Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Media-Markt und Saturn schließen Filialen

- VON GEORG WINTERS

Die Handelsket­te konkretisi­ert ihre Abbaupläne in Deutschlan­d. Sie sind auch eine Folge des stärker werdenden Trends zum Online-Einkauf, bei dem Elektronik­händler bundesweit nun 1000 Stellen zum Opfer fallen sollen.

DÜSSELDORF Als vor drei Wochen der spanische Media-Saturn-Chef Ferran Reverter seinen Rückzug aus Ingolstadt und den Wechsel in seine Heimat zum Vorzeige-Fußballklu­b FC Barcelona bekannt gab, war klar: Reverter geht nicht nur aus Liebe zu Spanien, sondern auch weil die Elektronik­märkte in Bayern stärker unter das Dach des Düsseldorf­er Mutterkonz­erns Ceconomy gerückt werden sollten. Was das konkret zu bedeuten hat, bekommt nun auch die Belegschaf­t zu spüren: Ceconomy will in den Elektronik­märkten rund 1000 Stellen schließen und 13 unprofitab­le Häuser schließen, wie die deutsche Unternehme­nsführung den Beschäftig­ten per Brief mitgeteilt hat. Über die Abbaupläne hatte zuerst die „Lebensmitt­elzeitung“berichtet.

Media-Markt-Saturn Deutschlan­d beschäftig­te nach eigenen Angaben zum Ende des Geschäftsj­ahres 2019/20 – also Ende September 2020 – mehr als 23.000 Mitarbeite­r. Wie viele davon in den Märkten von Media-Markt und Saturn arbeiten, gibt der Konzern nicht preis. Der Jobabbau ist offensicht­lich eine noch nicht konkretisi­erte betriebswi­rtschaftli­che Rechengröß­e. Die Streichplä­ne im Filialnetz klingen sehr präzise, sind aber wohl auch noch nicht festgezurr­t. Die Argumentat­ion dafür, dass es künftig weniger und mehr kleinere Niederlass­ungen geben soll, ist die, die viele Händler seit Jahresfris­t bemühen, um den Abbau von Arbeitsplä­tzen zu erklären: Die Pandemie

habe das Einkaufsve­rhalten nachhaltig verändert; immer mehr Kunden kauften online ein. Das ist aber nicht die einzige Wahrheit: Das Machtgefüg­e bei Media-Saturn verschiebt sich auch aus strategisc­hen Gründen deutlich zur Muttergese­llschaft nach Düsseldorf. Eine „einheitlic­he Führungsku­ltur“hat Ceconomy-Aufsichtsr­atschef Thomas Dannenfeld­t der Gruppe verordnet, und diese solle etabliert werden, sobald die Gruppe die verbleiben­den Anteile der Media-Markt-Gründerfam­ilie Kellerhals übernommen habe, heißt es. Und straffere Führung bedeutet meist auch Sparen.

Der Jobabbau ist ein Teil davon und gehört zu einem Programm, über das schon vor einem Jahr gesprochen wurde. Damals war davon die Rede gewesen, dass europaweit 3500 Arbeitsplä­tze abgebaut werden sollten. Letztlich ist es auch die Konsequenz aus einer Geschäftsv­erschiebun­g ins Internet, die zum einen durch die Pandemie ausgelöst wurde. Zum anderen war sie aber auch schon davor zu beobachten und auch durchaus willkommen, weil man so Kosten sparen kann. Denn Onlinehand­el verursacht weniger Aufwand, da er weniger personalin­tensiv ist. Er wirft mittlerwei­le ein Drittel des Ceconomy-Umsatzes von jährlich 7,5 Milliarden Euro ab – und er hat sich im Geschäftsj­ahr 2019/20 noch einmal verdoppelt. „Es ist daher unsere unternehme­rische Pflicht, dass wir unsere Abläufe, Prozesse und auch unsere Investitio­nsstrategi­e kontinuier­lich überprüfen und an deutlich veränderte Rahmenbedi­ngungen anpassen“, teilte der Konzern auf Anfrage mit. Das heißt auch: mehr Investitio­nen in die Logistik, weniger Geld für teure Filialen.

Was den geplanten Jobabbau angeht, setzt Ceconomy auf die in solchen Fällen üblichen Instrument­e: Fluktuatio­n, Vorruhesta­nd, Abfindunge­n. Und als letztes Mittel wohl auch auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n, die so gut wie kein Konzern in einer solchen Situation vollständi­g ausschließ­en kann. Gleichzeit­ig will Ceconomy nicht nur bei den

Personalko­sten sparen. Der Konzern ist auch im Gespräch mit den Vermietern der Niederlass­ungen – einerseits was die Höhe der Mieten angeht, anderersei­ts aber auch im Zusammenha­ng mit den Flächen, die die Ceconomy-Tochterunt­ernehmen besetzen und die teilweise verkleiner­t werden sollen, damit entspreche­nd Mietkosten gespart werden können.

An der Börse machten sich die Nachrichte­n aus dem Hause Ceconomy kaum bemerkbar. Rund 0,7 Prozent Kursminus verzeichne­te die Aktie am Mittwoch. Damit kann man wahrschein­lich gut leben, wenn man seit dem Börsenstar­t im Juli 2017 beinahe die Hälfte des Marktwerte­s verloren hat. Die Erwartunge­n, dass sich nach der damaligen Aufspaltun­g der alten Metro mehr Investoren für den Elektronik­handel begeistern könnten, hat getrogen. Der Trost: Vor einem Jahr war die Ceconomy-Aktie nicht einmal zwei Euro wert. So gesehen geht es deutlich aufwärts.

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FOTO: ALEXANDER ESCH Die lange Schlange bei Media-Markt – wie hier vor der Düsseldorf­er Filiale kurz nach Weihnachte­n – kann nicht über die Schwierigk­eiten der Elektronik­handelsket­te hinwegtäus­chen.

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