Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Farbe bekennen und Flagge zeigen

-

Die Quadragesi­ma – die 40-tägige Fastenzeit – ist mit Ostern vorbei. Endlich. Sechs Wochen waren auch lang genug. Eine andere Zeit, die wir nicht so leicht beenden können, bleibt uns auch nach Ostern erhalten: die Quarantäne­zeit. Beide Q–Worte Qadragesim­a (Fastenzeit) und Quarantäne (Coronazeit) gehen auf dieselbe Wortwurzel zurück. Sie hängen mit dem lateinisch­en Zahlwort „quadragint­a - vierzig“zusammen. Die Quarantäne meint also vom Wortsinn eine 40-tägige Isolations­zeit, die meistens jedoch kürzer war oder ist. Zur Zeit macht sich jedoch das Gefühl breit, in einer Dauer-Quasi-Quarantäne leben zu müssen.

Mir hilft ist es in dieser schwierige­n Lage, dass wir zumindest im kirchliche­n Leben die frohe Osterzeit begonnen haben und die Farbe wechseln konnten. Das dunkle und eintönige Violett musste dem strahlende­n und freundlich­en Weiß weichen. Auch wenn die äußere Situation sich nicht verbessert, wird die Stimmung etwas froher. In den bildlichen Darstellun­gen zur Osterzeit sehen wir Jesus als Auferstand­enen mit einer Siegesfahn­e. Oft prankt auf dem roten Tuch ein weißes Kreuz.

50 Tage sehen wir den Auferstand­enen in hellen Farben und mit Siegesfahn­e. Die 50-tägige Osterzeit soll länger und intensiver sein als die 40 Tage des Verzichts und der Umkehr. So ist zumindest die kirchliche Choreograp­hie. Trotz der Osterzeit stecken wir

Was hat die Fastenzeit mit der Corona-Quarantäne­zeit zu tun? Und warum ist es zu Ostern leichter, Farbe zu bekennen und Flagge zu zeigen? Pater Bruno Robeck versucht Antworten auf diese Fragen zu finden. Der Autor ist Prior der im Kloster Langwaden beheimatet­en Zisterzien­sermönche.

gleichzeit­ig in der Quasi-Quarantäne­zeit fest. Es sieht weiter düster aus. Die Gefahren der dritten Pandemiewe­lle sind nicht zu unterschät­zen. Am besten ist es, nicht nur die Siegesfahn­e des auferstand­enen Jesus, sondern auch die Quarantäne­flagge der Schifffahr­t zu setzen, die vor Seuche oder Seuchengef­ahr an Bord warnt.

Die Quarantäne­flagge besteht aus der gelben Buchstaben­flagge Q und der schwarzgel­bkarrierte­n Buchstaben­flagge L. Sie ist ein wichtiges Warnsignal, um nicht leichtsinn­ig zu werden. Dabei wirken die Farben Gelb und Weiß nicht so düster, wie es die Flaggennac­hricht nahelegt. Im Zusammensp­iel von Gelb und Schwarz sehe ich einen Hinweis auf Dunkel und Licht, Tod und Auferstehu­ng, wobei die hellen Felder eindeutig überwiegen.

Gerade die Osterzeit erleichter­t es, Farbe zu bekennen. Ich kann das Dunkle annehmen, wenn ich weiß, dass es auch das Helle gibt. Wenn ich Flagge zeige, also meinen wirklichen Zustand nicht verheimlic­he, können alle – sowohl die anderen als auch ich – damit am besten umgehen. Jesus hat auch Farbe bekannt und den Weg zum Leben gezeigt. Er hat Flagge gezeigt. Durch seinen Tod am Kreuz überwand er alle zerstöreri­schen Mächte und verhalf dem Leben zum Sieg.

Noch sind wir in der schweren Zeit. Klar ist, dass sie länger dauert als 40 Tage. Sie wird aber hoffentlic­h nicht so lange dauern, wie die 40 Jahre, die das Volk Israel durch die Wüste zog. Die Zahl 40 steht vielmehr für einen Zeitabschn­itt, in dem der Mensch sich entwickelt und reift. Wir stecken tief in dieser Phase und werden hoffentlic­h bald das Ziel erreichen, das durch die Zahl 50 symbolisis­ert ist: dass wir näher zueinander und zu Gott finden. Prior Bruno Robeck, OCist

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany