Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Ausgangssperre kein Tabu mehr
Viele Besucher haben ohne Maske und Abstand in der Altstadt und am Rhein gefeiert. Die Stadt will auf den Massenandrang reagieren.
ALTSTADT Nach dem Massenandrang junger Menschen in der Altstadt und am Rheinufer erwägt die Stadtspitze dort schärfere Maßnahmen. Der Ordnungs- und Servicedienst (OSD) und die Polizei waren an den vergangenen Abenden an der Rheinuferpromenade im Dauereinsatz. Ein großer Teil der Besucher trug keine Maske, bei Kontrollen verhielten sich viele respektlos. Große Gruppen feierten teilweise mit mitgebrachten Musikboxen beim warmen Frühlingswetter.
Sollte es weiterhin zu massiven Verstößen kommen, kündigte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) Konsequenzen an. Er nannte als Möglichkeiten ein neues Verweilverbot und Sperrungen von Teilbereichen – die nächste Stufe könne sogar eine zeitweise Ausgangssperre sein, die er aber vermeiden möchte. „Wenn es in der Altstadt und an der Rheinuferpromenade zu voll wird und jegliche Regeln zum Infektionsschutz wie Maske tragen und Abstand halten missachtet werden, müssen wir neben der bereits erfolgten stärkeren Präsenz der Einsatzkräfte über weitere, schärfere Maßnahmen nachdenken“, sagte Keller. Er appellierte an alle, sich an die Regeln zu halten. Für Ordnungsdezernent Christian Zaum ist es bei einer Sieben-Tage-Inzidenz rund um 100 nicht hinnehmbar, dass sich die Menschen am Rheinufer so verhalten, als würde es keine Pandemie geben: „Verstöße gegen die Corona-Schutzbestimmungen werden rigoros geahndet.“
Das Frühlingswetter lockte zuletzt so viele Menschen in die Altstadt, dass die Einsatzkräfte am Dienstag beim Aufschreiben der Verstöße gegen die Corona-Regeln nicht hinterherkamen, wie Beobachtungen unserer Redaktion vor Ort zeigten. „Wir rennen von einer Maßnahme zur nächsten“, funkte OSD-Mitarbeiter Kevin Arntz gegen 20.30 Uhr zur Leitstelle. Insgesamt 264 Ordnungswidrigkeitenverfahren wurden allein am Dienstag aufgrund von Verstößen gegen die Maskenpflicht eingeleitet – so viele wie noch nie an einem Tag während der Pandemie. Hinzu kamen rund 70 Platzverweise.
Gegen 20.40 Uhr lösten die Einsatzkräfte unterhalb der Pegeluhr eine Menschenansammlung von rund 50 Personen auf. Als mehrere Streifenwagen mit Blaulicht und die OSD-Streife anrückten, flüchteten die meist Jugendlichen und Heranwachsenden. Die Polizei überlegte, Verstärkung aus anderen Städten anzufordern, verzichtete aber letztlich darauf. Ein Video, das unserer Redaktion vorliegt, zeigt, wie sich zur selben Zeit eine Menschenmenge in Richtung Apollo versammelte. Dort tanzten die Menschen im Kreis zu lauter Musik, jubelten und sangen.
Die Sonne hatte am Dienstag um kurz vor 19 Uhr noch geschienen, als es sich etwa 75 Personen auf der Freitreppe gemütlich machten. Dass diese seit Wochen gesperrt ist, störte niemanden. Ein Gitter wurde kurzerhand beiseite geschoben. „Teilweise klettern die Leute über die Absperrgitter und setzen sich hin“, berichtet OSD-Mitarbeiterin Corinna Scheuß.
Nachdem das Ordnungsamt dort für Ordnung gesorgt hatte – mit Ermahnungen und wegen der Vielzahl an Personen nicht mit Verwarngeldern –, machten sich die Einsatzkräfte wieder an ihre Hauptaufgabe: Sie kontrollierten die Maskenpflicht und die vorgeschriebene Abstandsregel von 1,5 Meter. Pausenlos wurden Personen aufgeschrieben, die keine Maske trugen oder diese erst