Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Handel warnt vor „Brücken-Lockdown“
Für seinen Vorstoß zu einem zwei- bis dreiwöchigen Lockdown und einer vorgezogenen Bund-Länder-Runde erntet Armin Laschet viel Kritik. Die Einzelhändler verlangen, dass es beim Ladenbesuch per Terminvergabe bleibt.
DÜSSELDORF Um den von Armin Laschet angeregten „Brücken-Lockdown“ist eine hitzige Diskussion entbrannt. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident hatte am Montag vorgeschlagen, die Ministerpräsidentenkonferenz auf diese Woche vorzuverlegen und dabei einen Lockdown für zwei bis drei Wochen inklusive nächtlicher Ausgangsbeschränkungen zu beschließen.
Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands NRW, Peter Achten, warnte vor einem „undifferenzierten und abermals pauschalen ,Brücken-Lockdown'“. Man dürfe nicht die bescheidenen Möglichkeiten für „Click and Meet“wieder streichen, „weil es so schön einfach ist und man nach dem Motto verfährt: Haben wir ja in der Vergangenheit auch so gemacht.“NRW solle an der Testoption für die Kommunen dringend festhalten, forderte Achten. „Dass der Ministerpräsident den Handel bei seinen Ausführungen
zu den ,Brücken-Lockdown'-Plänen explizit nicht erwähnt hat, werte ich mal als vorsichtig optimistisch stimmendes Zeichen.“Konkret angesprochen hatte der NRW-Regierungschef dagegen eine längere Schließung der Gastronomie. Der Präsident des Branchenverbands Dehoga NRW, Bernd Niemeier, forderte „mehr staatliche Unterstützung in Form von Entschädigungen – zum Beispiel im Bereich der Unternehmerlöhne oder der vollständigen Fixkostenerstattung“. Insofern bewerte der Verband grundsätzlich die Ausweitung staatlicher Hilfen, die kurz vor Ostern in Berlin angekündigt worden seien, positiv. „Sie enthalten eben genau diese Fixkostenerstattung bis 100 Prozent und einen neu eingeführten Eigenkapitalzuschuss. Allerdings werden wir noch abwarten müssen, was von den Ankündigungen konkret wie umgesetzt werden wird“, so Niemeier.
Dass sich Laschet mit seiner Forderung nach einer vorgezogenen Bund-Länder-Schalte durchsetzen wird, erscheint fraglich. „Vor Ostern hat Aktionismus bei vielen Menschen für einen Vertrauensverlust gesorgt, nach Ostern dürfen wir diesen Fehler nicht wiederholen“, sagte etwa Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Deswegen sehe ich keinen Grund, die Ministerpräsidentenkonferenz vorzuziehen – im Gegenteil: Ich habe erhebliche Zweifel gegenüber einem ,Brücken-Lockdown'.“Weil sieht noch eine Reihe offener Fragen: „Will Ministerpräsident Laschet die Kitas komplett samt Notbetreuung schließen? Will er die Wirtschaft ganz herunterfahren? Wie lange und mit welchem konkreten Ziel sollen die Maßnahmen andauern? Das alles ist ungeklärt.“
Auch aus Bayern hieß es, man habe noch „Klärungsbedarf“zu Laschets Vorstoß, die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) pochte auf die konsequente Umsetzung der Notbremse und erteilte einer vorgezogenen Ministerpräsidentenkonferenz ebenfalls eine Absage. Regulär soll diese am kommenden Montag stattfinden.
Unterstützung für Laschets Kurs kam dagegen von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: „Wir brauchen den harten, bundesweiten Lockdown ab jetzt für mindestens zwei Wochen. Damit muss ein Moratorium für jegliche Öffnungsschritte gelten, das beinhaltet ausdrücklich auch die Modellprojekte im Saarland“, sagte Lauterbach.
Dort will Ministerpräsident Tobias Hans an teilweisen Öffnungen neben einer strengen Teststrategie festhalten. „Außerdem braucht es eine bundesweite Ausgangssperre von 20 bis 6 Uhr“, so Lauterbach. Er pochte zudem auf eine Testpflicht in Unternehmen.
Auch die Kommunen signalisieren Zustimmung: „Angesichts der steigenden Infektionen gerade auch bei Kindern und Jugendlichen werden wir uns auf einen härteren Lockdown einstellen müssen“, sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. „Die Menschen sehnen sich nach einer Perspektive, dafür müssen wir die dritte Welle brechen. Und wir brauchen eine gemeinsame Linie von Bund und Ländern für mehr Tests und mehr Impfungen“, forderte er. „Außerdem sollten die Schulen erst wieder öffnen, wenn genügend Tests für die Schülerinnen und Schüler vorhanden sind und alle zwei Mal pro Woche getestet werden können“, sagte der Städtetags-Vertreter. Leitartikel