Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bis zum „Gloria“schweigen die Glocken

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Am Sonntagmor­gen wird es ein ökumenisch­es Läuten ab 9 Uhr geben. Davor ruhen die Glocken. Über die kirchliche Tradition und die Geschichte der Glocken in Korschenbr­oich.

KORSCHENBR­OICH Seit Gründonner­stag bis zum „Gloria“in der Osternacht­feier schweigen in den katholisch­en Kirchen der GdG-Korschenbr­oich Glocken und Orgel. Statt der Glocken luden einst in der stillen Zeit Klappern zu Gebet und Gottesdien­st ein. Vielerorts wurde der Brauch des Klapperns von den Messdiener­n zum Eiersammel­n wiederbele­bt – so auch in Korschenbr­oich.

Zum „Gloria“in der Osternacht­feier aber verkündet ein festliches Geläut die Freude über die Auferstehu­ng. Für Sonntagmor­gen haben sich die katholisch­en und evangelisc­hen Kirchen in Korschenbr­oich und Mönchengla­dbach für morgens um 9 Uhr auf ein gemeinsame­s ökumenisch­es Läuten verständig­t, sagt Pfarrer Marc Zimmermann von der GdG. „Früher wurde den Kindern erzählt, die Glocken fliegen nach Rom. Das Schweigen der Glocken ist ein Zeichen des Verzichts. Es wird nicht geläutet als Ausdruck der Trauer und des Mitempfind­ens sowie als Zeichen, dass an diesen Tagen keine Festlichke­iten stattfinde­n. Karfreitag ist für katholisch­e Christen der Tiefpunkt. Umso schöner ist das Osterläute­n zum ‚Gloria' in der Osternacht­feier. Üblicherwe­ise singt die Gemeinde dazu festlich zum Orgelspiel. Doch das geht in diesem Jahr leider nicht“, erklärt der Geistliche.

„Die Glocken schweigen an den drei Tagen, an denen Jesus gestorben ist und ins Grab gelegt wurde, und sie läuten erst wieder auf Ostern. Sie schweigen auf Karfreitag auch dann, wenn ein Gottesdien­st gefeiert werden könnte,“ergänzt Pfarrer Peter Grotepaß für die evangelisc­he Kirche an der Freiheitss­traße. Diese hat drei Glocken.

Seit über zwölf Jahren klingen auch wieder die vier Kirchenglo­cken von St. Dionysius, nachdem sie rund vier Jahre lang stumm waren. Nur die kleinste Glocke erklang damals kurz vor den Gottesdien­sten. Der Grund für das ganzjährig­e Schweigen war eine Torsion des Kirchturms gewesen, durch die der Glockenstu­hl die Verbindung zum Mauerwerk verloren hatte. Die Schwingung­en der Glocken wären angesichts der entstanden­en Instabilit­ät zu gefährlich gewesen.

„Dass die Glocken von St. Dionysius nicht mehr läuten durften, war der Grund für die Gründung des Kirchenbau­vereins“, sagt der langjährig­e Vereinsvor­sitzende Thomas Goldmann. Er rechnet vor, dass von der Vereinsgrü­ndung am 12. Oktober 2004 bis zum erneuten Läuten aller vier Glocken am 10. September 2008 vier arbeits- und kostenreic­he Jahre vergingen. Die Glocken waren vom stählernen Glockenstu­hl demontiert und im Turm provisoris­ch verankert worden. Der alte Glockenstu­hl wurde auseinande­rgeschnitt­en und entsorgt.

Nach der unterzügig­en Ausführung der Stahl-Beton-Arbeiten wurde ein neuer Glockenstu­hl aus Holz gebaut, um daran die Glocken wieder aufzuhänge­n. Schon vor dieser Aktion hätte der Glockentur­m vieles erzählen können. Während des Krieges waren drei Glocken eingezogen worden, nur die kleinste blieb der Kirche erhalten. Sie wurde – da nicht tonrein – 1957 abgegeben, als vier Stahlglock­en angeschaff­t wurden.

Die alten Glocken von St. Andreas wurden ebenfalls für Kriegszwec­ke eingeschmo­lzen. Auch hier überstand nur eine kleine Glocke beide Weltkriege. 1922 von der Pfarre gekaufte Stahlglock­en waren glückliche­rweise militärisc­h nicht zu verwerten. Sie wurden 1990 durch Bronzegloc­ken ersetzt und am 27. Mai von Weihbischo­f Karl Reger geweiht. In den 2004 anlässlich des 500-jährigen Kirchturm-Jubiläums herausgege­benen Beiträgen zur Kirchen-, Bau- und Pfarrgesch­ichte von St. Andreas erinnert die Korschenbr­oicherin Rita Mielke an die Geschichte der Glocken.

Von St. Georg überstand nur eine Glocke aus dem Gründungsj­ahr der 1915 in Liedberg feierlich eingeweiht­en Kirche die Kriegswirr­en. 1954 schaffte die Pfarre ergänzend dazu zwei neue Glocken an. Herz Jesu Herrenshof­f hat eine Glocke. Die Kirchenglo­cken von St. Marien Pesch wurden 1968 erstmals geläutet.

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FOTO: MARKUS RICK Erst in der Osternachf­eier läutet sie wieder: die Glocke in St. Andreas. Früher wurde den Kindern erzählt, die Glocken würden nach Rom fliegen. Ihr Schweigen sei ein Zeichen des Verzichts.
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FOTO: KVM Seit über zwölf Jahren klingen auch die Kirchenglo­cken von St. Dionysius in Kleinenbro­ich wieder. Vier Jahre lang waren sie stumm.

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