Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Ein bittersüßer Sieg für Dormagen
Mit dem 27:19-Sieg beim Titelanwärter TuS N-Lübbecke setzten die Zweitliga-Handballer des TSV ein Ausrufezeichen. Überschattet wurde der Erfolg von einer schweren Verletzung.
DORMAGEN Als der Schlusspfiff ertönte, brauchten die Zweitliga-Handballer des TSV Bayer Dormagen zunächst einen Moment, bis das, was da zuvor auf dem Spielfeld passiert war, so richtig in ihren Köpfen angekommen war. Dann aber feierten sie am späten Mittwochabend ausgelassen den überraschenden Sieg beim Aufstiegsanwärter TuS N-Lübbecke, der zuvor drei Monate nicht mehr verloren hatte. Doch nicht nur der Sieg überraschte, von einem so deutlichen 27:19 (15:8)-Erfolg hatte im Vorfeld am Höhenberg sicher auch niemand zu träumen gewagt.
Auch am Tag danach war TSVCoach Dusko Bilanovic noch voll des Lobes, als Lohn strich er sogar das für den Nachmittag angesetzte Training. „Das war eine perfekte Leistung. Meine Spieler waren sehr fokussiert und haben alles umgesetzt, was wir im Vorfeld besprochen hatte. Sie waren sehr konstant und haben dem Gegner nie die Hoffnung gewährt, das Spiel noch mal drehen zu können“, bilanzierte Bilanovic. Doch der tolle Sieg hatte auch eine Schattenseite. Denn nachdem Linksaußen Joshua Reuland in der elften Minute sein zweites Tor zum 5:1 erzielt hatte, ging er zu Boden und musste minutenlang behandelt werden. Das Spielfeld konnte er dann nur auf zwei Mitspieler gestutzt verlassen. Er kehrte auch nicht mehr zurück, sondern Torwarttrainer Joachim Kurth packte ihn ins Auto und brachte ihn auf schnellstem Weg zur medizinischen Versorgung des linken Knies in die Heimat. Am Donnerstag dann die schlimme Diagnose: Riss des vorderen Kreuzbandes. So fällt er nicht nur im nächsten Spiel am heutigen Samstag (19.30 Uhr) daheim gegen den TV Hüttenberg aus, sondern mehrere Monate. „Das ist bitter. Er ist ein sehr wichtiger Spieler für uns“, sagte Bilanovic.
Umso erstaunlicher, dass sich die Dormagener davon genauso wenig negativ beeinflussen ließen wie von der alles andere als optimalen Anreise nach Nettelstedt, ein Stadtteil von Lübbecke. Weil der Reisebus von einem Stau in den anderen geriet, kam der TSV erst 50 Minuten vor dem Anpfiff an. So mussten die Dormagener improvisieren, indem sie sich schon im Bus umzogen und auch physiotherapeutisch behandeln ließen. An der Halle angekommen, ging es direkt in die Kabine zu einer kurzen Besprechung und dann auf die Platte zum Einspielen.
Und als es dann doch pünktlich losging, hatte es den Anschein, als hätten die Gastgeber die unschöne Anreise hinter sich. Denn nach einem Fehlwurf des Ex-Dormageners Peter Strohsack lief so ziemlich alles gegen die Nettelstedter, was nur gegen sie laufen konnte. Mit einer Unmenge an technischen Fehlern machten sie es dem TSV relativ leicht, schnell auf 4:0 davonzuziehen. Es dauerte sogar bis zur 10. Minute, ehe der TuS durch Dominik Ebner erstmals traf (1:4). Offenbar bekamen die Dormagener ziemlich schnell mit, dass der Titelanwärter in dieser Verfassung zu packen war und überzeugten durch ein überaus konzentriertes und konsequentes Auftreten. In der Abwehr sehr aggressiv und zupackend, im Angriff abgeklärt und zielstrebig.
„Ich war überrascht, dass eine individuell so starke Mannschaft keine Lösungen gegen uns gefunden hat. Wir hatten immer die richtige Antwort parat“, meinte Bilanovic. Großen Anteil daran, hatte auch Torwart Sven Bartmann mit starken Paraden zu wichtigen Zeitpunkten. So entschärfte er gleich zwei Siebenmeter von Tom Skroblien, der bis vor der Partie beste Zweitliga-Torjäger ging sogar komplett leer aus und verlor so das Duell gegen seinen jüngeren Bruder Linus. Denn der traf einmal für Bayer. Neben den jeweils fünf Toren von André Meuser und Alexander Senden war auch die Sicherheit von Benjamin Richter von der Siebenmeterlinie (3/3) wichtig. Mit einer Quote von 85,4 Prozent gehörter er mittlerweile zu den besten Siebenmeterschützen der Liga. Jedenfalls konnte der TSV seinen Vorsprung zu Beginn von Hälfte zwei bis auf neun Tore ausbauen (18:9, 37.) und geriet in der Folge auch nicht mehr in Gefahr, als die Gastgeber noch mal auf fünf Treffer herankamen (17:22, 51.).
Doch so gut sich der Sieg am Donnerstag auch noch anfühlte, Bilanovic war gleich darum bemüht zu betonen, dass es deswegen gegen Hüttenberg nicht automatisch so weitergeht. Die Gäste sind zwar „nur“14. und haben das Hinspiel 30:34 verloren, doch für den TSVCoach ist klar: „Hüttenberg ist eine sehr unangenehme Mannschaft. Und die Ergebnisse zeigen, dass in dieser Liga jeder jeden schlagen kann.“