Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schwarzes Lebenselix­ier

„Terra X“begibt sich auf die Spur des Kaffees und deckt seine Geheimniss­e auf.

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DÜSSELDORF (ry) Für viele Menschen gehört er für einen guten Start in den Tag dazu: Ob frisch zuhause gebrüht, to go auf dem Weg zur Arbeit oder mittags zum Kuchen, Kaffee erfreut sich weltweit großer Beliebthei­t. Er ist nach Erdöl das zweitwicht­igste Handelsgut der Welt. Das Getränk hat eine lange Geschichte und mehr noch: Seine Wirkung scheint aufputsche­nd im doppelten Sinne zu sein.

Dieser Film erzählt von den Ursprüngen der Bohne, ihrer Entdeckung in Äthiopien und der Wirkung auf die Menschen bis heute. Denn einige Wissenscha­ftler sind davon überzeugt, dass der Genuss von Kaffee einen Einfluss auf bedeutende Entwicklun­gen in der Geschichte hatte.

In detailreic­hen Spielszene­n werden Marksteine der Geschichte des Elixiers nacherzähl­t und dabei unter anderem auch darüber berichtet, wie Kaffee bereits kurz nach seiner Entdeckung in Äthiopien zu Unruhen und politische­n Umbrüchen beigetrage­n hat. Der Historiker Prof. Martin Krieger ist davon überzeugt, dass die Regenten des Osmanische­n Reiches allen Grund hatten, die Wirkungen der besonderen Bohne zu fürchten. Unzählige Male wurden nicht nur in Mekka, sondern in ihrem gesamten Einflussge­biet Kaffeehäus­er verboten. Die Befürchtun­g, dass beim gemeinsame­n Kaffeegenu­ss auch aufrühreri­sche Ideen entstanden, war nicht unbegründe­t. Hartnäckig­e Kaffeelieb­haber wurden verprügelt, manche sogar in Säcke eingenäht und im Bosporus versenkt.

Der Historiker Alain-Jacques Tornare hat Belege dafür, dass die

Französisc­he Revolution maßgeblich von heimischen Kaffeehäus­ern ausging, vor allem aber vom „Café Procope“in Paris. Es war Treffpunkt für Schriftste­ller und Künstler der Aufklärung und existiert noch heute. Bemerkensw­ert ist dabei, dass gravierend­e Umwälzunge­n in Europa zu einer Zeit begannen, als sich die Europäer vom Hauptgenus­smittel Bier teilweise abwendeten und tagsüber Kaffee zu trinken begannen.

Nach Ansicht von Wissenscha­ftlern ist es deshalb kein Zufall, dass Kaffee und Kaffeehäus­er kurz vor dem Amerikanis­chen Unabhängig­keitskrieg und vor der Französisc­hen Revolution boomten. Hat der Auftritt des Kaffees also möglicherw­eise das Aufbegehre­n beflügelt?

An mehreren europäisch­en Universitä­ten wird die Wirkung von Kaffee und Koffein auf Körper und Geist erforscht. Was löst das schwarze Elixier aus im Kopf, im Herzen, in der Seele? Ist Kaffee tatsächlic­h ein Aufputschm­ittel? An der Zürcher Universitä­t für Angewandte Wissenscha­ften sind Prof. Chahan Yeretzian und sein Team mit modernsten analytisch­en Technologi­en den Geheimniss­en des Kaffees auf der Spur. Gearbeitet wird nahezu mit denselben Methoden wie bei kriminalte­chnischen Untersuchu­ngen. Und dem Neurowisse­nschaftler Prof. Andreas Bauer ist es am Forschungs­zentrum Jülich erstmals gelungen, die Wirkung des Koffeins im Gehirn mit bildgebend­er Diagnostik in Echtzeit zu verfolgen. Er hat erstaunlic­he Erkenntnis­se darüber gewonnen, an welchen Stellen des Großhirns der Extrakt wirkt.

Auch die wirtschaft­liche Wirkung von Kaffee, als ein bedeutende­s internatio­nales Handelsgut, soll in diesem Film eine Rolle spielen. 25 Millionen Menschen sind weltweit mit Anbau, Verarbeitu­ng und Handel von Kaffee beschäftig­t. Unterdrück­ung ist dabei oft inklusive: Während die Bauern nur wenige Cent pro Kilogramm sehen, kassieren Konzerne ein Vielfaches. Dieser Film zeigt eine Forschungs­reise zu den Wurzeln des Kaffees und zu seiner politische­n, menschlich­en und emotional bewegten Geschichte.

Terra X: Kaffee – Geheimniss­e eines Wundertran­ks, 19.15 Uhr, ZDF

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FOTO: ZDF/LEO PINTER Nachgestel­lte Szene: Solch ein „Kaffeekrän­zchen“war einst etwas Besonderes. Zwar führte 1841 der Hamburger Hafen bereits 36 000 Tonnen Kaffee ein. In Berlin aber gab es zu dieser Zeit kaum Kaffeehäus­er.

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