Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Selektion im Damwildgehege
Das Damwildrudel im Selikumer Busch ist zu groß und wird Ende Mai durch Geburten weiter wachsen. Deshalb wird jetzt ein Teil der Tiere an ein Gehege in der Eifel abgegeben. Was aus dem Restbestand werden soll, ist offen.
REUSCHENBERG Im Damwildgehege im Selikumer Busch steht eine Selektion an. Rund 35 Tieren und damit in etwa der Hälfte des 63 Tiere zählenden Rudels steht ein Umzug in ein Gehege in der Eifel bevor. Für sie ist es eine endgültige Lösung, für die Politik noch nicht. Denn die Frage, wie die Stadt mit dem Gehege insgesamt umgeht, ist weiter offen.
Im Ausschuss für Umwelt, Grünflächen und Klimaschutz, der am 27. April tagt, will der Ausschussvorsitzende Michael Klinkicht (Grüne) zunächst einen Bericht der Verwaltung zum Sachstand und möglichen Handlungsoptionen haben. So hat er es am Mittwoch Umweltdezernent Matthias Welpmann aufgetragen, als die Tagesordnung festgelegt wurde.
Eigentlich aber hatte die neue Ratsmehrheit von SPD, Grünen und
„Die Umsiedlungsaktion nimmt erst einmal nur etwas Druck aus dem Kessel“
Michael Klinkicht Umweltausschuss-Vorsitzender
„UWG/Aktiv für Neuss“zu diesem Termin schon ein Konzept zur Regulierung des Bestandes ohne Zuhilfenahme von Pulver und Blei haben wollen. So war es Ende Januar im Haupt- und Sicherheitsausschuss festgelegt worden, nachdem die Verwaltung ihre Absicht aufgegeben hatte, die so wörtlich – „Entnahme“überzähliger Tiere mit der Schusswaffe auszusetzen.
Das Konzept steht aus, aber der Handlungsdruck steigt. Denn ab Ende Mai ist mit Nachwuchs im schon jetzt überbevölkerten Gehege zu rechnen. Einige Hirschkühe sind trächtig, so dass mit – grob gezählt – 20 Hirschkälbern zu rechnen ist. Das zeigt: Die Umsiedlungsaktion nimmt, wie es Michael Klinkicht
formuliert, „erst mal nur etwas Druck aus dem Kessel“.
Die Umsetzung in andere Wildparks war schon im Januar eine Lösung, die sich „Rot-Grün plus“vorstellen kann. Doch auch wenn es nach Angaben von André Zimmer vom Verband landwirtschaftlicher Wildhalter in Nordrhein-Westfalen rund 1300 Gatterwildbestände gibt, ist ein aufnehmendes Gehege meist nur über persönliche Kontakte zu finden. An wen die Stadt ihre Tiere abgibt, wird nach Angaben von Stadtsprecher Tobias Spange nicht öffentlich gemacht.
Welches Schicksal die Tiere im neuen Umfeld erwartet, dürfte gleichwohl klar sein. Weil eine Auswilderung des in Deutschland nicht heimischen Damwildes nach Angaben von Kreisveterinär Frank Schäfer per Jagdrecht verboten ist, steht wohl auch nach der Ankunft in der Eifel irgendwann der Abschuss an. „Wer Damwild hält, muss einen wirtschaftlichen Nachweis bringen“, sagt Zimmer. „Eine Schauoder Hobbyhaltung ist verboten.“
Um die Umsiedlung vorzubereiten, wurde in einem Teil des Geheges vorige Woche mit Bauzäunen eine Art Kessel eingerichtet – mit einer Auslassschleuse. Die zunächst angebrachten Sichtschutzplanen wurden inzwischen entfernt nachdem, wie Spaziergänger berichteten, sich einzelne Hirsche mit dem Geweih darin verfangen hatten. Durch Anfütterung sollen die Tiere nun an diese Umgebung gewöhnt werden, berichtet Umweltdezernent Matthias Welpmann. „Wenn sich ein ausreichend großer Teil der Herde abgesondert hat, wird dieser Teil vom Rest des Geheges getrennt.“Priorität soll dabei haben, so Welpmann, dass Jungtiere und zugehörige Elterntiere gemeinsam umgesiedelt werden. Falls das, wenn man die Teilung des Rudels sozusagen dem Zufall überlässt, überhaupt als Ziel formuliert werden kann.
Tierschutz sei ein Staatsziel, hatte Bürgermeister Reiner Breuer im Januar betont, und daran halte sich die Stadt. In Richtung Politik richtete er damals die Feststellung: „Es gibt aber auch unschöne Maßnahmen, die trotzdem rechtens sind.“