Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Russland ist weiterhin ein autoritäres System
VON KLAUS-HELGE DONATH idersprüchliche Meldungen begleiten den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny im Gefangenenlager in PoWkrow.
Seit Tagen verlangt er, von Ärzten untersucht zu werden. Er klagt über Rückenbeschwerden, taube Beine, erhöhte Temperatur und ständigen Schlafentzug in der Nacht. Gegen eigene Bezahlung hätte er sogar das Recht, Ärzte seiner Wahl ins Lager zu bestellen. Häftlinge in Russland kennen indes keine Rechte. Sie sind auf Gedeih und Verderb der Gefängnisverwaltung ausgeliefert. Mit Ibuprofen gegen Schmerzen und etwas Salbe muss der Häftling Vorlieb nehmen. Gleichzeitig berichtet die Regierungszeitung „Iswestija“von einer Verlegung in den Krankenabschnitt. Kann sein, muss aber auch nicht zutreffen.
„Wer in Haft krank wird, überlebt es selten“, warnte Ölmagnat Michail Chodorkowski Nawalny, nachdem er selbst zehn Jahre im Straflager verbracht hatte. Russland ist wieder dort, wo es schon einmal war. Gegner der herrschenden Schicht werden im Interesse der eigenen Machtfortschreibung kriminalisiert und zuweilen umgebracht. Übermenschlicher Mut gehört dazu, sich diesem System zu widersetzen. Auch die Bereitschaft, sich erniedrigen und demütigen zu lassen.
Russland ist im Kern ein vormodern-autoritäres System geblieben. Noch immer ist Gewalt der entscheidende Hebel, auf den die Führung zurückgreift, um ihre Ziele zu erreichen. Und dies innen- wie außenpolitisch. Dieses System kennt nur Stärke und Vorgabe von Stärke, wenn diese mal nicht reicht. Alles andere wird als Schwäche ausgelegt. „Soft power“klingt für die Ohren des Kremls auch heute noch nicht verführerisch. Trotzdem hat sich Nawalny darauf eingelassen.
BERICHT STRAFLAGER VERWEIGERT NAWALNY..., POLITIK