Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Aufarbeiten“statt Strafverfolgung?
Seit Jahren wird das Ausmaß sexueller Gewalt durch katholische Priester (verharmlosend „Missbrauch“genannt) zunehmend öffentlich. Es klingt zynisch, hier „Aufarbeitung“zu verlangen. Es geht um schwerste Straftaten, unter denen die Opfer ein Leben lang leiden müssen. „Aufarbeitung“, das klingt irgendwie nach „Therapie statt Strafe“. Haben wir uns daran gewöhnt, dass Täter und Vertuscher straffrei bleiben? Sollen die Täter die eigenen Verbrechen „aufarbeiten“? Bis heute verzichtet der Staat offenbar auf Strafverfolgung der Delinquenten im Priestergewand. Nicht nur das ist inakzeptabel: Der Staat zahlt aus Steuergeldern die hohen Gehälter von Bischöfen und anderen Würdenträgern und toleriert ein geradezu mittelalterliches Arbeitsrecht in kirchlichen Einrichtungen. Er zahlt „Dotationen“von mehr als 540 Millionen Euro jährlich aus Steuergeldern an die christlichen Kirchen in Deutschland. Es wird Zeit, dass der Staat sein Verhältnis zur Kirche „aufarbeitet“, mit Null Toleranz. Da eröffnet ein riesiger Einkaufstempel mit wahrscheinlich vielen Besuchern, während der kleine Einzelhändler Klimmzüge machen muss, um einen Kunden ins Geschäft zu lassen. Menschen fliegen in Scharen nach Mallorca, bei uns müssen Hotels trotz guter Hygienekonzepte geschlossen bleiben. Alle wollten von der Politik ein langfristiges Konzept. Jetzt haben wir eins, und viele Gemeinden verstoßen gegen die Notfallbremse, wenn es in die falsche Richtung geht. Was machen wir in Deutschland?