Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Düsseldorf hat das Potenzial, den Autoverkehr herunterzufahren“
Klaus Klar ist Vorstandsvorsitzender und Arbeitsdirektor der Rheinbahn.
Für viele gehört die Rheinbahn zu Düsseldorf und der Region wie der Fernsehturm, die Altstadt, die Fortuna oder das Neanderthal-Museum. Jeder hat wohl Erlebnisse, die mit der Rheinbahn zusammenhängen. Was verbinden Sie persönlich mit der Rheinbahn – abgesehen vom Beruflichen?
KLAUS KLAR Ich bin von Kopf bis Fuß Rheinbahner – ich komme aus einer Rheinbahnfamilie, mein Vater war hier Fahrer, mein Bruder arbeitet ebenfalls hier und ich selbst habe als 16-jähriger Kraftfahrzeugschlosser-Lehrling in der Werkstatt an der Erkrather Straße angefangen. Die Rheinbahn hat mich geprägt, viele Rheinbahner waren meine Vorbilder und Mentoren. Das, was die Rheinbahn mir in 45 Jahren gegeben hat, möchte ich durch mein Engagement für dieses Unternehmen zurückgeben.
Warum ist die Rheinbahn aus Düsseldorf nicht mehr wegzudenken?
KLAR Wir haben seit unserer Gründung 1896 maßgeblich zur Entwicklung dieser Stadt, aber auch der ganzen Region, beigetragen. Der Bau der Oberkasseler Brücke, mit dem die Geburtsstunde der Rheinbahn schlug, steht dafür, dass die Rheinbahn die Menschen schon immer bewegt und verbunden hat. Damals hat sie die noch dörflichen linksrheinischen Gebiete mit der Brücke und mit einer Schnellbahn erschlossen und so mit dafür gesorgt, dass diese Stadtteile wuchsen und boomten. Noch heute ist das so: Unsere Linien sind die Lebensadern der Stadt und des Umlands und bieten nachhaltige und umweltfreundliche Mobilität.
Welche Meilensteine waren für die Entwicklung der Rheinbahn besonders bedeutsam?
KLAR Richtungsweisend in den Anfangszeiten waren neben dem Bau der Oberkassler Brücke die erste elektrische Schnellbahn Europas auf der Strecke nach Krefeld oder die Beteiligung an der Gründung
des Flughafens. Nach den schrecklichen Kriegsereignissen war die Rheinbahn innerhalb kürzester Zeit wieder der Mobilitätsgarant in unserer Stadt und im Umland. Es folgte gemeinsam mit der Stadt Düsseldorf der Bau der U-Bahn in den 1970er-Jahren und ab 2007 der Bau der Wehrhahn-Linie. Mit deren kunstvoll gestalteten Bahnhöfen haben wir es 2016 sogar bis in die New York Times geschafft! Die Weiterentwicklung der Barrierefreiheit durch niederflurige Bahnen und Busse und durch Hochbahnsteige ist eine der größten Errungenschaften für unsere Kunden. Aktuell haben wir uns auf den Weg gemacht, die Busflotte auf emissionsfreie Antriebe umzustellen. Dies ist eine Notwendigkeit für saubere Luft und den hohen Lebenswert in unserer Region.
Was sind heute die Herausforderungen für die Rheinbahn? KLAR Heute ist der öffentliche Nahverkehr alternativlos. Wir sind überzeugt, dass Busse und Bahnen in Zukunft mehr denn je das Rückgrat urbaner Mobilität sein werden. Deswegen arbeiten wir gemeinsam mit den politischen Entscheidern in den Städten und Gemeinden in unserem Netz weiterhin an der Verkehrswende. Wir wollen die Rheinbahn darüber hinaus konsequent aus Kundensicht aufstellen und die erste Wahl für Mobilität in und um Düsseldorf sein. Ins Zentrum unseres Markenkerns werden wir den Begriff der „Einfachheit“stellen. Das Fahren mit der Rheinbahn soll für unsere Kunden so einfach wie möglich werden. Dennoch wird 2021 auch ein herausforderndes Jahr – mit weiterhin wenigen Fahrgästen bei gleich bleibendem Angebot und Kosten. Auf der einen Seite steht eine angespannte wirtschaftliche Situation, auf der anderen Seite gilt es aber, unsere Infrastruktur und unsere Fahrzeuge zu modernisieren und die Verkehrswende weiter mitzugestalten und voranzutreiben. Für diese Aufgabenstellung brauchen wir auch eine solide finanzielle Grundlage.
