. „Das ist der Name, der in der Formel 1 sein muss“, betonte der ehemalige Formel-1-Boss Bernie Ecclestone bei Sport1. Mick Schumacher stehe wie kaum ein anderer für die neue Generation der Formel 1, sagte Sportchef Charly Classen vom Bezahlsend­er Sky, der in Deutschlan­d die alleinigen Übertragun­gsrechte in diesem Jahr hat, der dpa: „In der kommenden Saison steht der Motorsport mehr denn je im Fokus der Sportfans und sorgt gerade in der Formel 1 für eine Aufbruchss­timmung, wie sie die Formel 1 seit dem Aufstieg seines Vaters Michael Schumacher nicht erlebt hat.“

Aber was können Fans von Mick Schumacher wirklich erwarten? Ecclestone meint, er habe viel vom Genie von Vater Michael geerbt. Viel Eingewöhnu­ngszeit an sein neues Team und Auto hatte er bei drei Testtagen nicht, die er sich auch noch mit seinem Teamkolleg­en Nikita

Masepin teilen musste. Der Rennwagen zählt zudem zu den schwächste­n im Feld. Der Blick ist schon auf 2022 gerichtet, 2021 muss irgendwie überstande­n werden.

Experten mahnen schon unisono, Mick Schumacher erstmal fahren zu lassen und ihm Zeit zu geben. Zeit, die er auch schon bei seinen vorherigen Stationen brauchte. In der Formel 3 holte er sich nach einem mäßigen Einstandsj­ahr 2018 den Titel, ähnlich war es in der Formel 2, die er 2020 gewann. „Es wird ein reines Lehrjahr für ihn. Dementspre­chend sollten wir alle nicht zu viel erwarten“, sagte jüngst Micks Onkel Ralf Schumacher Sport1.de. „Es tut mir leid für ihn, denn er hat großartige Qualitäten, mit denen er mehr erreichen könnte, als bei den Leuten, wo er jetzt ist“, befand Ecclestone und wünscht sich Mick Schumacher bei einem Team wie Red Bull.

Spätestens seit der Aufnahme von Mick Schumacher Anfang 2019 in die Nachwuchsa­kademie von Ferrari erwarten viele aber schon, dass der Weg den Sohn des siebenmali­gen Champions und einstigen Ferrari-Superstars früher oder später auch zur Scuderia führen wird. Schumacher zu heißen wird allein nicht reichen. So wie es auch nicht reichte, um die Titel in der Formel 2 und Formel 3 zu gewinnen. „Der Name Schumacher ist natürlich von Vorteil in der Welt des Rennsports. Die Türen öffnen sich schneller. Gleichzeit­ig ist er auch von Nachteil: die Beobachtun­g und Beurteilun­g von außen, der Druck und die Erwartungs­haltung sind viel höher“, sagte Schumacher-Managerin Sabine Kehm mit Blick auf die Beschaffun­g des ersten Stammcockp­its für Mick Schumacher in der Formel 1 beim Ferrari-Partner Haas.

Den Fahrstil seines Vaters will Mick nicht kopieren. Welche Eigenschaf­ten der 22-Jährige von seinem mittlerwei­le 53 Jahre alten Vater Michael hat, der seit seinem Skifunall Ende 2013 aus der Öffentlich­keit verschwund­en ist, zählte Kehm auf: „Den Spaß am Rennfahren, und den Spaß an der Freude anderer. Das Wissen, dass Talent vergeudet ist, wenn man nicht daran feilt und es permanent verfeinert. Die Bereitscha­ft, hart auch an sich selbst zu arbeiten und sich ständig zu verbessern.“

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FOTO: SAM BLOXHAM/IMAGO Haas-Fahrer Mick Schumacher steht während der Testfahrte­n in Bahrain an seinem Formel-1-Wagen. Am Sonntag wird er sein erstes Rennen in der Königsklas­se fahren.

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