Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Was Schüler am Schachspiel begeistert
Die Netflix-Serie „Damengambit“hat einen Schachboom ausgelöst. Schüler des Gymnasiums Norf fasziniert das Spiel schon lange.
NORF In der letzten halben Stunde wurde es noch einmal spannend. Jede Minute musste genutzt werden, um wertvolle Mannschaftspunkte zu sammeln: So erinnert sich der Lehrer Gorden Gorath an die virtuelle Schulschach-Bundesliga, die im vergangenen Jahr durch die Corona-Pandemie ins Leben gerufen wurde. Das Team des Gymnasiums Norf hat dort den sechsten Platz belegt. Ein toller Erfolg – zumal die Konkurrenz groß war: „Insgesamt sind 42 Mannschaften angetreten”, erzählt Gorath, der die Schach-AG des Gymnasiums leitet. Auch in diesem Jahr sind die Schüler wieder in der Bundesliga dabei und spielen um den Titel.
Dass Schach ein faszinierender Sport ist, hat zuletzt die Netflix-Serie „Das Damengambit” gezeigt. Unzählige Zuschauer verfolgten die Geschichte um eine junge Frau, die in einem Waisenhaus zum ersten Mal vor einem Schachbrett sitzt und sich bald darauf einen Namen als herausragende Schachspielerin macht. Die Serie wurde zu einem Überraschungserfolg und hat einen regelrechten Schachboom ausgelöst. Die New York Times berichtete etwa, dass seit der Ausstrahlung der Verkauf von Schachbrettern gestiegen ist. Zusätzlich hätten die Google Anfragen rund um das Thema zugenommen.
Auch die fünf Schüler aus der Bundesliga-Mannschaft des Gymnasium Norf beobachten, dass das Interesse für Schach gestiegen ist. Angefangen hätte das aber schon vor der Netflix-Serie, erzählen sie. Sie glauben, dass es einen Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gibt. So hätte es bereits im ersten Lockdown mehr Anmeldungen auf Online-Schachplattformen gegeben und auch Turniere hätten mehr Zuschauer. Sie wissen schon lange, wie faszinierend der Sport sein kann. Die meisten von ihnen, haben schon als Kind angefangen zu spielen. Michael Schust ist beispielsweise durch seinen Großvater zu dem Spiel bekommen. „Mich hat schnell der Ehrgeiz gepackt, weil ich irgendwann einmal besser spielen wollte als er“, erzählt der Schüler. Das strategische Denken, die unzähligen Möglichkeiten, die Notwendigkeit, mehrere Züge im Voraus zu planen und zugleich die Schwäche des Gegners zu entdecken – all das macht für sie die den Reiz aus. Aber noch etwas beeindruckt sie: Denn auch, wenn Schach ein Einzelsport ist, existiere ein großer Zusammenhalt in der Szene. „Man ist nicht Freund und Feind, sondern ein Team”, sagt Carsten Bongartz. Und Michael Cerepanov ergänzt: „Nach einer Partie werden die Züge zum Beispiel mit dem Gegner nachgestellt und man diskutiert, wo die Fehler lagen.” Überhaupt, gehe es nicht darum, um jeden Preis zu gewinnen. Eine gute Partie, da sind sich die Schüler einig, zeichnet sich nicht dadurch aus, dass man gewinnt, weil der Gegner etwas übersehen hat. Sondern, weil er keine bessere Antwort auf den eigenen Zug hatte. Durch die Corona-Pandemie gewinnt Online-Schach bei Turnieren eine neue Bedeutung. Das hält einige Herausforderungen bereit: „Es ist ein großer Unterschied, ob der Gegner einem gegenüber sitzt oder nicht”, sagt Moritz Habbig. „Im direkten Kontakt kann man ihn besser einschätzen. Man sieht zum Beispiel, wie er seine Züge setzt, ob er dabei selbstbewusst oder eher unsicher ist.” Auch Mathias Schulte zu Sodingen bestätigt das: „Es ist eine ganz andere Atmosphäre.“
Aber nicht nur in der Mannschaft, auch generell sei die Schachbegeisterung an der Schule groß. Das berichten Schulleiter Stefan Kremer und der AG-Leiter. So gibt es im Selbstlernzentrum fünf Schachbretter, die vor der Corona-Pandemie immer belegt gewesen seien. „Es war teilweise so, dass sich Zuschauergruppen, um die Spieler gebildet haben”, erzählt Kremer, „und wenn die Partie in einer Pause nicht geschafft wurde, ging es in der nächsten weiter.”
Und Gorath weiß, dass gerade bei den Kleinen, die das Spiel zunächst lernen müssen, die Ungeduld hoch ist: „Sie wollen direkt anfangen, ganze Partien zu spielen”, erzählt er. Dabei beginnen sie zunächst am Ende: Mit dem Matt.