Welche Ressource ist für die Rheinbahn besonders wichtig? KLAR Für uns als Dienstleistungsunternehmen sind ganz klar die Menschen, die engagierten Rheinbahnerinnen und Rheinbahner, entscheidend, aktuell und seit vielen Generationen. Ich habe in Krisen immer wieder erleben dürfen, welche Kompetenz, welches Können und Wollen, in der Mannschaft steckt. Ob bei starken Schneefällen, beim Sturm „Ela“, bei Großveranstaltungen oder jetzt während der Corona-Pandemie – die Bürgerinnen und Bürger können sich auf unsere Rheinbahn verlassen.
In erster Linie ist die Rheinbahn als Verkehrsunternehmen für die Beförderung ihrer Fahrgäste verantwortlich. Doch die Rheinbahn ist auch ein großer Arbeitgeber in Düsseldorf. Warum ist die Rheinbahn so reizvoll?
KLAR Wir sind ein Unternehmen, in dem gut die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fahrdienst tätig ist. Aber auch in der Verwaltung, den Werkstätten, der Infrastruktur und der Planung gibt es bei uns spannende und gefragte Berufsbilder. Bei Stellenausschreibungen oder zum Ausbildungsstart erhalten wir viele hundert Bewerbungen. Als Arbeitgeber haben wir offenbar eine Ausstrahlung! Und wir sind ein sicherer und nachhaltiger Arbeitgeber: Mehr als die Hälfte unserer Beschäftigten sind ehemalige Azubis. Besonders wichtig ist uns, zukünftig noch mehr Frauen in allen Bereichen einzustellen. Hier können wir noch besser werden. Bei den Auszubildenden ist uns das zuletzt gut gelungen: Von 37 Azubis im letzten Jahrgang sind 15 weiblich – elf davon starteten ihre Ausbildung in technischen Berufen. Das entspricht einer Quote von rund 40,5 Prozent. Darauf sind wir stolz.
Wie hat die Corona-Pandemie die jüngste Entwicklung der Rheinbahn beeinflusst – im Positiven wie im Negativen? KLAR Anfang 2020 hat sich unser erfolgreicher Trend der vergangenen Jahre zunächst fortgesetzt: Im Januar und Februar stiegen die Fahrgastzahlen weiter. Seit März 2020 ist jedoch nichts mehr wie vorher. Wie alle Nahverkehrsunternehmen befördern wir sehr viel weniger Fahrgäste und haben deutlich geringere Einnahmen. Aber wir haben auch bewiesen, dass wir mit der Krise umgehen können, dass wir selbst systemrelevant sind. Vielen Bürgerinnen und Bürgern ist dadurch plötzlich klar geworden, welchen wichtigen Beitrag wir für das Funktionieren unserer Stadt und unserer Region leisten.
Welchen Beitrag leistet die Rheinbahn für den Umweltund Klimaschutz?
KLAR Alle Menschen, die Bus und Bahn fahren, tragen zum Umwelt- und Klimaschutz
Was wünschen Sie sich für die Rheinbahn?
KLAR Ich wünsche mir, dass die Menschen in Düsseldorf und der Region nicht „die Rheinbahn“sagen, sondern „unsere Rheinbahn“. Und dass nach der Pandemie, wenn wieder alle Fahrtanlässe möglich sind, mehr und mehr Fahrgäste zurückkehren und wir dann an die Rekordzahlen, die das Jahr 2019 gekennzeichnet haben, anknüpfen können und sie noch weiter steigern.
Wo steht beziehungsweise fährt die Rheinbahn in 25 Jahren?
KLAR Ich habe vor einiger Zeit Zeichnungen von Kindern gesehen, die ihre Traumstadt gemalt haben. In dieser Stadt gab es keine Autos. Das ist natürlich ein Traum, eine Vision, aber es gibt tolle Beispiele auf der Welt, die zeigen, dass Städte auch hervorragend mit einem Mindestmaß an Autoverkehr funktionieren. Düsseldorf hat auch das Potenzial, den Autoverkehr herunterzufahren – und da wollen wir hin, das ist mein Wunsch, das mit einem attraktiven Nahverkehr möglich zu machen.