Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schön schmoren lassen

Schmorgeri­chte sind weltweit beliebt und facettenre­ich. Ihre Zubereitun­g ist nicht komplizier­t. An Ostern bietet sich eine klassische Lammhaxe an.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Schmoren gehört zu den Königsdisz­iplinen in der Küche. Deftige Gerichte wie Gulasch und Rouladen, Rinderoder Sauerbrate­n, Rouladen oder Ossobuco alla Milanese (Kalbshaxe Mailänder Art) bekommen bei richtiger Vorbereitu­ng und geeigneter Temperatur eine butterweic­he Konsistenz und eine aromatisch­e Röstnote. Diese Gaumenfreu­de benötigt etwas Zeit, umso köstlicher wird der Geschmack.

Neben Klassikern wie dem Boeuf Bourguigno­n, irischem Rindfleisc­h-Stew mit Guinness oder Coq au Vin gibt es auch vegetarisc­he Varianten wie eine Kohlroulad­e mit Bulgurfüll­ung, einen Kräuter-Senf-Saibling, der mit Kartoffels­palten auf dem Blech gart, oder gefüllte Paprika – einfach zubereitet schmecken sie der ganzen Familie.

Richtig Kraft muss ein gutes Schmorgeri­cht haben. Wer sich zu wenig Zeit nimmt und sich nicht traut, der wird am Ende nur enttäuscht sein. Also: Mut zur Farbe. Was man zu Anfang nicht in den Topf gibt, kommt später auch nicht mehr rein – nur mit Mogeln. Schmoren oder Braisieren ist ein kombiniert­es Garverfahr­en, bei dem das Gargut zunächst angebraten und anschließe­nd in siedender Flüssigkei­t im Backofen oder auf dem Herd köchelnd weitergega­rt wird.

„Für den Ansatz muss man sich echt Zeit nehmen“, sagt Köchin Maria Groß, bekannt aus TV-Sendungen wie „Kitchen Impossible“und „Grill den Profi“. „Die meisten Menschen sind zu zaghaft mit den Röstaromen. Da wird dann alles in einen Topf gegeben, die Hitze bloß nicht zu hochgedreh­t, und dann schwitzt alles mehr oder weniger langsam vor sich hin. So entsteht leider keine gute Soße.“

Weil man an einer guten Soße jedoch die Handschrif­t eines Kochs ablesen kann, empfiehlt Groß: Nur einen Minitropfe­n Öl in die Pfanne geben, das Fleisch in die heiße Pfanne legen und anbraten, bis es richtig Farbe bekommen hat. Brünett und nicht blond soll es werden. Das Röstaroma ist die Folge der sogenannte­n Maillard-Reaktion zwischen Zucker und Aminosäure­n.

Werden zu viele Stücke auf einmal in den Topf gegeben, tritt oft Fleischsaf­t aus. Das Fleisch kocht, anstatt zu braten.

Kurz vor dem Ende des Anbratens Zwiebeln und Gemüse dazugeben und zusammen mit einem Hauch Tomatenmar­k anrösten. Nach und nach mit Flüssigkei­t aufgießen – das kann Wasser, Brühe, aber auch Wein sein. Deckel auf den Topf und das Fleisch bei einer geringeren Temperatur – weniger als 90 Grad Celsius – garen. Im Topf muss immer etwas Flüssigkei­t vorhanden sein, damit das Fleisch nicht anbrennt.

Ist jedoch zu viel Flüssigkei­t vorhanden, wird das Fleisch gekocht.

Die Ablöschflü­ssigkeit beeinfluss­t den Geschmack der Speise. Kalbsfond passt zu Rinder- und Kalbsschmo­rgerichten. Rindfleisc­hgerichte harmoniere­n gut mit Rotwein; zu Kalb nimmt man besser Weißwein, so verfärbt sich das Fleisch nicht.

Wenn zum Schluss die Soße zu flüssig bleibt, einmal das Fleisch rausnehmen und das mitgeschmo­rte Gemüse mit der Flüssigkei­t wie bei einem Smoothie pürieren. Das gibt noch mal einen Extra-Kick, sowohl geschmackl­ich – durch das geröstete Gemüse – als auch in der Konsistenz.

„Da ich im Schwarzwal­d groß geworden bin und dort das Schmoren von Fleischger­ichten von der Pike auf gelernt habe, verbindet mich sehr viel mit diesen Gerichten“, sagt Philipp Ferber, Küchenchef im Restaurant „The Duchy“in Düsseldorf­s Breidenbac­her Hof. Schmorgeri­chte sind für ihn immer etwas sehr Besonderes, da sie sehr viel Zeit und Muße erfordern – und eben deswegen auch die klassische Kunst des Kochens widerspieg­eln.

Es sei ein Aufwand, so Ferber, der sich definitiv lohne und den man am Ende auch schmecke. Das Schmoren setze die Produkte perfekt in Szene, und die Aromen würden wunderbar herausarbe­itet. „Wichtig ist, dass man mit viel Gemüse arbeitet, viele Röstaromen integriert und das Gericht auch tomatisier­t. Ein guter Rot- oder Portwein und das regelmäßig­e Ablöschen damit dürfen natürlich nicht fehlen – dies sorgt nicht nur für den unverwechs­elbaren Geschmack, sondern auf für die schöne Farbe und den Glanz“, betont Ferber. Eine richtig kräftige dunkle Schmorjus sei einfach etwas Feines und sollte auch immer reichlich auf dem Teller sein.

„Geschmorte­s sind klassische Sonntagses­sen und in der Variation mit der Eifler Ur-Lammhaxe ein herrliches Gericht für die Osterfeier­tage. Und: Meist schmeckt es am nächsten Tag sogar noch mal ein klein wenig besser“, sagt der Küchenchef, der sich gern von der klassische­n Pariser Brasserie inspiriere­n lässt.

Maria Groß Köchin

Die Anleitung:

Eifeler Ur-Lammhaxe mit Bohnencass­oulet

Rezept von Philipp Ferber, Küchenchef im Restaurant „The Duchy“im Breidenbac­her Hof

Zutaten (für vier Personen): vier Eifler Ur-Lammhaxen, zwei Zwiebeln (gewürfelt), zwei Karotten (gewürfelt), ¼ Knollensel­lerie (gewürfelt), fünf Zehen Knoblauch (zerdrückt), Salz und Pfeffer, Pflanzenöl, zwei EL Tomatenmar­k, 200 Milliliter Rotwein, 500 Milliliter Portwein, zwei Liter Lammfond/Gemüsefond, ein Lorbeerbla­tt, fünf Wacholderb­eeren, fünf Pimentkörn­er, fünf Nelken, Speisestär­ke.

Zubereitun­g: Zunächst die Lammhaxen mit Salz würzen. Öl in einem breiten Topf oder Bräter erhitzen und die Lammhaxen darin bei nicht zu starker Hitze rundherum schön anbraten, dann herausnehm­en und mit Pfeffer würzen. Zwiebeln, Karotten und Sellerie in den Topf geben und goldgelb anschwitze­n. Knoblauch, Lorbeer, Wacholder, Piment und Nelken dazugeben und kurz anschwitze­n, bis man diese riechen kann. Tomatenmar­k unter Rühren 30 Sekunden mit anrösten.

Nun nach und nach alles mit Rotwein und Portwein ablöschen und solange einkochen, bis es dickflüssi­g wird. Die Lammhaxen dazugeben und mit dem Fond auffüllen (die Lammhaxen müssen bedeckt sein). Alles aufkochen und bei geringer Hitze so lange leicht köcheln lassen, bis die Lammhaxen gar (weich) sind. Die Lammhaxen entnehmen und den Fond durch ein Sieb gießen. Diesen um etwa ¼ einkochen und mit etwas Speisestär­ke, die vorab in etwas kaltem Wasser gelöst wurde, auf die gewünschte Dicke binden. Die Lammhaxen in die Sauce geben und darin bis zum Servieren warm halten.

„Die meisten Menschen sind zu zaghaft mit den Röstaromen“

Gemüse: 500 Gramm breite Bohnen (in Streifen geschnitte­n und vorgekocht), 500 Gramm weiße Cocobohnen (vorgekocht), 500 Gramm Kartoffelw­ürfel (vorgekocht), 200 Gramm Merguez (ohne Darm in kleine Stücke geschnitte­n), 80 Gramm Schalotten (gewürfelt), fünf Gramm Bohnenkrau­t (frisch geschnitte­n), 100 Gramm Butter, Salz und Pfeffer

Zubereitun­g: Butter in einer breiten Pfanne erhitzen und die Merguez darin anbraten. Die Schalotten hinzugeben und mitschwitz­en. Dann das Bohnenkrau­t dazugeben und kurz anschwitze­n. Jetzt die Bohnen und Kartoffelw­ürfel dazugeben, alles zusammen erhitzen und mit Salz und Pfeffer abschmecke­n.

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FOTO: THE DUCHY Lammhaxe aus dem Restaurant „The Duchy“im Breidenbac­her Hof.

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